Angst vor dem Fischotter im Aischgrund wird wahr

29.9.2020, 07:00 Uhr
Angst vor dem Fischotter im Aischgrund wird wahr

© Foto: Teichgenossenschaft

Es war ein erschreckendes Bild, das sich Günther Geyer am 10. April geboten hat: Er war gerade auf dem Weg zu seinen Weihern, da sah er auf einem Weiherdamm einen toten Karpfen liegen. Unterhalb der Kiemen klaffte eine große Lücke. Wie weggeworfen lag das angebissene Tier am Wegesrand. Da fiel dem Kieferndorfer Karpfenzüchter wieder eine Beobachtung ein, die er am Abend zuvor gemacht hatte: In der Dämmerung schwamm ein merkwürdiges Tier auf der Wasseroberfläche. Kurz vor dem Ufer war es abgetaucht. Für eine Bisamratte zu groß, für einen Biber zu klein, rätselte Geyer.

Des Rätsels Lösung kam von Züchterkollegen, denen Geyer in einer WhatsApp-Gruppe Fotos von dem getöteten K2 (Karpfen im zweiten Zuchtjahr) hatte zukommen lassen: "Es kann nur der Otter sein", so deren einhellige Einschätzung. Das bestätigte auch Peter Ertl, Fischotterberater an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Der Experte kam am 12. Mai in den Aischgrund, nachdem sich die grausigen Funde gehäuft hatten. Der Fischwirtschaftsmeister hat keinen Zweifel. Die Fotos der übel zugerichteten Tierkadaver, außerdem Kotspuren: "Das machen nur Fischotter", ist sich Ertl absolut sicher. Es handele sich "garantiert nicht um einen Einzelfall", fuhr er im Gespräch mit den NN fort. Auch bei Möhrendorf habe sich ein Verdachtsfall bestätigt.

Martin Oberle weiß von ähnlichen Beobachtungen an den Dechsendorfer Weihern. Der Chef der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft des staatlichen Fischerinstituts sieht schwarz: "Nicht nur der Karpfenbestand, auch die Vogelwelt an den Teichen, die Amphibien und die Muscheln – alles wird deutlich zurückgehen. Der Otter ist einer der schlimmsten Fischräuber. Bis zu eineinhalb Kilo frisst er am Tag. Er frisst seine Opfer nur zu einem kleinen Teil auf. Und er ist ein geschickter und schneller Jäger, der auch vor größeren Tieren nicht zurückschreckt."

Durch das Jagdrecht geschützt

Noch mehr Schaden richtet der Otter während der Aufzucht der Jungen an, so Günther Geyer. Dann veranstalteten die Alten regelrechte Schaujagden, um dem Nachwuchs zu zeigen, wie man Beute macht, so der Kieferndorfer Karpfenzüchter. Anders als die anderen natürlichen Feinde attackiert das (ohne Schwanz) bis zu 90 Zentimeter lange Tier seine Opfer auch dann, "wenn sie sich am Weihergrund in die Winterruhe zurückgezogen haben, gerade auch in den kleinen Teichen", weiß Peter Ertl. Oberle indes fürchtet, dass sich der Fischotter, wenn er erst einmal da ist, auf ewig festsetzt. So wie in der Oberpfalz, in Tschechien, Österreich und in Sachsen, wo die Verzweiflung unter den Züchtern groß sei. Dazu komme, dass ihm nur schwer beizukommen sei. Das Jagdrecht schützt die wasseraffine Marderart laut Oberle ganzjährig. "Der Otter ist eine Art Vorzeigetier für den Naturschutz", so der "Fischdoktor".

"Der Fischotter war nie im Aischgrund heimisch. Wie alle neu zugewanderten Arten kann auch der Fischotter einen ungewollten Verdrängungsprozess anderer Arten auslösen", heißt es im Umweltamt der Kreisbehörde, wo man die Ängste der Fischzüchter gut verstehen kann. "Der Fischotter hat sicher auch seine Daseinsberechtigung, aber in künstlichen Gewässern muss man den Bestand regulieren", meint Peter Ertl. Für die Teichwirtschaft sei er eine existenzielle Bedrohung, hat Walter Jakob, der Vorsitzende der Aischgründer Teichgenossen, erst kürzlich wieder beklagt.

"Momentan ist es ruhig"

Von einem aufgelegten Hilfsfonds und Entschädigungszahlen versprechen er und seine Kollegen sich nur wenig. Bevor Geld fließt, ist aufwendiges Dokumentieren erforderlich. Außerdem werden nur 70 Prozent der Schadenssummen ersetzt, erläutert Martin Oberle. Auch in Schutzzäunen sieht er kein probates Mittel, denn: "Der laufende Meter in guter Qualität kostet 100 Euro. Da springt nichts dabei heraus."

In Kieferndorf gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: "Momentan ist es ruhig", sagt Günter Geyer. "Vielleicht war der Otter nur auf der Durchreise. Kormorane, Fischadler, Fischreiher, Purpurreiher und Graugänse – wir haben alles da, da müssen wir den Fischotter nicht auch noch haben", findet der Teichwirt.

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