Betrug vor Gericht: Verwandte bekamen die Mahnungen

1.10.2019, 17:15 Uhr

Auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Erlanger Amtsgericht schweigen die zwei Angeklagten, ein inzwischen geschiedenes Ehepaar.

Und immer wurden die Bestellungen im Namen von Verwandten getätigt – freilich ohne deren Wissen. Geliefert wurden die Sachen an das Ehepaar. Den Verwandten flatterten nur die Rechnungen und Mahnungen ins Haus. Insgesamt sind 95 Fälle in der Anklageschrift aufgelistet, es soll ein Schaden von rund 55 000 Euro entstanden sein.

Doch die Angeklagten, eine 30-jährige Lagerarbeiterin und ein 36-jähriger Bäckereifachverkäufer, der sich inzwischen in Untersuchungshaft befindet, wollen nicht aussagen. Also sind Zeugen geladen. Zunächst natürlich diejenigen, deren Identität das Paar mutmaßlich für die Bestellungen nutzte.

Der Onkel des 36-Jährigen sagt aus, er und seine Frau, wohnhaft in Gremsdorf, hätten sich auf die Bitte des Paares hin als Bürgen für einen 5000-Euro-Kredit bereit erklärt. Dazu seien auch mal Ausweise kopiert worden. "Wir haben das in gutem Glauben gemacht, dass alles ordentlich abgewickelt und zurückgezahlt wird." Als die ersten Rechnungen und Mahnungen kamen, habe der Angeklagte diese immer abgeholt und beteuert, er kümmere sich darum. Als dann aber irgendwann ein ganzes Paket mit Rechnungen und Vollstreckungsbescheiden von einem Schuldnerbüro ankam, "haben wir gemerkt, dass es kritisch wird", sagt die Frau des Onkels. "Und dann sind wir zur Polizei und haben das angezeigt." Wer von den beiden Angeklagten allerdings die Bestellungen tätigte, können beide Zeugen nicht sagen. Einen Teil der Rechnungen mussten sie begleichen. Insgesamt liege der Schaden wohl höher als in der Anklageschrift, bei zirka 60 000 Euro, schätzt der Onkel.

Das toppt die Tochter der Tante noch, die von 80 000 Euro Schaden ausgeht. Sie habe für ihre Mutter all die eingehenden Mahnungen geordnet und abgeheftet und habe deshalb einen guten Überblick gehabt.

Die Identität einer weiteren Tante des 36-Jährigen wurde ebenfalls missbraucht. Und auch seine Großmutter wurde Opfer des Paares nach dem gleichen Vorgehen. Ein Vorwerk-Vertreter sagt nämlich aus, das Paar habe eine Finanzierung beantragt, die nach der Schufa-Auskunft abgelehnt wurde. Daraufhin behaupteten die beiden, die Oma würde den Staubsauger kaufen. Der Vertreter verlor dadurch 2200 Euro Provision. Die Verhandlung wird fortgesetzt.

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