Herzogenaurach: Aufregung um multiresistenten Keim in Klinik

1.10.2015, 14:00 Uhr
Herzogenaurach: Aufregung um multiresistenten Keim in Klinik

© Matthias Kronau

Bei einer Reihe von Patienten war „eine Besiedelung“ durch diesen multiresistenten, gramnegativen Erreger (MRGN) mit Rektal-Screenings und Rachenuntersuchungen nachgewiesen worden. Die Zahl Betroffener umschrieb der Chefarzt als „im einstelligen Bereich“. NN-Informationen, wonach es sich um neun Fälle auf der Station 2.1 im 2. Obergeschoss handeln soll, mochte er gestern nicht bestätigen.

Zum Eindämmen das Ausbruchs hatte die Fachklinik das Gesundheitsamt in Erlangen und Bernd Kunz vom Erlanger Institut für klinische Mikrobiologie als Klinik-Hygieniker eingeschaltet. Auch das bayerische Gesundheitsministerium war beteiligt.

Bei einer Mitarbeiterversammlung hatte Chefarzt Gerling Klinikmitarbeiter vom Ausbruch des Erregers informiert. Gerling: „Krankenhauskeime gibt es immer.“ Betroffene Patienten wurden unverzüglich isoliert und zusätzliche Hygienemaßnahmen ergriffen. Auf der Versammlung hatte ihn auch eine Krankenschwester auf mögliche Gefahren für ihre Familienangehörigen angesprochen. Gerling verneinte diese.

Tatsächlich infiziert worden sei kein einziger Patient, betonte Dr. Frank Neumann, kommissarischer Leiter des Gesundheitsamtes. Auch wenn einem multiresistenten Erreger durch Antibiotika nur schwer beizukommen sei, könnten von Keimen befallene Oberflächen durch spezielle Desinfektionsmittel gereinigt werden. „Dann ist der Keim tot.“

Auch am Putzwagen einer Reinigungskraft sollen Keime entdeckt worden sein. Im Fokus von Medizinern und Hygiene-Experten sind auch Haltegriffe an Behindertentoiletten oder die Therapieliegen. Neumann sah keine weitere Gefährdung von Patienten, Beschäftigten oder Klinikbesuchern durch den Krankenhauskeim.

"Nicht so gefährlich"

„Ich selber war ohne Schutzkleidung, nur mit einem Ordner, in der Fachklinik.“ Der Krankenhauskeim „3MRGN“ sei seiner Einschätzung nach „nicht so gefährlich“ wie die Variante „4MRGN“. Ganz anders einzelne Beschäftigte: Sie konnten aus Sorge um eine Ansteckung nicht schlafen. Von Angehörigen wurden sie unmissverständlich aufgefordert, ihre möglicherweise riskante Arbeitsstelle zu meiden.

In Herzogenaurach sei „ein Großteil durch MRGN betroffenen Patienten“ inzwischen entlassen worden. Dass diese nun völlig geheilt sind, konnte Dr. Gerling nicht bestätigen. „Sie waren wegen ganz anderer Erkrankungen bei uns.“

An alle betroffenen Patienten war ein Merkblatt des Berliner Robert-Koch-Institutes mit Verhaltensregeln bei MRGN-Erregern ausgeteilt worden. Wichtigste Hygienemaßnahme sei demzufolge die Händedesinfektion, besonders nach jedem Toilettengang. In Privathaushalten mit einem erkrankten Angehörigen solle jeder sein eigenes Handtuch verwenden. Chefarzt Gerling geht davon aus, dass rund zehn Prozent aller Menschen MRGN-Erreger auf der Haut oder im Darmbereich haben.

Ersten Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich bis zu 40 000 Patienten an multiresistenten Erregern. Immer mehr Unikliniken empfehlen deshalb entsprechende Eingangsuntersuchungen aller Patienten auf diese Keime. Auch an der Herzogenauracher Klinik hat man deshalb ein besonderes Augenmerk auf ankommende „immungeschwächte Patienten mit bestimmten Risikofaktoren“.

Keine Kommentare