Ein später Schock

2.10.2016, 15:15 Uhr
Ein später Schock

© Roland Huber

Denn vermeintlich eine Sekunde vor Schluss – so zeigte die Anzeigetafel an - hatte der der überragende, erst 16 Jahre alte TSH-Flügel Matthew Meredith den Ausgleich erzielt. In der folgenden Auszeit beschlossen die Schiedsrichter Christian Zang und Thomas Rückerl jedoch, noch zwei Sekunden spielen zu lassen. Statt eines Verzweiflungswurfs bekam Ansbach so noch die Chance auf einen geordneten Pass, der letztlich zum bis dato enttäuschenden US-Profi Nicholas Freer erreichte – und der traf aus der Drehung.

Jubel bei den Gästen, Leichenbittermienen bei den Hausherren und ihren Fans, die sich schon auf eine Verlängerung eingestellt hatten. Aumeier fassungslos: „Meiner Meinung nach war es eher weniger als eine Sekunde Restzeit, warum es zwei wurden, verstehe ich nicht.“

Nach der 59:104-Schlappe zum Auftakt in Vilsbiburg und dem gleichzeitigen Ansbacher Sieg gegen die hoch gehandelte BG Leitershofen/Stadtbergen waren die Rollen vor dem Derby klar verteilt. Doch während sich der Herzogenauracher Talentschuppen an die Ansprache ihres Trainers hielt und bewies, „dass sie durchaus das Zeug hat, einige Teams in der 1. Regionalliga zu ärgern“ (Aumeier), schienen sich die Bezirkshauptstädter eher auf einen Spaziergang an der Aurach eingestellt zu haben als auf einen harten Basketballfight.

„Die Piranhas sollen zu keinen Zeitpunkt auch nur im Ansatz Lust haben, gegen unsere aggressive Verteidigung anzugreifen“, hatte Aumeier vor der Partie gesagt. Und das gelang den Longhorns überraschend einfach. Planlos verzettelten sich die Gäste in ihren Angriffen, offenbar überrascht von der heftigen Gegenwehr der jungen Einheimischen. Über 5:0, 19:14 (Ende erstes Viertel), 34:22 (größter Vorsprung), 34:25 (Halbzeit) und 45:43 (28. führte stets der Außenseiter.

Jenko trieb das die Zornesröte auf die Stirn: „Ich habe schon in der Halbzeit gesagt: Ich habe Euch jetzt alle elf eingesetzt, was soll ich machen? Ich habe keine anderen dabei.Vor allem die Aufbauspieler Yasin Turan und Christopher Roll bekamen ihr Fett weg: „Das war nix, null – keine Kontrolle, keine Ordnung.“

Warum Ansbach dennoch gewann? Bei der TSH fielen nur neun von 22 Freiwürfen durch die Reuse (vor allem Tanor Ngom mit 11/2 war an der Linie ein Ausfall), beim TSV waren es sehr gute 21 von 26. Hinzu kam, dass Longhorns-Führungsspieler Mike Kaiser wegen einer Fußverletzung einfach nicht fit ist und im Angriff seine Stärken im Eins-gegen-Eins kaum zeigen konnte. Und Leistungsträger wie Vedran Nakic wurden am Ende ebenso müde wie die beiden „Riesen“ Ngom (2,18 Meter) und Tim Handt (2,07), der überraschend auf dem Feld stand. Im Sommer war er umzugsbedingt als Abgang geführt worden, jetzt will er seinem alten Team zumindest übergangsweise helfen, was mit zehn Punkten und fast hundertprozentiger Wurfquote exzellent gelang.

Am Ende maches es die Stars

Auf der Gegenseite lief lange Zeit vieles furchtbar schief, aber am Ende funktionierten wenigstens die Automatismen: Der angeschlagene Oldie Goran Petrovic, zuvor kaum in Entscheidung getreten, machte im Schlussviertel sechs Punkte mit all seiner Cleverness. Und Freer, vorher vom kampfstarken Tobias Übbing lange aus dem Spiel genommen, tat das was von einem Profi verlangt wird: Er nahm und traf den entscheidenden Wurf.

Dass er das noch durfte, lag auch daran, dass die Schiedsrichter einen Ellbogenschlag des Zwei-Meter-Mannes gegen den Jugendnationalspieler Manuel Feuerpfeil (noch so ein 16-Jähriger) schlichtweg übersahen. Kurz danach gab es für einen fiesen Schubser von Christian Imberi in den Rücken des spindeldürren Ngom nicht das fällige unsportliche Foul. Aber das war eine der wenigen Szenen, in der einer der drei Ex-Herzogenauracher im Piranhas-Team überhaupt auffiel. Auch Toni Donhauser und Julian Patton bekamen nur kurze Einsatzzeiten, in denen sie keine Akzente setzten.

Am Ende reichte es trotz des „grottenschlechten Spiels“ (Jenko) doch irgendwie für den Favoriten, der jedoch dringend die Lehren aus diesem lange Zeit fast überheblichen Auftritt muss, um eine gute Rolle in der Liga spielen zu können. Die Longhorns hingegen sollten das Positive aus dieser Partie mitnehmen: Über eine gute Defensive und Teamplay im Angriff kann man sich zu einer konkurrenzfähigen Mannschaft werden. Zwei Punkte am Samstag hätten dem Selbstbewusstsein gut getan – und wären auch verdient gewesen.

Longhorns: Koulibaly 6/2 Dreier, Hüttel, Feuerpfeil 3, Nakic 10/2, Kaiser 5, Handt 10, Meredith 15, Gahlert, Ngom 6, Übbing 6 (Buniatian, Schlindwein nicht eingesetzt).

Piranhas: Roll 6, Freer 18/3, Kurpiela 3, Petrovic 8, Imberi 4, Hertlein 3, Turan 7/1, Pospiech 4,Patton 2, Nzeocha 7, Donhauser.

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