Fränkische Weltanschauung, scharfzüngig präsentiert

20.11.2016, 16:57 Uhr
Fränkische Weltanschauung, scharfzüngig präsentiert

© Foto: Rainer Groh

Fast schüchtern blickt er hinter dem Vorhang seitlich der Bühne hervor, als ob er noch kurz überlegt, vor das Publikum zu treten. Aber dann wagt er es doch und nimmt auf dem Holzstuhl Platz. Auf dem Tisch steht eine Flasche Wasser nebst Glas. Eine Lampe setzt ihn ins rechte Licht.

Nach einem kurzen „guten Abend“ sagt der Mann mit dem grauen Haar, dass er ein paar Geschichten dabei habe. Je schneller er sie vortrage, desto besser sei es. Hochdeutsch Sprechende könnten zwar dableiben, „aber das hat eh kaan Sinn“. Schließlich sitzt  da die „Stimme Frankens“ am Tisch. „Obacht! Fränkisch!“,  ist  der Abend mit Klaus Schamberger im Rahmen der Herzogenauracher Kulturtage überschrieben.

Wer ihn kennt, weiß,  dass er ein besonderes Verhältnis zum Ruhmreichen hat, und so durfte die knappe Frage, wie es denn beim Club stehe, nicht fehlen. Für Schamberger ist der FCN — kommt ganz drauf an, wie er gerade gespielt hat — im schlimmsten Fall „ein Knalldepp“. Und herrlich sein Kurzgedicht: „Ich bin so groß, ich bin so doof, ich bin ein Club-Fan aus Schafhof.“ Aber der Fußball ist ihm am Freitag nur eine Randnotiz wert.

Der mittlerweile 74-Jährige beschäftigt sich vielmehr  mit den wichtigen Dingen des Lebens. Scharfzüngig, aber auch  fränkisch charmant, trägt er seine fränkische Weltanschauung dem Publikum in der Aula des Gymnasiums vor, die bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Er beginnt mit dem Fränkischen an sich und dessen Verniedlichung: Waggerla, Wägala, Scheifala, Kännla. Er kommt auf die frühere Praxisgebühr und auf sein Verweilen im Wartezimmer des Arztes seines Vertrauens zu sprechen, von wo er die Gespräche der Patienten zum Besten gibt.

Angetan hat es ihm auch das Theater um das Glyphosat, von dem sich 0,35 Mikrogramm in einem Seidla Bier befinden. Seiner Rechnung nach sind demnach erst 1000 Maß Bier gesundheitsschädlich, vom Alkohol einmal abgesehen.

Und weiter geht das Gegrantel. Den Verfall der Sprache nimmt er ebenso aufs Korn wie das Angebot in Feinschmeckerlokalen. Was dabei auf der Strecke bleibt, sei das fränkische Kulturgut, und damit meint Schamberger das Karteln, weil damit nichts verdient sei.

In Zeiten des Abgasskandals bei VW ist für den „Spezi“, wie Schamberger auch genannt wird, der Käfer ein fahrbarer Luftkurort, ein Fitness-Zentrum, weil sich früher der Wirt seiner Stammkneipe immer 15 Kilometer heimschieben ließ, wenn das Auto partout nicht anspringen wollte. Die Funsportarten sind ein weiteres Thema, und „Red Bull“ übersetzte er frei von der Leber weg als „rotes Rindvieh“. Mit modernen Kindernamen steht er ebenfalls auf Kriegsfuß, weil das die tollsten Blüten treibe. Rachel Bämmerlein-Haberzettl ist für ihn ein Musterbeispiel. Und dann erzählt er noch, dass sich ein als „Zipfel“ geborener Mann in „Probst“ umtaufen ließ. Die Folge: Sein Sohn war  dann halt der „Probst’n Zipfel“.

Das Publikum kugelt sich vor Lachen, denn Schamberger steigert sich zur Höchstform, obwohl er äußerlich völlig cool wirkt und kaum eine Miene verzieht. Köstlich sein Weihnachtsgeschenk an seine Frau: vier Wochen Hausarbeit. Dass er dabei die Mengenangabe „EL“ für Esslöffel mit „einem Liter“ verwechselt, hat zur Folge, dass sein Kuchen mit Rum und Arak sehr hochprozentig ist.

Die Erhöhung des Kindergeldes um zwei Euro pro Monat verknüpft er mit den 24 Milliarden Euro, die der hiesige Unternehmer Georg W. („Dabbel you“) Schaeffler von seiner Mutter erhielt. 650 Millionen Jahre lang monatlich zwei Euro, „wenn das kein Anreiz fürs Kinderkriegen ist“.

Schamberger wird auch einmal richtig ernst und melancholisch, als er sich zum Thema Gott und Syrien äußert und die Waffengeschäfte auch des Westens verurteilt:  „Die Kinder sollten sich raussuchen können, wo  sie auf die Welt kommen, am besten ganz weit weg von uns.“

Versteht sich, dass der mit dem Frankenwürfel geadelte Schamberger noch eine Zugabe präsentiert. Und hinterher fragen sich nicht wenige, warum die Veranstaltung nicht im Vereinshaus stattgefunden hat. Denn viele hätten sich den „Schambes“ noch angehört, wenn es noch Karten gegeben hätte.

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