Aderlass in der Dorfmitte von Dechsendorf

27.2.2020, 06:00 Uhr
Aderlass in der Dorfmitte von Dechsendorf

© Roland Huber

Einen Monat später, am 28. März, trifft es die Liebhaber handwerklich hergestellter Wurst und von Fleisch von regionalen Bauernhöfen sozusagen ins Mark: Auch die Metzgerei Dürrbeck gegenüber schließt.

Mit Kreide haben Brigitte und Jörg Friedrich, die Inhaber der Metzgerei, ihren Entschluss an die Tür zu den Kühlräumen geschrieben, positiv formuliert: "Wir sind noch bis 28. März für Sie da". Eigentlich sollte der Betrieb noch bis Jahresende weitergehen. So lange hätten Friedrichs ihre Kühlräume noch betreiben können. Die Richtlinien der Europäischen Union hätten den Betrieb dann zu einer so großen Investition in neue Technik gezwungen, dass die Betreiber dafür keine Perspektive mehr sehen.

Nun ist es noch enger geworden. Der Notfall-Dienst bei einem Ausfall der Kühlung ist nicht mehr gesichert. Einen Sommer mit dem Risiko verdorbener Warenvorräte wollte die Metzgersfamilie nicht mehr wagen.

Handwerksbetriebe wie Dürrbeck hängen heute eben an einer empfindlichen Kette: Auch zwei Bauernhöfe, von denen die Metzgerei Vieh bezog, haben dichtgemacht, sagt Brigitte Friedrich. Alles Gründe für den Entschluss, der die guten Stammkunden sicher enttäusche. Die Metzgerei hat Stammkunden weit über Dechsendorf und die Nachbargemeinde Heßdorf hinaus bis nach Röttenbach und Hemhofen. Außerdem bietet sie auch andere Lebensmittel vom Brot bis zu Gemüse, Käse, sogar Wein und italienische Feinkost an. Durchaus also das Angebot eines Dorfladens, den Dechsendorf schon vor Jahren mit dem Geschäft der Familie Seitz, heute Bäckerei und Café Meyer, verloren hat.

Dass der Ortsbeirat mangels Dorfladen Fahrten ins Gewerbegebiet Heßdorf ausrichtet, sehen Friedrichs in dem Zusammenhang nicht mit lachendem Auge. Treue Stammkunden sind wichtig, aber auch Frequenz muss sein. Die Schließung der Raiffeisen-Filiale, von der doch regelmäßig ein Kunde über die Straße in die Metzgerei gefunden hat, ist, sagt Brigitte Friedrich, auch einer der vielen wirtschaftlichen Gründe für die Schließung.

Unternehmerische Entscheidungen: Auch Edmund Kainer und Horst Amon, die beiden Vorstände der Raiffeisenbank, führen sie für die Filialschließung an. Das Kundenverhalten ändere sich: Die Quote der online getätigten Bankgeschäfte liege jetzt bei 70 Prozent. Man muss sich dem anpassen, so die Chefs der Seebachgründer Genossenschaftsbank,

die seit einiger Zeit auch Fusionsgerüchte umwehen. Mit Automaten – einer steht auch im Heßdorfer Gewerbegebiet – bleibe man dennoch in der Fläche vertreten.

Die Nachbarn in der Straße bedauern den Aderlass. Adelinde Reinhard zum Beispiel. Auch ihre Apotheke sei auf Kundenfrequenz angewiesen. Ein Straßenzug mit Geschäften sei auch ein soziales Gebilde. Man müsse sich etwas einfallen lassen weiterzubestehen. Sie werde ihr Geschäft noch stärker als Präventionsapotheke mit Gesundheitsberatung profilieren und überlege, mit ihren Nachbarn, dem Bäcker und einem Fahrradhändler, Gesundheitstage zu veranstalten als Frequenzbringer.

Keine Kommentare