Jahrelanger Streit

Die Gemeinde Mühlhausen und ein Mühlenbesitzer im Dauerclinch

12.8.2021, 05:55 Uhr
Vor der Brücke unter der Höchstadter Straße sieht man den Zusammenfluss vom „Triebwerkskanal“ hinten und dem Rinnsal, das das Wasserwirtschaftsamt als „Reiche Ebrach“ führt, im Vordergrund.

© Karl-Heinz Panzer, NN Vor der Brücke unter der Höchstadter Straße sieht man den Zusammenfluss vom „Triebwerkskanal“ hinten und dem Rinnsal, das das Wasserwirtschaftsamt als „Reiche Ebrach“ führt, im Vordergrund.

Wenn Victor Peschke, der Sohn des Paares und designierter Erbe des Baudenkmals, übers Wasserrad nach unten schaut, verfinstert sich sein Blick. Kaum 20 Meter hinter dem Wehr biegt der Bach im Winkel von 90 Grad ab. Das ist nicht der Weg, den sich das Wasser gesucht hat, sagt Peschke.

Die Gemeinde habe vor Jahrzehnten den Bach ausgebaggert und in diesem Zug umgeleitet, gegen den natürlichen Strömungsverlauf. Die Folge: Das Gewässer versandet, klagen die Peschkes. Bei Überschwemmungen werde so der Abfluss verzögert. Noch weniger fachgerecht sei man später im weiteren Verlauf vorgegangen.

Brücke ist "billig und schlecht"

Unmittelbar vor der Brücke an der Höchstadter Straße habe man dem Bach erneut einen strömungswidrigen rechteckigen Knick aufgezwungen. Die Ausführung der Brücke sei „billig und schlecht“ erfolgt, klagt der pensionierte Biologielehrer. Schlecht schon deshalb, weil die halbrunde Konstruktion sich nach oben verjünge und bei Überflutungen einen Rückstau verursache.

Die Mühlenbetreiber sehen die Verantwortung für den in ihren Augen beklagenswerten Zustand des Gewässers bei Behörden und Kommunen. Das hier zuständige Wasserwirtschaftsamt in Kronach nicht, beziehungsweise nicht nur: „Unterhaltsverpflichtet für den Triebwerkskanal ist hier zu Teilen der Mühlenbetreiber und zu Teilen der Markt Mühlhausen“, schreibt die Behörde auf Anfrage der NN.

Ein Triebwerkskanal

Bei der Müllerfamilie Peschke lässt allen schon das Wort „Triebwerkskanal“ die Zornesadern schwellen. Das Amt in Kronach ist nämlich der Auffassung, dass es sich bei dem zur Mühle hinfließende Arm des Gewässers nicht um die Reiche Ebrach handelt, sondern um eben einen irgendwann einmal angelegten Triebwerkskanal.

Mehr als ein geschickter Schachzug, meint Bertram Peschke: „Die haben mich gelinkt“, sagt der Pensionär, der von der Wasserkraft im Mühlengebäude einen Stromgenerator antreiben lässt. Die Reiche Ebrach an sich ist nämlich als Gewässer II. Ordnung eingestuft, für dessen Unterhalt der Freistaat sorgen muss. Nicht so beim sogenannten Triebwerkskanal.

Hohe sechsstellige Summe

Gegen diese Auslegung ist Peschke vor Jahrzehnten schon einmal vors Verwaltungsgericht gezogen, ohne Erfolg. Das Verfahren fand er unfair und mit der Gemeinde ist er wegen des Unterhalts im Dauerclinch. Eine hohe sechsstellige Summe hat die Familie Peschke bisher in das denkmalgeschützte Gebäude gesteckt, das für den Ort Namensgeber und Wahrzeichen ist. „Als ich gekommen bin wurde ich als Idealist angesehen. Jetzt werde ich als Querulant hingestellt“, beschwert sich Peschke.

Dass der weitaus größte Teil des Ebrachwassers durch sein Anwesen fließt, bestreitet auch das Wasserwirtschaftsamt nicht. Aber: „Der bestehende Gewässerverlauf der Reichen Ebrach verläuft (…) natürlicherweise im Taltieferen“, lautet davon unbenommen die Einschätzung der Kronacher Fachbehörde. Dass das Rinnsal, das von Amts wegen als Reiche Ebrach geführt wird, nicht dem ursprünglichen Flusslauf entspricht, räumt Johanna Klocke vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Kronach ein.

Auf gut einen Kilometer Länge schätzt Victor Peschke den Abschnitt, um dessen Unterhalt laut WWA er und die Gemeinde sich zu kümmern haben. Er beginnt im Wiesengrund südwestlich von Mühlhausen und endet beim Zusammenfluss vor der erwähnten Brücke. Dort vereinen sich der Triebwerkskanal und die einem Entwässerungsgraben ähnelnde abgeleitete Reiche Ebrach.

Unmengen von Sand und Schlamm

Es gäbe Unmengen von Sand und Schlamm aus dem Bachbett zu holen, weiß Peschke. Die Kosten dafür könne er mit den Erlösen aus der Stromerzeugung bei Weitem nicht tragen. Die Gemeinde bemüht sich laut Bürgermeister Klaus Faatz seit der Überschwemmung 2013 um ein Hochwasserschutzkonzept. Die Mühle und ihr Umfeld seien der einzige Bereich in Mühlhausen, der regelmäßig von Überflutungen heimgesucht werde. So schlimm wie in diesem Jahr aber sei es zumindest in den letzten 50 Jahren noch nie gewesen, sagt Faatz.

Ende August ist dem Bürgermeister zufolge vor Ort ein Treffen mit Vertretern des WWA Nürnberg angesetzt, das für Planung und Konzeption verantwortlich ist. Es gehe um Verbesserungen bei der Abflussströmung. Die Gemeinde allein könne momentan nichts tun, unterstreicht der Rathauschef. Denn: „Wir brauchen Fördergelder und wasserrechtliche Genehmigungen“.

Projekt "Wasser erLeben"

Unabhängig davon verfolgt die Gemeinde noch andere Pläne: Mit dem Projekt "Wasser erLeben" will die Kommune mit EU-Fördermitteln zwischen Mühle und Höchstadter Straße ein kleines Naherholungsgebiet mit Erholungs- und Sporteinrichtungen erschließen. Die Pläne sehen unter anderem Änderungen beim Verlauf des Baches vor. Wie auch immer: Bis sich vor Ort etwas tut wird wohl noch sehr viel Wasser die Ebrach hinunterfließen.

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