Ein Kühlschrank rettete das Leben von Andreas Lenz

18.2.2010, 00:00 Uhr
Ein Kühlschrank rettete das Leben von Andreas Lenz

In der Küche war gerade nicht genug Platz. Deshalb stellte Andreas Lenz den Kühlschrank - «ein riesiges Ding» – erstmal im Schlafzimmer ab. Umräumen wollte er dann später, er schob es tagelang hinaus. Dann bekam er Grippe und am Morgen des 18. Februar 2009 hatte er sich gerade wieder zurück ins Bett gelegt, als die Wand hinter dem neuen Kühlschrank in Stücke reißt.

«Es war wie ein Wüstensturm», erinnert sich der 51-Jährige. Er sieht nur Staub. Und einen riesigen Kasten. Der Kühlschrank hat sich bei der Explosion quer über dem Bett verkeilt. Er rettet Andreas Lenz das Leben, nur wenige Trümmer treffen ihn. «Am Fuß habe ich mich verletzt, aber das war nicht so schlimm.»

Der Schock ist viel schrecklicher, denn erst einmal ist das Explosionsopfer blind vor Staub. «Ich bin aufgestanden habe mich kriechend langsam vorgetastet. Gesehen hab ich gar nichts.» Und dann ist da diese große Frage im Kopf: «Was ist passiert?» Lenz denkt, eine Abrissbirne sei ins Haus gekracht. «Wer macht sowas?»

Langsam und vorsichtig kommt er ins Wohnzimmer. Eigentlich steht da ein schönes Büfett und der neue Fernseher. «Aber da war einfach nichts mehr.» Ein riesengroßes Loch. In dem Moment hört er die Schreie. Hilferufe. Sirenen.

Er schaut hinein in die völlig zerstörte Nachbarwohnung. Es gibt keine trennende Wand mehr. Da wird Andreas Lenz klar, dass seine Nachbarin von draußen schreit. Sie saß bei der Explosion am Frühstückstisch. Die Wucht der Gasverpuffung hat sie hinausgeschleudert. Aber Andreas Lenz sieht sie nicht.

Ein Polizist brüllt von unten: «Achtung, rühr‘ dich nicht von der Stelle.» Erst allmählich verzieht sich der Staub. «Plötzlich hab‘ ich gesehen, dass auch keine Decke mehr da war und so.» Der Heizkörper aus dem oberen Stockwerk baumelt vor den zerplatzten Fliesen im Badezimmer.

Andreas Lenz realisiert, dass die Einsatzkräfte ihn gleich retten werden. Und er funktioniert. Sucht in der Zerstörung nach seiner Hose und holt auch noch den Ausweis aus einer Schublade. Dann holt die Feuerwehr ihn mit der Drehleiter aus dem ersten Stock. Mit einem Schock und einer Prellung am Fuß kommt er ins Krankenhaus St. Anna.

Doch da muss er schon bald wieder raus. Wohin? Er ist nicht versichert, sein ganzer Besitz zerstört. Er ruft seine Schwester an. Erst glaubt sie ihm nicht, als er sagt: «Mir ist mein Haus um die Ohren geflogen». Dann unterstützt sie ihn sehr. Im Sozialkaufhaus bekommen sie Möbel. Noch wichtiger aber ist die Unterkunft. Glücklicherweise hat der Schwager beruflich mit Immobilien zu tun. Er ist für den 51-Jährigen da, organisiert eine Wohnung, wieder in Höchstadt. Und dann ist da noch die Freundin. Auch sie unterstützt ihn. Aber sie möchte immer reden. Andreas Lenz aber will vergessen, erstmal weg von allen. Als er zum Haus zurückkommt, weil es abgerissen wird, macht er schnell wieder kehrt. Es hat keinen Sinn. Es ist zu viel, die Bagger zu sehen.

Andreas Lenz will auch keine Bilder anschauen. Ein Jahr lang schaut er keinen Fernsehbericht und liest keinen einzigen Zeitungsartikel über die Explosion. Bis heute.