Drei Windräder wachsen über den Wald hinaus

27.5.2017, 06:00 Uhr
Drei Windräder wachsen über den Wald hinaus

© Giulia Iannicelli

Am Sicherheitsmann kommt keiner vorbei, die Vorschriften sind streng: Nur mit Helm, Sicherheitsweste, Sicherheitsschuhen und einer unterschriebenen Baustellensicherheitsverordnung dürfen wir uns dem Windrad, das gerade bei Ochsenschenkel errichtet wird, nähern. Auf dem Weg dorthin informiert Bauleiter Christian Schuriss über den aktuellen Stand: Das erste Windrad steht bereits, gerade wird das zweite Windrad, WEA 05 genannt, mitten im Wald hochgezogen.

Eine breite geschotterte Schneise führt zur Baustelle, ringsherum wurden bereits im Herbst die Bäume für das Bauprojekt gefällt. Am Rande des Geländes liegen schon die drei mächtigen Flügel des Windrades parat: Jedes Blatt, aus Glasfaserkunststoff gefertigt, ist 64,5 Meter lang und wiegt zwischen 14 und 15 Tonnen. Gerade wird der Betonturm montiert. Anschließend werden noch zwei Stahlrohrsektionen aufgesetzt, sodass am Ende eine Nabenhöhe von 133 Metern erreicht wird.

"Gewaltige Kräfte"

"Heute wird außen nicht gearbeitet, weil zu viel Wind ist. Da kann man nichts machen", erläutert Schuriss, der für den Windrad-Hersteller Nordex den Aufbau überwacht. Seine Mitarbeiter sind daher momentan mit dem Innenausbau beschäftigt. Der Mann aus Oldenburg, ausgebildeter Mechatroniker, hat schon den Aufbau vieler Windanlagen begleitet. "Wenn alles gut läuft, dann ist ein Windrad in insgesamt sieben Tagen aufgebaut." Doch bläst der Wind zu stark, müssten die Außenarbeiten ruhen. "Das ist viel zu gefährlich", sagt er. "Wenn knapp 50 Tonnen auf 100 Meter Höhe hängen, da wirken gewaltige Kräfte." Also bleibt der gigantische, etwa 144 Meter hohe Kran, der vor dem Betonturm steht, heute arbeitslos.

Für das riesige Hebewerk wurde extra der Boden befestigt, ein Fundament gegossen und die Standsicherheit mehrfach überprüft, denn nur wenn der Kran ganz sicher steht, darf er in Aktion treten. "Am Freitag oder Samstag", so Schuriss, gehen die Bauarbeiten weiter. Der Kran werde dann das elf Meter lange und rund 4,5 Meter hohe Maschinenhaus, das ebenfalls schon bereit liegt, den Triebstrang und die Nabe in die Höhe hieven, an die dann noch die Drehmomente montiert werden.

Ist das alles befestigt, wird der Kran mit Hilfe einer Traverse und Seilführungen die Flügel vorsichtig auf 133 Meter Höhe hinaufziehen. "Die Traverse greift wie eine Hand das Blatt", erklärt Schuriss. Die Wettervorhersage sei gut. "Wir sind guter Dinge, dass wir das am Freitag und Samstag hinkriegen."

Ist dann alles fertig montiert, werden die Arbeitsgeräte abgebaut und zum nächsten Standort transportiert, der nur einige Hundert Meter weiter liegt. "Der Ab- und Aufbau dauert vier Tage." Spielt das Wetter mit, werde dann ab Pfingsten das dritte Windrad errichtet.

Inzwischen ist Friedrich Brehm, Landwirt aus Dietersdorf und Projektleiter vor Ort, ebenfalls an der Baustelle angekommen. "Ich habe das Projekt geplant, entwickelt und bis zur Genehmigungsreife geführt", erzählt er. Seit acht Jahren arbeite er schon mit der Firma Windwärts Energie zusammen. Der Windpark Steigerwald werde auf einem der windstärksten Standorte der Region errichtet, berichtet er weiter. "Hier werden 5,9 Meter Wind pro Sekunde erreicht, das ist ein sehr guter Wert." Die drei insgesamt 199 Meter hohen Windräder mit einer Leistung von insgesamt 7,2 Megawatt sollen voraussichtlich ab Mitte des Jahres umweltfreundlichen Windstrom erzeugen.

Gegen die zwei Windrad-Standorte im Wald hatten bekanntlich Bürger im Vorfeld — erfolglos — geklagt, gegen den dritten Standort direkt an der Straße gab es keine Proteste. Um mögliche Konflikte mit Mensch und Natur im Umfeld der Anlagen während des Betriebs der Windräder zu vermeiden, hat die Firma Windwärts bei Bau und Betrieb des Windparks umfangreiche Maßnahmen umgesetzt, wie Pressesprecher Stefan Dietrich berichtet. So werden die Rotorblätter der Windräder mit sogenannten Serrations ausgestattet sein. Dabei handele es sich um an Kämme erinnernde, gezackte Bauteile, die auf die Hinterkante von Rotorblättern aufgebracht werden, um die Luftverwirbelungen hinter dem Rotorblatt und damit die aerodynamische Schallemission zu reduzieren. "Die Windenergieanlagen werden dadurch also im Betrieb leiser", so Dietrich.

Auch Maßnahmen für den Natur- und Artenschutz seien in die Wege geleitet. So werde unter anderem in den ersten beiden Betriebsjahren ein Fledermausmonitoring an den Anlagen durchgeführt, um detaillierte Informationen über die Zugbewegungen der Windenergie sensiblen Tiere zu erhalten und gegebenenfalls Abschaltzeiten einzuführen oder zu verändern. Im angrenzenden Wald will die Firma zudem Brut- und Nistkästen für Vögel und Fledermäuse aufstellen. Darüber hinaus sollen zum Schutz der Zauneidechsen, die an einem der Standorte vorkommen, zusätzliche Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden.

Als weitere Ausgleichsmaßnahme werden laut Pressesprecher Dietrich über 19 000 Quadratmeter Sandmagerrasenflächen angelegt, die sich positiv auf die Entwicklung von Biotopstrukturen für selten Vogelarten wie Feldlerche, Rebhuhn und Kiebitze auswirken. "Wir haben Verantwortung für die Schöpfung", findet Friedrich Brehm. "Schließlich geht es nicht nur um Geld verdienen, sondern im Hinblick auf die künftige Generation und aufgrund des dramatischen Klimawandels führt kein Weg an erneuerbare Energien vorbei", ist der Projektleiter überzeugt.

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