Die Frau mit samtiger Stimme und viel Power

15.8.2011, 12:28 Uhr
Die Frau mit samtiger Stimme und viel Power

© Jungfer

Heute so erfolgreich, gab sich Simona damals „hier keine Chance“. 1986 kam sie mit ihrem Mann aus dem Sudetenland als Spätaussiedler nach Deutschland. In der Heimat hatte die gebürtige Tschechin bereits musikalische Erfolge gehabt. Auch Schwierigkeiten mit der Partei.

„Ich war ein wildes Mädchen“, bekennt sie, die mit den Kommunisten nichts zu tun haben wollte. Als dann der Antrag zur Aussiedlung gestellt war, gab es Sanktionen. Ein mit ihr für den tschechischen Rundfunk produziertes „Nachtmärchen“ wurde nie gesendet. Simona trug es mit Fassung, beherzigte schon damals das tschechische Sprichwort: „Jeder, der singen und lachen kann, der fürchtet kein Unglück“.

Leichtere Muse

Ihre Karriere begonnen hat Simona in Brünn am Staatlichen Konservatorium. Solo-Gesang hat sie dort studiert und erkannt, dass die klassische Ausbildung ihr nicht so sehr liegt. Zur leichteren Muse habe es sie gezogen, erzählt sie, die sich mit 20 Jahren selbstständig gemacht hat. Auf kleinen Bühnen und in Nachtclubs hat sie in der Heimat Jazz mit Bands präsentiert, war in Karlsbad am Theater für Schauspiel und Gesang in Mini-Rollen engagiert.

In Franken, wo die Verwandtschaft des Ehemanns wohnte, wurde sie schnell heimisch. Herzogenaurach, Adelsdorf, Weisendorf waren frühere Wohnorte, in Erlangen besuchte sie zunächst die Sprachschule, frischte mitgebrachte Kenntnisse auf, lernte Neues dazu. Seitdem spricht sie neben Tschechisch und Slowakisch auch Deutsch, Spanisch, Englisch und Russisch, arbeitet mit Polizei und Gericht als Dolmetscherin zusammen. Die Freude an der Musik aber ließ sie nie los. Sie fing wieder klein an, annoncierte. Ende der 1980er-Jahre trat sie mit der siebenköpfigen Band „Prosecco“ bei Jazz-Festivals in bayerischen Großstädten auf. Mit amerikanischen Musikern tourte sie ab den 90ern durch ganz Bayern, sang Gospels in Kirchen, auf großen und kleinen Bühnen. Einige Jahre später erfüllte sie sich einen weiteren Traum. Sie gibt seitdem ihr Wissen und ihre Erfahrung als Gesangslehrerin bei „Art of Voice“ in Nürnberg weiter.

„Ich bin wie eine wilde Hummel“, sagt sie von sich, „ebenso rund, laut summend und genauso beweglich“. Damit erreicht sie ihr Publikum, selbst wenn einzelne ihr zunächst zurückhaltend gegenüber stehen. Wie die während der Trauung sehr skeptische Schwiegermutter, die bei der späteren Feier dann zu jenen älteren Festgästen gehörte, die sich von Simona besonders gut unterhalten ließen, als sie auch Wünsche nach dem Swing der 30er-Jahre bediente. Das Amüsement, es verkörpert das eine Ziel, das Simona bei Events und gesellschaftlichen Veranstaltungen jeglicher Art verfolgt.

Aber dann gibt es noch ein zweites Ziel: die würdevolle Begleitung eines wichtigen Aktes im menschlichen Leben mit ihrer gewaltigen, variantenreichen Stimme. Als Solo-Sängerin tritt sie dabei auf, auch im Duo, für das Trio „schätzt sie ihre Tschechen“, professionelle Musiker an Piano und Saxophon/Klarinette. Verlangt der Anlass in Schloss, Hotel oder Golfclub eine größere Formation, dann singt sie mit einer Jazzband, unter der Leitung des Pianisten und gelegentlichen Managers Jörg Reisner.

Unterschiedliche Absichten

Völlig allein und ebenso freiberuflich wie es ihrer freiheitsliebenden Art entspricht unterrichtet Simona als Gesangslehrerin. Meistens Schülerinnen habe sie in den Jahren gehabt, auch manchen Mann. „Da kommt ein total müder Manager von Siemens.“ Er habe immer gern gesungen und wolle es wieder probieren. Sie unterrichtet ihn „und dann singt er alles raus“. Sie ist noch immer stolz. Simonas Schüler, so weiß sie, kommen mit unterschiedlichsten Absichten: ein Hobby zu pflegen, aus Freizeitgründen, das Ego zu stärken, zur Selbstfindung, die Karriere zu befördern. Lehrer suchen Sprecherziehung, Sänger fachkundige Ausbildung, manche/r wird so zum Kollegen.

Simona stellt sich auf jeden Schüler individuell ein, übt Stimm- und Vokalbildung, Atemtechnik, Rhythmus und Bühnenpräsenz. Durch besondere Übungen erkennt sie, wo Talent, Fehler oder psychische Blockaden liegen. Als Ergebnis strebt sie die Selbstfindung an, über die Fähigkeit, die Emotionen musikalisch auszudrücken. Eine Art Therapie also.

Keine Chance hier? „Das war dem Land gegenüber ungerecht.“ Denn die Franken, so hat Simona festgestellt, halten zwar zunächst Abstand, werden dafür aber später zu echten Freunden. Deshalb zieht sie demnächst schweren Herzens weg. Nach Fürth, in eine Stadt, die durch viele Festivals und Veranstaltungen für Musiker freundlich, aber dennoch nicht so weit weg ist, „dass ich nicht meine Freunde besuchen könnte“.

www.music-simona.de

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