Herzogenaurach geht auf Zeitreise

28.7.2019, 15:57 Uhr
Herzogenaurach geht auf Zeitreise

© Foto: Heinz Czellnik

Welches Märchen ist gewünscht? Ein Stichwort reicht und "Flo" fabuliert mit Musikuntermalung seiner Kollegen los. Über Rapunzel zum Beispiel, die deshalb habe 100 Jahre schlafen müssen, weil sie so Mundgeruch hatte – und sie deshalb keiner küssen wollte.

Sagax Furor, die am Samstag auch das Abendkonzert des Mittelalterfestes bestritten, nahmen ihr Publikum mit. Und vor allem nahmen sie sich selbst überhaupt nicht ernst, nannten sich scherzhaft "die Musiktherapie aus der geschlossenen Abteilung" und sorgten mit ihrer wilden Dudelsackmusik und viel Getrommel einfach für gute Laune.

Es war also mal wieder soweit am Wochenende – das Mittelalter hielt Einzug in Herzogenaurach. Doch, wie ist es eigentlich, wenn die manchmal als finster verschrieene Epoche auf das Jahr 2019 trifft? Dann wirft sich die Stadtspitze um Bürgermeister German Hacker in historisch anmutende Gewänder und zieht Samstagmittag mit ebenfalls mittelalterlich gekleideten Handwerkern, Händlern, Dudelsackpfeifern und Gauklern unter "Jubel, Jubel"-Schreien der Stadtwache Virtus und dem Applaus der Schaulustigen durch die Stadt.

Doch weil wir eben anno 2019 leben, wird der traditionelle Einzug zur Eröffnung des Herzogenauracher Mittelalterfestes begleitet von unzähligen in die Höhe gestreckten Handys und einem Sicherheitsdienst, der dem Zug folgt.

Eine Schau ist das Mittelalterfest nicht zuletzt immer für den Nachwuchs: Hier die kleine Anna, die mit Drahtbürste und Schweiß ihr Glückshufeisen säubert, dort Max, der beim Fackelmacher den ausgestopften Raben streichelt (nicht ohne die Warnung, dass bitte nicht gegen den Strich gestreichelt werden solle, "sondern wie bei einer Katze"). Überall trifft man auf staunende Kindergesichter: Da faszinieren die güldene Frau auf Stelzen, die manche sogar etwas gruselig finden, dort die Gaukler Floxor, Eichi und Forzarello, Wahrsager und das handbetriebene Karussell.

Verführerischer Duft

Nicht zu vergessen die Stände, die für den Nachwuchs ebenfalls exotisch wirken: An der Räucherwerk-Bude in der Nähe des Alten Rathauses duftet es verführerisch, edle Gewänder werden angeboten und auch Pfeile und Bogen für Kinderhände – und vor allem kleine Ritterschwerter.

Doch es soll ja nicht allzu wenige geben, die eigentlich vor allem zum Essen aufs Mittelalterfest kommen: Hanf-Fladen mit Pflaumenmus gibt es, Mutzbraten, knuspriges Brot oder pikantes Nussallerlei namens "Hexentanz". Nicht zu vergessen natürlich die Getränke, die hier manchereins stilecht aus dem Trinkhorn zu sich nimmt.

Bürgermeister German Hacker versäumte es übrigens nicht, gleich bei der Eröffnung darauf hinzuweisen, dass in diesem Jahr durch den Rathaus-Abriss einiges anders ist. "Die Bierbrauer sind diesmal im Innenhof der früheren Bäckerei Lang zu finden", rief der Politiker dem Festvolk zu. Ihr Selbstgebrautes verkauften sie dort für drei "Taler". Und auch das Lagerleben fand diesmal woanders statt, nämlich an der Aurach.

Vor allem am Sonntagnachmittag, vor dem Gewitter, wurde es voll in der Innenstadt. Aus dem ganzen Umkreis waren die Besucher gekommen, um ein bisschen Mittelalter-Flair zu erleben.

Abgerundet wurde das Angebot der professionellen Mittelalter-Stände übrigens von heimischen Akzenten. Etwa vom Heimatverein, der zur Besteigung des Fehnturms einlud, von den Geschichten der Herzo-Lesepaten und Mitmachaktionen im Stadtmuseum.

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