Bedrohte Vielfalt auch in Mechelwind

26.9.2019, 06:57 Uhr
Bedrohte Vielfalt auch in Mechelwind

© Foto: Maria Däumler

Doch dieses Paradies für Flora und Fauna schwindet langsam dahin. Warum? Die Germanistin und ihr Mann können nur mutmaßen: Die zunehmend industriemäßige Landwirtschaft rund um das kleine Dorf sowie der Klimawandel mit der Trockenheit nagen am Lebensraum für Vögel, Insekten und Kleinlebewesen.

Vor Lydia Marhoff liegt ein kleines Ringbuch, in dem sie seit 1996 zunächst sporadisch und seit 2006 – seither wohnt das Paar fest in Mechelwind – akribisch aufschreibt, welche Vögel sie rund ums Haus beobachten kann.

Nebenan brütet eine Schleiereule

"Wir haben hier viele Singvögel und erstaunlich viele Greifvögel", führt die Hobbyornithologin aus. Erst neulich habe eine Waldohreule auf einem Ast im Garten gesessen. In der Nachbarscheune brüte eine Schleiereule, die habe sie gesehen und immer wieder gehört. Ihr Schrei klinge wie eine rostige Tür. Es gebe etliche Waldkauze, aber Steinkauze, die früher noch häufig waren, habe sie schon lange nicht mehr gehört, bedauert sie.

Und "am 30. September 2018", wie ein Blick ins Büchlein zeigt, sei ein Uhu rund ums Haus unterwegs gewesen. "Die hört man nur im Winter und wir sind schon ganz gespannt, ob wir ihn heuer wieder hören", sagt Lydia Marhoff. Außerdem leben und brüten Schwarzmilane in dem Gebiet und auch Rotmilane, die vom Aussterben bedroht sind, habe sie heuer schon fliegen sehen. Wahrscheinlich seien es Jungvögel auf der Suche nach einer Brutstätte gewesen.

Bücher immer parat

Die 54-Jährige beobachtet seit ihrer Kindheit Vögel und hat inzwischen ein enormes Wissen auf dem Fachgebiet angesammelt. "Ich bin aber keine Ornithologin", stellt sie klar. Sie hat immer Nachschlagewerke wie den Kosmos Vogelführer parat liegen und nimmt sie auch auf ihren Streifzügen mit. Dazu nutzt sie das Internet und eine App, um die Vögel zu bestimmen, bei denen sie sich nicht ganz sicher ist.

Ganz spannend sei es immer im Spätsommer und Frühling, wenn jede Menge Zugvögel über Mechelwind hinwegziehen. So sei am 2. September eine Gruppe mit fünf Schwarzstörchen, einem Weißstorch und einem Silberreiher vorbeigeflogen. Am 15. September war ein Fischadler unterwegs, der sich im Garten auf einem Mast niedersetzte. Außerdem: Seeadler, Kraniche und weiter unten an den Weihern seien verschiedenste Watvögel zu sehen. Auch jede Menge Stare sammeln sich auf den Stromleitungen hinter dem Haus, um dann im Naturschutzgebiet Mohrhof im Schilf zu übernachten.

Die Hobbyvogelexpertin erzählt ganz begeistert und ist fast nicht zu bremsen. Und auch ihr Mann ist leidenschaftlicher Vogelbeobachter und Naturfreund. Dank ihrer Aufzeichnungen kann Marhoff genau sagen, welche Vögel inzwischen kaum oder gar nicht mehr in der Gegend von Mechelwind vorkommen: "Es gibt keine Wachteln und keine Feldlerchen mehr, kaum noch Neuntöter und Kiebitze. Vor ein paar Jahren waren es hier noch bis zu 50 Pärchen Kiebitze, letztes Jahr waren es fünf Paare und heuer nur noch ein Paar", schildert sie die Lage.

"Vögel brauchen offene, abwechslungsreiche Strukturen mit pflanzenreichen Wiesen, alten Obstbäumen, Gewässern und Wald", weiß Meyer-Fembach. Doch seit Landwirte rund um Mechelwind viel Mais für die große Biogasanlage bei Kairlindach anbauen, gehe die Artenvielfalt enorm zurück.

"Auch Schutzgebiete wie der benachbarte Mohrhof nützen nichts, wenn es außen herum nicht mehr stimmt", sagt der 55-Jährige. Die Lebensräume müssten vernetzt sein. Doch ein Maisfeld, in dem kein Wildkraut wächst, wirke wie eine Barriere für Vögel, aber auch für Insekten und anderes Kleingetier. Auch Frösche, Kröten und Eidechsen gebe es immer weniger, haben die beiden beobachtet.

Außerdem fürchten Frank Meyer-Fembach und Lydia Marhoff, dass ein neues Baugebiet Richtung Norden bis ins Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden soll. Die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes, in dem die Stadt Höchstadt die Weichen für das Baugebiet stellen will, liege derzeit wohl auf Eis, mutmaßen sie. Doch beide sind sich sicher: "Wenn hier weiter gebaut wird, dann ist es vorbei mit der Artenvielfalt."

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