Höchstadt auf Höhenflug

9.3.2020, 16:55 Uhr
Höchstadt auf Höhenflug

Ein Hexenkessel in der Erlanger Hiersemann-Halle, die schon viele hochklassige Sport-Events gesehen hat. Doch auch die Volleyball-Kreisliga kann Dramen bieten, die kaum ein Drehbuchschreiber besser erfinden kann.

Höchstadt auf Höhenflug

Allein die Ausgangsposition: Die beiden Ersten, Landkreisnachbarn und langjährige Rivalinnen, stehen vor dem letzten Spieltag punktgleich vorne. Und dennoch darf der Sieger des direkten Duells nicht unbedingt jubeln. Denn ginge das Spiel mit 3:2 aus (egal für wen der beiden), würde vermutlich der parallel spielende Tabellendritte TSV Neunkirchen der lachende Dritte sein.

Und das Spiel zwischen Gastgeber Herzogenaurach, der auf ein Heimspiel in der relativ engen Realschulhalle verzichtete und lieber nach Erlangen wechselte, und Höchstadt steuert eigentlich auf das fast logische Spiel mit Tiebreak hin.

 

Auf Augenhöhe

 

Denn wie schon die ganze Saison über erweisen sich die Teams von Aurach und Aisch als irgendwie gleichwertig, obwohl die Spielweise relativ verschieden ist. TCH-Co-Trainerin Elisabeth Dresel bringt es vor der Partie auf den Punkt: "Wir machen es mit Athletik, aber es unterlaufen noch zu viele Fehler, Herzogenaurach mit Erfahrung."

Das gleicht sich lange aus. Dem ersten Satz drückt Nicola Holzapfel ihren Stempel auf. Immer wieder schraubt sie sich auf den Außenpositionen in die Luft und drischt harte Schmetterbälle ins gegnerische Feld. Kein Wunder, dass gerade sie den Satzball zum 25:23 verwandelt.

Doch im zweiten Durchgang haben die Herzogenauracherinnen die Spielweise des Gegners durchschaut. Block und Feldabwehr harmonieren nun bestens. Drei Aufschlagfehler der Höchstadterinnen tun ein Übriges, die TSH wittert nach dem 25:21 Morgenluft. Vor allem die routinierte Stellerin Sabrina Piossek, die vor ihrer Volleyballpause in Veitsbronn jahrelang in der Bayernliga aktiv war, liefert ein Topspiel und hat die Fäden in der Hand.

Trainer Simon Mersmann: "Vor der Saison wollten wir eigentlich nur den Klassenerhalt schaffen. Doch dank Sabrina gab es einen echten Leistungssprung und wir waren plötzlich ganz oben dabei."

Auch im dritten Satz ein ähnliches Bild: Dem TCH, der als Bezirksklassenabsteiger möglichst sofort wieder aufsteigen will, gehen irgendwie die Ideen aus, die TSH hat das Momentum auf ihrer Seite. Bei einer 12:10-Führung knickt auf der Gegenseite Sandra Eigenfeld um, wird minutenlang behandelt und kann nicht mehr weiterspielen.. "Das war eigentlich ein großer Nachteil für Höchstadt, aber letztlich hat er genau das Gegenteil bewirkt", so Mersmann. Denn zwar baute sein Team die Führung noch auf 14:10 aus, aber dann sprang ein Funke auf die Höchstadterinnen über.

Die scheinen für die verletzte Sportkameradin noch eine Schippe drauflegen zu wollen, "während wir aufgehört haben, uns zu bewegen", sagt Mersmann. Höchstadts Trainer Michael Marik wechselt von Anfang an immer wieder neue Akteurinnen ein, sein Gegenüber setzt auf nur sieben Spielerinnen. Die Ausfälle von Josephine Dittner (Kreuzbandriss beim Skifahren) und Helen Hofmann (privat verhindert) sind auf Dauer nicht zu kompensieren.

Die Höchstadterinnen gewinnen nach 18:20-Rückstand den Satz mit 25:18, wobei nun vor allem Marie Lukaszewicz ein paar Punkte mit dem Glück der Tüchtigen gelingen.

Nun ist fast klar: Die Gegenwehr der Herzogenauracherinnen könnte zum erliegen kommen: Aus Neunkirchen ist bekannt, dass der TSV sein erstes, schwierigeres Spiel klar mit 3:0 gewonnen hat. Selbst wenn noch eine Wende gelänge, müsste die TSH in die Relegation. Und so segeln die Höchstadterinnen im vierten Durchgang problemlos zum 25:13 und damit zum 3:1-Sieg. Da sie später auch den TB Erlangen III mit 3:0 in die Schranken weisen, hält die Tabellenführung bis zuletzt – die Rückkehr in die Bezirksklasse ist geschafft.

Dort will man sich im nächsten Anlauf nach dem fast kompletten Generationswechsel halten – mit den Erfahrungen aus der Abstiegssaison und dem Aufwind durch den direkten Wiederaufstieg. Marik: "Im Abstiegsjahr waren wir nicht zu schlecht, sondern einfach zu jung, jetzt ist die Mannschaft gereift und hat sich an mein Spielsystem gewöhnt."

Und was war das Geheimrezept am letzten Spieltag? Marik: "Unbedingter Siegeswille und ein extremer Mannschaftsgeist." Und vielleicht sein Kniff, mit drei Mittelblockerinnen den Gegner ein wenig zu überraschen. Trotz des Hexenkessels gab es aber keine bösen Worte. Im Gegenteil, TSH-Trainer Simon Mersmann gratulierte aufrichtig: "Wir gönnen es Höchstadt von Herzen, das ist eine sympathische Truppe."

 

TSH in der Relegation

 

Die Herzogenauracherinnen hingegen waren nach dem verlorenen Derby auch gegen den Turnerbund von der Rolle und unterlagen mit 2:3. Aber egal: Die Aufstiegschance besteht weiter: Mit Neunkirchen und dem Bezirksklassenvorletzten (wahrscheinlich ist das die TSG Weisendorf) geht es in die Relegation, einer aus diesem Trio bekommt das Ticket für die Bezirksklasse. Und wer weiß: Vielleicht gibt es für die TSH nächste Saison ein Wiedersehen mit den netten Höchstadterinnen . . .

TSH: Seeberger, J. Hofmann, Reck, Ferrand, Zschieschang, Saidi, Piossek, Goblirsch, Schaub, Hartmann.

TCH: Bechmann, Harrer, P. Lukaszewicz, Dietsch, C. Holzapfel, Bonenberger, Eigenfeld, Lukaszewicz, N. Holzapfel, Lisch, J. Dresel.