Höchstadt: Wissenswertes um fränkisches Leib- und Magenthema

23.4.2017, 05:46 Uhr
Höchstadt: Wissenswertes um fränkisches Leib- und Magenthema

© André De Geare

"Alles trinkt Bier". Diesen Satz von Nikolaus Haas über die Ernährungs- und Trinkgewohnheiten der Höchstadter zitiert Welker in seiner Schrift im letzten Kapitel. Darin beschäftigt er sich mit der spezifischsten Zutat für das Volksgetränk, dem Hopfen. Der wurde nämlich im Aischgrund um Höchstadt und Lonnerstadt jahrhundertelang mit Unterbrechungen zwar, aber höchst erfolgreich angebaut. Der Aischgründer Hopfen stand dem Erzeugnis aus heute bekannteren Anbaugebieten in nichts nach. Seiner Qualität wegen wurde er sogar bis nach Böhmen verkauft – und von dort hin und wieder als "böhmischer" zurück ins Bamberger Land.

Auch dies steht in Welkers Schrift nachzulesen, die nicht nur faktenreich ist, sondern auch dem Thema angemessen nicht immer staubtrocken zu lesen. Beispiel: Wer weiß schon, dass das Reinheitsgebot von 1516 einen Vorläufer hat, nämlich einen Erlass des Bamberger Fürstbischofs Heinrich III. Groß von Trockau? Der war Landesherr unter anderem von Höchstadt und regierte von 1487 bis 1501. Und er erhob ein sogenanntes "Ungeld", eine Art Umsatzsteuer auf die Erzeugung von Bier. Wo Steuer, da Definitionsbedarf: Der Fürstbischof ließ erklären, was steuerrechtlich "gutes Bier" war, ein Getränk, für das man "nichts mere dann malczs, hopffen und wasser nemen und brauchen" sollte. 1489 erging dieser Erlass, 26 Jahre vor dem bayerischen Pendant.

Ein Qualitätsmerkmal. Das Höchstadter Bier, ist in Welkers aus vielen Quellen zusammengetragener Schrift zur Heimatpflege im Landkreis Erlangen-Höchstadt zu lesen, war berühmt für Güte. Und entsprechend begehrt. Bei den Einheimischen, die nach einer von Welker genannten Statistik um 1888 mit dem Pro-Kopf-Verbrauch bei 283,7 Litern im Jahr lagen — gut 35 Liter über dem Schnitt im bestimmt nicht bierverachtenden Königreich Bayern (248 Liter).

Aber auch bei Gästen — gebetenen und ungebetenen. Fürstbischof Johann Philipp Anton von Franckenstein fragte anlässlich seiner Huldigung am 26. Oktober 1750 eigens nach "altem Bier" aus Höchstadt, sprich im März extra stark und haltbar eingebrautem Märzen. Bei einer fürstbischöflichen Jagd von Adam Friedrich von Seinsheim konsumierte die Gesellschaft 31 Eimer des Höchstadter Qualitätsgebräus, zitiert Welker. Und lässt wissen, dass das Hohlmaß "Eimer" in Nürnberg immerhin 73,2 Litern entsprach, in anderen Gebieten noch mehr. Somit haben die fröhlichen Waidmänner knapp 2782 Liter Bier getrunken. Auch ungebetene Gäste, etwa französische Soldaten, die im Zug der Revolution 1796 in Höchstadt einquartiert waren, statteten dem Kellerberg Besuche ab, die für die Brauer und ihre Vorräte ruinös wurden.

Womit das in den Nackendorfer Knock gehauene Kulturerbe angesprochen ist. Den Kellerberg und seine Geschichte spricht der Kreisheimatpfleger in seinem Büchlein natürlich ausführlich an.

Auch die weniger genussreichen Kapitel der Aischgründer Biergeschichte, etwa der "Bierkrieg" zwischen Höchstadt und Lonnerstadt, werden dargestellt, ein Rechtsstreit, der Ende des 17. Jahrhunderts das Reichskammergericht zu Wetzlar lange beschäftigte — und 1715 ausartete.

Anlass wie bis heute häufig: das Geschäft. Höchstadter Bier wurde längst in der ganzen Region von Adelsdorf bis Uehlfeld verkauft. Aber auch die Lonnerstadter, nicht nur konfessionell, sondern auch herrschaftlich anders, hatten das Braurecht, betrieben etwa ein Dutzend Brauereien und verhandelten Bier ebenfalls im ganzen Aischgrund — sogar in Höchstadt wurde es verkauft.

Der Rat der Stadt Höchstadt ließ daraufhin den Lonnerstadtern das Brauen und Ausführen von Bier verbieten und die Ware in Höchstadt pfänden. Schließlich, so die Begründung, war Höchstadt eine Stadt, hatte das Bierbrau-Privileg schon 1433 vom Fürstbischof Anton von Rotenhan verliehen bekommen mit der Maßgabe, dass eine Meile um Höchstadt keine Konkurrenz entstehen dürfe.

Keller besetzt

Die Reichsstadt Nürnberg erhob namens ihrer Lonnerstadter Untertanen 1699 Einspruch bei der fürstbischöflichen Regierung in Bamberg und die Sache landete in der Wetzlarer Reichsinstanz. 1714 gab es immer noch kein Urteil. So marschierten im Juli 60 Höchstadter auf gegen die Konkurrenz in der Nachbarschaft, besetzten die Lonnerstadter Keller und schlugen den Bierfässern dort die Böden ein. Die Lonnerstadter wehrten sich und die "Invasoren" mussten den Rückzug antreten.

Anfang 1715 gab es ein Urteil. Es gebühre den Höchstadtern nicht, die Lonnerstadter beim freien Ausschenken und Ausführen ihres Biers zu stören. Beide durften also weiterbrauen und taten dies auch ausgiebig.

Viel Wissenswertes also um ein fränkisches Leib- und Magenthema. Und dies auf gerade 45 bebilderten Seiten. Der siebente Band der Schriften zur Heimatpflege ist eben gehaltvoll und trotzdem süffig, wie ein gutes Märzen.

Keine Kommentare