20 Jahre auf Radweg gewartet

11.7.2017, 14:00 Uhr
20 Jahre auf Radweg gewartet

© Foto: Rainer Groh

Walter Nussel, der Landtagsabgeordnete des Landkreises, hält diesen Geh- und Radweg für den wichtigsten im Landkreis-Westen – neben dem zwischen Untermembach und dem Herzogenauracher Stadtteil Beutelsdorf. Auch hier waren Radfahrer bislang durch den Wald auf einer autoverkehrsreichen Staatsstraße unterwegs und vor allem zu Zeiten des Berufsverkehrs großer Gefahr ausgesetzt. Nicht eben förderlich dem Gedanken, einen Teil des Berufsverkehrs auf umweltfreundliche Fahrräder zu verlagern.

Dies könnte demnächst nach vielen Unstimmigkeiten und Verzögerungen tatsächlich beginnen — sobald die Baufirma die letzten Arbeiten erledigt hat. Gestern standen aber noch Sperrbaken vor dem fertigen Asphaltband, und Tage vorher waren eingefleischte Radler, die es trotzdem befuhren, von Arbeitern noch auf die Staatsstraße "komplimentiert" worden.

Weil der CSU-Abgeordnete aus Burgstall diesen Radweg für so wichtig hält, hat er persönlich geholfen, schwerere Hürden zu überwinden als es die letzten Sperrbaken sind. Nussel schaltete sich persönlich in die Grundstücksverhandlungen ein, überzeugte bei wiederholten Besuchen Eigentümer, die lange nicht gewillt gewesen waren, Flächen für die Trasse westlich der Staatsstraße an den Staat zu verkaufen.

Dabei hat der CSU-Politiker den Röttenbachern unter die Arme gegriffen bzw. ihnen in den Fahrradsattel geholfen, deren Bürgermeister Ludwig Wahl ebenfalls hart an der Grundstücksfrage gearbeitet hatte.

Der Radweg war ursprünglich auch ein Wunsch Röttenbachs gewesen, vorgetragen erstmals bei der Eröffnung des Kreisverkehrs am nördlichen Ortsrand des Erlanger Stadtteils Dechsendorf am 25. August 1997, also vor fast genau 20 Jahren. Damals hörte der Staatssekretär Alfred Sauter den Wunsch nach einem Radweg von Röttenbach nach Dechsendorf — und damit nach Erlangen — von Altbürgermeister Hans Mitschke.

Immer seither drängten die Röttenbacher auf einen baldigen Ausbau. Das Projekt wurde auch in das Radwegprogramm für Staatsstraßen aufgenommen. Der Grunderwerb für das etwa 1,5 Kilometer lange Teilstück bis zur Abzweigung nach Röhrach war bis 2007 unter Dach und Fach, am 24. Juni 2010 waren alle weiteren Bedenken ausgeräumt und der Spatenstich dieses ersten Abschnitts fand statt. Am 16. November des gleichen Jahrs waren die 1,5 Kilometer begeh- bzw. befahrbar, und der Röttenbacher Bürgermeister Ludwig Wahl konnte sich in seiner Eröffnungsrede eine Spitze gegen die Nachbarstadt Erlangen nicht verkneifen: Seine Mitbürger hätten natürlich gewünscht, sagte Wahl damals, dass die Stadt Erlangen — bekanntlich eine der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands — das Vorhaben nicht nur mit freundlichen Worten unterstützt, sondern auch ergebnisorientiert gehandelt hätte.

Was Wahl meinte: für den auf ihrer Gemarkung liegenden Teil der Strecke gab es noch keinen Grunderwerb, und unter Hinweis auf schwierige Finanzlage auch keine Finanzierung. Man diskutierte über Zuständigkeiten für den nachträglichen Radwegebau an Staatstraßen.

Erlangen hätte nämlich nach dem Finanzierungsmodell von 2008 die Strecke auf seinem Gebiet ganz selbst zahlen müssen, während die etwa 1,2 Kilometer auf Heßdorfer Gemarkung und rund 500 Meter auf gemeindefreiem Gebiet der Freistaat übernommen hätte. Seinen Streckenanteil hätte Röttenbach zwar selbst gezahlt, doch mit Geld aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) gefördert bekommen.

2009 weitete der Freistaat sein Förderprogramm "Kommunale Sonderbaulast an Staatsstraßen" auch auf den nachträglichen Ausbau von Radwegen entlang von Staatsstraßen aus und ließ auch die Bagatellgrenze fallen. Das heißt auch Erlangen hätte Fördermittel bekommen. Der Satz: 75 Prozent. Damals geschätzte Baukosten: 577 000 Euro. Dazu hätten Röttenbach und Erlangen eine Vereinbarung über die Durchführung des Baus in Sonderbaulast der Stadt Erlangen schließen müssen, die die Kostenteilung regelte.

Die Bearbeitung des Projekts ging daraufhin zwar weiter, doch noch 2016 hieß es auf Anfrage unserer Zeitung im Staatlichen Bauamt, dort warte man noch auf die Sonderbaulast-Vereinbarung. Auch die Grundstücksfrage blieb bis 2016 ungelöst. Neben Walter Nussel schaltete sich auch Röttenbachs Bürgermeister ein und brach das Eis in einem Fall mit einem Tauschgeschäft. So ist eine der Nebenwirkungen dieser 20 Jahre währenden Operation, dass Röttenbach nun einen kleinen Teil Erlangens besitzt.

Bei 20 Quadratmetern Privatwald freilich scheiterte alle Diplomatie. So macht der jetzt endlich fertige Radweg etwa 300 Meter vor seinem Ziel einen auffälligen Schwenk nach links (Fahrtrichtung Dechsendorf) und umgeht so den Zipfel Privatgrund.

Es gab, wie unsere Zeitung ausführlich berichtete, trotz Grundstückslösung weitere Verschiebungen des eigentlich 2016 geplanten Baubeginns — z. B. das Wasserrecht, denn nach der Abzweigung Röhrach führt die Trasse durch ein Brunnen-Einzugsgebiet, so dass nur zu bestimmten Zeiten gearbeitet werden kann. Nach der Rodung der Trasse im Herbst 2016 begann der Bau dann endlich Ende März dieses Jahres. Der Lückenschluss ist jetzt geschätzt 650 000 Euro teuer.

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