Herzogenauracher Schloss: Feinarbeit an alten Balken

28.2.2020, 12:00 Uhr
Herzogenauracher Schloss: Feinarbeit an alten Balken

Dazu muss man freilich erst einmal wissen, welche Arbeiten auf die Zimmerleute zukommen. Das zu ermitteln, war allein schon eine "Heidenarbeit", wie es Jürgen Ziegler, der Baubegleiter, bei einem Vor-Ort-Termin mit Bürgermeister German Hacker und dem Architekten Christoph Schmidt beschreibt.

Bekanntlich ist das Schloss entkernt, aller Einbauten, Installationen, nachträglich eingezogener Trockenbauwände, Böden und abgehängter Decken entledigt worden. Die Balken wurden danach freigelegt, alle Balken nummeriert, in einem Plan kartografiert, auf ihren Zustand hin begutachtet, entfernte Dielen ebenfalls nummeriert, um sie nach der Balkensanierung wieder originalgetreu einbauen zu können.

Entfernt hat man sie dort, wo die Deckenbalken auf den Wänden aufliegen, Stellen, an denen am ehesten Schäden zu vermuten sind. Alles in enger Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege, der Unteren Denkmalschutzbehörde im Landratsamt und mit Hilfe von Holzgutachtern, Restauratoren, Tragwerksplanern und Architekten.

Herzogenauracher Schloss: Feinarbeit an alten Balken

© Foto: Rainer Groh

Das Schloss hat seine heutige Größe und seine barocke Gestaltung zur Zeit des Fürstbischofs Lother Franz von Schönborn erhalten. Der ließ 1718 und 1719 an den damals schon alten Südflügel anbauen und einen zusätzlichen Gebäuderiegel im Osten errichten.

Bei dieser Groß-Sanierung hat man zum Beispiel Fußboden-Niveaus angeglichen, freilich pragmatisch mit möglichst wenig zusätzlichem Aufwand. So finden sich im Südflügel mehrere Konstruktionen übereinander.

Dieser Umstände wegen fanden sich jetzt bei der Schadensermittlung höchst unterschiedliche Schadensbilder an den Holzbalkendecken, den zentralen Elementen der Sanierung. Alles in allem aber, so die Fachleute, ist die Substanz für ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert in gutem Zustand.

Herzogenauracher Schloss: Feinarbeit an alten Balken

Es gibt aber neuralgische Punkte. In ersten Stock zum Beispiel, auf der Westseite des Ostflügels. Dort muss, vielleicht durch ein undichtes Fenster, einmal Wasser eingedrungen sein. Dort, in der Nähe des Treppenhauses, haben Schönborns Bauleute wohl aus Brandschutzgründen eine sogenannte "Mann-an-Mann-Decke" gebaut: Die Balken (Männer) liegen ohne Zwischenraum direkt nebeneinander, sind vom Wasser morsch gemacht und von Nagekäfer und dem Hausbock zerfressen worden.

Diese schlechteste Stelle im ganzen Bau muss wieder ertüchtigt werden – in einem Denkmal mit historischer Substanz handwerkliche Feinarbeit. Der Zimmermann, der einmal den Auftrag bekommt, wird, so Christoph Schmidt, erst einen "Gesundschnitt" vornehmen, also jeden Balken scheibchenweise so weit absägen, bis sich intaktes Holz zeigt.

Das Weggeschnittene wird dann mit Eichenholz ersetzt, die Rekonstruktion wohl mit einem T-Stahl fixiert. Bei der Gelegenheit wird man auch eine statische Sünde von 1719 beheben: Die Balken sind aufgelegt, danach die tragenden Mauern des nächsten Geschosses auf das Holz gemauert worden. Künftig wird Stein wieder auf Stein liegen.

Wenn diese statischen Sanierungen laufen, ist ein wichtiges Decken-Element in den Räumen darunter gefährdet: der Stuck. Diesen so zu fixieren, dass man im Stockwerk darüber sägen und erneuern kann, ist eine weitere Schwierigkeit. Die Stuckdecken werden deshalb von unten mit Holzringen und jeweils genau bedarfsgerecht aufgepumpten Schläuchen von Schubkarren-Rädern gehalten.

So aufwendig ist die Balkensanierung nur noch im zweiten Stock an der Ostseite des Ostflügels. Im mittelalterlichen Südflügel zeigten sich kaum Schäden. Allerdings tauchte dort unter der barocken Höhenangleichung ein wohl mittelalterlicher Sichtestrich auf. Den müssen sich die Denkmalschützer noch genauer ansehen, bevor es nach Ausschreibung und Vergabe im Mai im Sommer mit den Holzarbeiten losgehen kann.