Blick in Kindergärten

13.9.2008, 00:00 Uhr
Blick in Kindergärten

© Hoch

Die Gewerbeärztin Charlotte Suchta ist begeistert. «Das war ein sehr konstruktives Gespräch, wir haben es hier mit einer aufgeschlossenen Kindergartenleitung zu tun. Und es herrscht ein tolles Betriebsklima.« Auch die Kindergartenleiterin Michaela Slomka spricht von einem «super-guten Projekt«, das überlegt und gut durchdacht sei.

Tatsächlich muss heute keine Einrichtung mehr zittern, wenn sich die Gewerbeaufsicht ankündigt, geht es doch nicht um Überwachung, sondern vielmehr darum, auf Missstände aufmerksam zu machen und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Und da hat sich das Gewerbeaufsichtsamt nach der Altenpflege und dem Rettungsdienst aktuell eben für die Kindergärten entschieden. «Unser Ziel ist es, ein Thema bayernweit auf einen gemeinsamen Stand zu bringen«, erklärt Suchta.

Das geht bei etwa 6000 Kindergärten natürlich nur stichprobenartig. Etwa zehn Prozent der Einrichtungen, verteilt auf alle Regionen, will das Gewerbeaufsichtsamt in den nächsten Wochen begutachten. Die Auswahl soll dabei repräsentativ sein was Trägerschaft und Größe anbelangt. Der evangelische Martin-Luther-Kindergarten in Herzogenaurach ist in kirchlicher Trägerschaft und gehört mit 100 Kindern und elf Mitarbeitern zu den größeren vorschulischen Einrichtungen. Charlotte Suchta hat mit der Leiterin Michaela Slomka zunächst telefonisch Kontakt aufgenommen und dann die Unterlagen zugeschickt. In diesen Unterlagen wird das Projekt erläutert und es gibt Mitarbeiterfragebögen, in denen bekannte Belastungsfaktoren abgefragt werden.

Jeder Mitarbeiter kann freiwillig und anonym einen solchen Fragebogen ausfüllen. Der Gewerbeaufsicht geht es darum, herauszufinden, wo im einzelnen Kindergarten Belastungen bestehen, ob es Probleme mit Eltern oder der Kindergartenleitung gibt oder ob Rückenprobleme auftauchen. Dann nämlich, wenn die Belastungsschwerpunkte erst einmal identifiziert sind, kann auch an der Lösung gearbeitet werden.

Im Martin-Luther-Kindergarten beispielsweise förderte der Besuch der Gewerbeärztin die Anschaffung von erwachsenengerechten, ergonomischen Stühlen für die Erzieherinnen. Und das auf Grundlage der Fragebögen, denn das Gewerbaufsichtsamt spricht dann ja Empfehlungen aus. «Die Mitarbeiter werden wahrgenommen und können mitreden«, lobt die stellvertretende Kindergartenleiterin Anne Plack besonders diesen Teil des Projektes.

Nach der Zusendung der Materialien vergehen einige Wochen, in denen die Gewerbeärztin auf die Rücksendung der Mitarbeiterfragebögen wartet. Diese wertet sie dann aus, bevor sie einen Termin für einen persönlichen Besuch ausmacht. An diesem Termin nehmen idealerweise neben der Kindergartenleitung auch ein Vertreter des Trägers, ein Mitarbeitervertreter sowie die zuständige Betriebsärztin teil. In einem Gespräch klopft Charlotte Suchta die eingangs erwähnten Fragen ab - als roter Faden im Gespräch dienen bayernweit einheitliche Checklisten «Infektionsschutz/Mutterschutz« und «Psychische Belastungen«.

«Es handelt sich sozusagen um eine Bestandsaufnahme«, erklärt die Gewerbeärztin. Dann kann sie Empfehlungen aussprechen wie eben beispielsweise die Anschaffung ergonomischer Stühle oder - speziell für den Martin-Luther-Kindergarten - das Klären von Zuständigkeiten, um den Arbeitsablauf für alle zu erleichtern. «Da sind wir jetzt dran«, sagt Michaela Slomka. Sie habe zwar schon gewusst, dass man die Zuständigkeiten wohl einmal klären müsste, es habe nur die Initialzündung gefehlt. «Aber durch den Besuch der Gewerbeaufsicht ist der Prozess jetzt in Gang gekommen«, freut sie sich.

Natürlich muss Charlotte Suchta bisweilen auch Auflagen machen, zum Beispiel wenn es um Vorsorgeuntersuchungen oder das verpflichtende, kostenlose Impfangebot geht. «Aber generell wollen wir eher beraten und begleiten«, so Suchta. «Es geht um konstruktive Problemlösung.« Nach einem halben Jahr wird die Gewerbeärztin in den von ihr besuchten Kindergärten nachprüfen, ob alle beanstandeten Dinge verbessert wurden.

Die Gesamtergebnisse des Projektes, auch mit Beispielen guter Praxis, werden in einem Abschlussbericht veröffentlicht und können im Frühjahr 2009 im Internet unter www.lgl.bayern.de eingesehen werden.