Ende der Krapfenzeit läutet gute Vorsätze ein

11.2.2016, 08:57 Uhr
Ende der Krapfenzeit läutet gute Vorsätze ein

© Foto: epd

Ihre Faschingspredigt in Reimform hat die evangelische Pfarrerin und Vize-Dekanin Karola Schürrle schon längst hinter sich. „Das war beim ökumenischen Gottesdienst mit Pfarrer Helmut Hetzel vor zwei Jahren“, erinnert sich die Seelsorgerin.

Im ersten Jahr ihres Herzogenauracher Aufenthaltes besuchte sie mit Pfarrers-Ehemann Oliver Schürrle verkleidet das närrische Treiben am Marktplatz: „Er als Gespenst und ich war so im venezianischen Stil.“ Natürlich wurde das geistliche Duo trotz Verkleidung enttarnt. „An unserer Statur, er so groß und ich so klein, haben sie uns erkannt.“

Heuer im Fasching hat sie bereits eine Sitzung des Karneval Clubs Herzogenaurach besucht („allerdings unmaskiert“), und sich am vorigen Sonntag den Faschingszug in Emskirchen angeschaut. „Da haben sich die Menschen alle eine solche Mühe gegeben.“ Beeindruckt hätten sie auch Kerwaburschen auf einem Wagen. „Die tanzten da frei heraus.“ Nur eine Närrin im Militär-Tarnanzug mit Waffengürtel traf so gar nicht den Geschmack der Pfarrerin.

Auf Süßes verzichten

Aber mancher störe sich sicher auch daran, wenn Narren im Mönchs- oder Nonnen-Outfit daherkämen. Schürrle: „Auch der Schweinskram muss im Fasching raus.“ Was sicherlich auch den Erfolg von so manchem Männerballett „mit Atombusen“ ausmache. „Man muss nur danach aus der Rolle wieder rausfinden.“ In einem ist sich Pfarrerin Schürrle sicher: „Ich habe am Faschingsdienstag meinen letzten Krapfen gegessen.“ In der Passionszeit will sie wieder völlig auf Süßigkeiten und Alkohol verzichten. Ihre Gemeindeglieder hätten sich inzwischen längst daran gewöhnt, verriet sie. „Bei einer Familieneinladung bekam ich einmal Erdbeerkuchen.“ Aber schon im Jahr darauf wurde ihr dann als einzigem Kaffeegast eine Brezel serviert.

Im Rahmen der diesjährigen Fastenaktion „Sieben Wochen ohne“ gehe es heuer aber auch darum, ein „großes Herz“ zu zeigen. Entscheidend sei: „Was tue ich stattdessen?“ Man könne ja mit dem für Alkohol gesparten Geld Obst aus dem Bioladen kaufen.

Ihre ganz eigenen Erfahrungen mit der Faschings-Ferienwoche hat Simone Steiner, Leiterin der Caritas-Beratungsstelle. „Es gibt Kinder, die berichten begeistert vom Gardetanz“, erinnert sie sich. Aus psychologischer Sicht hat die Heilpädagogin keine Einwände gegen Maskierungen in der Faschingszeit. „Das kann bei Kindern und Jugendlichen wichtig für Identitätsfindungsprozesse sein, eben ein gutes Experimentierfeld.“

Kinder oder Jugendliche wollten vielleicht herausfinden: „Wie fühlt sich das an, eine starke Figur zu sein? Ein Cowboy oder Pirat? Oder auch eine böse Figur wie Hexe oder Monster?“

Solcherlei karnevalistische Experimente hätten auch eine „Ventilfunktion“ bei Kindern oder Erwachsenen. Der Vorteil bestehe im Ausblenden von Alltagsanforderungen wie Schulnoten oder der Notwendigkeit, „im Beruf zu funktionieren“. Das könne für die psychische Gesundheit äußerst wertvoll sein.

Trotz Faschingsferien hat die Beratungsstelle in dieser Zeit ganz selbstverständlich geöffnet. „Wir haben bei den Fallzahlen von 2014 auf 2015 eine Steigerung um 16 Prozent.“ Dennoch bemüht sich Steiner mit Team, bei zwei Drittel der Neuanfragen Termine in einem Monat anzubieten.

Der generell gestiegene Leistungsdruck und aktuell auch die Zwischenzeugnisse hatten ebenfalls zu vermehrten Anmeldezahlen geführt. Sie glaubt, dass viele Rat suchende Familien enorm unter Zeitnot leiden würden und unter Druck stünden. Vereinzelt werde aber die Fastenzeit für gute Vorsätze ganz bewusst genutzt. Als Beispiele nannte sie Zielvorgaben wie „weniger Zeit am Smartphone oder am PC“.

Im Gegensatz zur Weihnachtszeit seien die Faschingsferien Steiner zufolge unbelastet von Pflichtterminen. Diese Freiräume könnten Familien nutzen für Vorhaben wie „Wir gehen Skifahren“. Oder: „Ab ins Schwimmbad“. Manche bräuchten einfach ein paar schöne, entspannte Tage. Allerdings hätten gerade Alleinerziehende nicht immer die finanziellen Mittel für aufwändige Spontan-Events.

Manchmal könne aber auch gemeinsames Kochen oder Gestalten den Familiennachwuchs begeistern. Natürlich kämen nicht alle Termine bei Kindern an. Steiner: „Viele Kinder sind ohnehin im Alltag auf fixe Termine getaktet.“ Dann also doch die gemütliche Genussvariante — Stressfasten, oder so.

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