Eindringlich und realitätsnah: ,Elly und Ingo‘

25.6.2012, 16:15 Uhr
Eindringlich und realitätsnah: ,Elly und Ingo‘

© Kern-Miereisz

Fast ist die Gewalt nicht zu ertragen, die der Hauptdarsteller in seiner Rolle als Neonazi Ingo auf die Bühne bringt und so war auch eine der ersten Schülerfragen, wie man so einen Part verkörpern könne. Ja, bekannte der Schauspieler, sein Vorgänger „hielt das nicht lange aus“.

ueTheater, 2002 gegründet, heißt „ÜberbauTheater“ und sieht sich in der Tradition der kritischen Linken. Multimedial und kreativ wurden Bühnenstoffe wie „Zufälliger Tod eines Anarchisten“ von Dario Fo umgesetzt.

Das nun am Gymnasium gezeigte Stück „Elly und Ingo“ wurde in zahlreichen Schulen in Bayern mit großem Erfolg aufgeführt. Selbst in die Akademie für Lehrerfortbildung nach Dillingen wurden die Akteure eingeladen, um angehenden Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz Anschauungsmaterial in Sachen Rechsextremismus vorzuführen.

Auf zwei Ebenen werden knapp hundert Jahre Zeitverschiebung miteinander kontrastiert: Der jungen idealistischen Lehrerin Elly Maldaque tritt der zeitgenössische Ingo gegenüber: Skinhead, Bomberjacke, Springerstiefel, brutale Sprüche, „kein Quali, beschissenes Elternhaus“, so die charakterisiert er sich selber. Beide sind Opfer herrischer brutaler Väter und der Gesellschaft.

Die Antworten darauf kontrastieren: Elly glaubt an „Liebe zu allen Menschen: der Mensch ist gut“, Ingo an den immerwährenden Hass: „Der Mensch ist ein Raubtier“.

Dargestellt wird dies mit äußerster Intensität. Ein Aufschreien, blindes Wüten des Hauptdarstellers, der doch im Grunde nur nach Liebe sucht, bettelt und weint. Der Wahn, in der Nazi-Ideologie Erlösung zu finden: „Ich hab alles über Hitler gelesen, auch Wehrmacht und so, was waren das für Kerle!“

An die Erfahrungen der Schüler dockte der Text an, wenn es hieß „schon ab der vierten Klasse rattert die Lebens-Sortiermaschine“. Wie widersprüchlich und beliebig rechtsradikales Gedankengut und Agieren zusammengebaut wird, erschloss sich in den Selbstbefragungen des jungen Skinheads: Die Ausländer wurden von seinen Kumpanen verachtet, die aber zum Straßenstrich nach Tschechien fuhren.

Vielsagend auch dieses Selbstgespräch: „Ich schlage jemandem das Gesicht zu Brei und die Polizei sagt ,tschüss, wir melden uns‘.“ Der Schlusssatz mit Appell: „Wir sind die Kinder dieses Landes. Schaut uns an“. Starker Applaus! Der Arbeitskreis Schule ohne Rassismus mit Lehrerin Karin Both-Kowalski und den Schülern Nick Odemer, Stefan Sauerer und Steffen Docter wird im Lauf der Woche mit den Schülern Hintergrundwissen erarbeiten. -eke

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