"Besonders in Wahlzeiten werden Gerüchte geschürt"

15.11.2019, 15:44 Uhr

© Archivfoto: Katrin Bayer

Mit welchen Anfeindungen als Kommunalpolitiker hatten Sie es bisher zu tun? Wurden Sie bereits konfrontiert mit anonymen Briefen, Beleidigungen auf Facebook, Drohanrufen, Beschimpfungen am Telefon oder in persönlichem Kontakt?

"Allen Menschen Recht getan ist eine Kunst, die niemand kann!" Heute reagieren die Menschen sicherlich genauso wie bei meinen Vorgängern im Bürgermeisteramt. Allerdings sind heute die Wege durch Facebook und Co. anders – leichter und schneller und vor allem anonymer. Natürlich bekommen auch wir Anrufe oder es liegt auch mal ein "anonymer" Brief in der Post. Auch werden wir teils beschimpft und es werden besonders in Wahlzeiten Gerüchte geschürt.

Ich weiß aber, dass unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger damit umzugehen wissen und die Wahrheit vom Fake gut unterscheiden können.

Für mich privat schlimme und auch belastende Vorfälle sind, wenn Leute privat anrufen und meine Frau oder Kinder wüst beschimpfen.

Stellen Sie sich vor, ein fünf Jahre altes Kind geht ans Telefon und bekommt den Zorn eines verärgerten Autofahrers zu spüren, der gerade eben wegen falschen Parkens einen Strafzettel bekommen hat. Solche Situationen sind für mich und meine Familie schwer, aber Gott sei Dank sehr selten. Mittlerweile können meine (großen) Kinder und meine Frau damit auch besser umgehen – man wächst eben mit seinen Aufgaben.

 

Wie haben Sie reagiert? Mussten Sie bereits die Polizei einschalten?

Nein, ich nehme die Sache dann selbst in die Hand und versuche, die Wogen zu glätten. Wenn ich einen Tag später mit den Leuten rede, ist meistens die erste Wut vorbei und man kann sachlich reden – meistens jedenfalls!

 

Wie beurteilen Sie die "Neun Punkte gegen den Hass" (unter anderem Meldepflicht für Social Media, härtere Strafen bei Beleidigung, mehr Schutz für Kommunalpolitiker, mehr Austausch zum Rechtsextremismus, schärferes Waffenrecht), die die Bundesregierung verabschiedet hat?

Ich denke im ländlichen Bereich hält es sich noch in Grenzen. Dennoch halte ich es für wichtig, dass diese Themen angegangen werden und dass die Bürger sich sicher fühlen. Hass sollte in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.

 

Wie sehen Sie die Gesellschaft gefordert angesichts zunehmender Hemmungslosigkeit und Grenzüberschreitungen auch bei Angriffen auf Rettungskräfte, Schiedsrichter und anderen Personen der Öffentlichkeit?

Als ehemaliger Geschäftsführer einer Hilfsorganisation kann ich davon ein Lied singen. Man wurde schon immer, auch im Rettungsdienst, angepöbelt und auch mal beschimpft.

Mittlerweile hat das leider ein Ausmaß angenommen, welches gerade gegenüber den Rettungskräften unbedingt geahndet werden muss. Wer weiß, wo das sonst noch endet. INTERVIEW: EDITH KERN MIEREISZ

Verwandte Themen


Keine Kommentare