Chinesischer Staatscircus zu Gast am Weihersbach

1.10.2015, 20:00 Uhr
Chinesischer Staatscircus zu Gast am Weihersbach

© Giulia Iannicelli

Die Schwerkraft scheint aufgehoben. Teller, Blechtöpfe und Menschen fliegen über die Bühne – in einer atemlosen Zwei-Stunden-Aktobatikshow wie sie beeindruckender kaum sein kann.

Wird hier doch im wörtlichsten Sinne des Wortes ohne Netz und ohne doppelten Boden gearbeitet. Was die durchwegs sehr jungen Artisten auf die Bühne bringen, wirkt authentisch und gerade deshalb packend. Da darf auch einmal etwas schief gehen, denn trotz ihrer jungen Jahre sind alle Akteure Profis, die einfach weitermachen, wenn ein Sprung oder eine Jongliernummer nicht auf Anhieb klappt.

Und genau deshalb ist der Applaus, den der Chinesische Staatscircus in Herzogenaurach bekommt, auch besonders herzlich. Was hier gezeigt wird, ist kein Illusionstheater aus der Kiste für Spezialeffekte, sondern extrem virtuose Körperbeherrschung und überlegenes Timing.

Zudem versteht sich das Ensemble auf die Kunst der ganz allmählichen Spannungssteigerung. Zum „Aufwärmen“ wird zu den Klängen von Tschaikowskys „Schwanensee“ etwas präsentiert, das man für klassisches Ausdrucksballett halten könnte — nur dass die durchwegs sehr schlanken Tänzerinnen Rollschuhe tragen. Und sehr schnell damit beginnen, irrwitzig schnelle Hebe- und Schleuderfiguren vorzuführen.

Tempo ist bei dieser ohne Tiere und ohne echte Trapeznummern auskommenden Zirkusvorführung sowieso das Wichtigste. Ein Harlekin holt sich ohne Federlesens einen Saalgast, den er mit zerbeultem Blechgeschirr hantieren lässt. Im zweiten Anlauf landet der kleine Kochtopf wahrhaftig in der großen Schüssel und das „Opfer“ bekommt frenetischen Beifall. Ein Liebespaar schwebt an einem Seidentuch durch das Rund der Manege, muskulöse junge Männer springen durch enge Stahlringe, wobei das gerne in Zeitlupe oder zu zweit passieren darf. Gerade so, als seien die Körper knochenlos und aus sehr flexiblem Gummi.

Wer bei einer Mini-Menschenpyramide aus vier Ballettmädchen rasch die Gewichtsverteilung überschlägt, kommt darauf, dass die „Unterfrau“ im Extremfall kurzfristig gut 200 Kilo und damit ein Mehrfaches ihres Körpergewichts trägt. Man beginnt zu ahnen, wie hart ein Training sein muss, das eine derartige Körperbeherrschung ermöglicht. Dabei vergessen die Gäste nie jenes Lächeln, das im Falle des Chinesischen Staatscircus die Äußerung maximaler Souveränität darstellt: Sie können es einfach.

Vorstellungen bis Sonntag, 4. Oktober, täglich 16 und 20 Uhr; Karten von 17,50 Euro bis 47 Euro, Infos unter Telefon (09132)901121

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