Kein Hitzefrei für Bauarbeiter und Ganztagesschüler

23.7.2013, 09:00 Uhr
Kein Hitzefrei für Bauarbeiter und Ganztagesschüler

© Iannicelli

Mit dem Handtuch wischt sich Mustafa Tsakir von Emre’s Döner-Bude den Schweiß von der Stirn. „Wenn es draußen 30 Grad hat, sind es hier drinnen 50 Grad“, weiß der Döner-Mann. Sein Sohn Emre ergänzt: „Im Winter ist es für uns angenehm und für die Kundschaft draußen nicht“. Und jetzt im Hitzesommer sei es eben genau umgekehrt. Aber beide, Vater und Sohn, freuen sich schon auf die abendliche Abkühlung im Freibad. Eigentlich dürften die Türken jetzt, im Fastenmonat Ramadan, bis abends 21.30 Uhr, auch nichts trinken. „Aber das hält man einfach nicht aus“, sagt Mustafa leicht resigniert.

Bier als Durstlöscher ist beim Straßenbau der Firma Raab in der Hauptstraße längst offiziell verboten. Und einfaches Mineralwasser mag Maurer Michael Zillig („Seit 48 Jahren in diesem Gewerbe“) eigentlich nicht. Die unbarmherzige Mittagssonne hat seinem rotbraunen, entblößtem Oberkörper längst den Stempel aufgedrückt. Sein Capo Michael Kiefert — ebenfalls „oben ohne“ — bedient sich derweil mit kräftigen Schlücken aus der 1,5-Liter-Plastikflasche. Sechs Liter Wasser trinkt er an heißen Arbeitstagen wie diesen.

Mit Sonnencreme einschmieren hilft nicht viel, so seine Erfahrung. Dann schwitzt man „noch mehr“ und der Baustaub klebt am ganzen, eingecremten Körper. Die Erlösung: Am Dienstagabend wird Kiefert erstmal kalt Duschen und sich dann im Schatten ausruhen.

Im Seniorenheim „Liebfrauenhaus“ achten die Pflegekräfte an diesen brütend heißen Tagen noch mehr als sonst auf ihre Heimbewohner. Pflegedienstleiterin Martina Lehmann: „Wir schauen vermehrt darauf, dass alle genügend trinken und mittags nicht rausgehen“. Alte Menschen hätten kein Durstgefühl mehr als Warnsignal. Natürlich könne man niemanden einsperren, sondern nur „an die Vernunft appellieren, drin zu bleiben“. Wenn einem Bewohner die Hitze „ganz arg“ zusetze, müsse eben der Arzt gerufen werden. An der Sonnenseite des Heimes würden außerdem Rollos heruntergelassen oder Vorhänge zugezogen.

Auf „hitzefrei“ warten die Herzogenauracher Grundschüler vergeblich. Seit der energetischen Sanierung sei es im ganzen Schulhaus angenehm kühl, sagt Rektorin Gabriele Lommer. Außerdem empfände sie es als „ungerecht“, die Regelschüler bei hitzefrei vorzeitig nach Hause zu schicken, und die Ganztagesschüler bis zum Ende des Schultages im Haus zu halten. Gerade für Eltern von Ganztagesschülern würde ein vorzeitiges Unterrichtsende „erhebliche Schwierigkeiten“ machen. Das hatte auch eine Elternumfrage angesichts vermehrter Krankheitsausfälle unter Lehrkräften gezeigt.

Anders dagegen die Praxis an der Realschule. Dort gab es vor 14 Tagen hitzefrei. Und für diese Woche „wurde der komplette Nachmittagsunterricht abgesagt“, erklärt Schulleiter Ulrich Langer. Dennoch tönen selbst am gestrigen Hitzenachmittag Kinderstimmen durchs Schulhaus. Die offene Ganztagesschule „findet planmäßig statt“. Die sonst übliche Hausaufgabenbetreuung fiel jetzt allerdings aus. Ein Teil der bis 110 Ganztagesschüler verschwand mit dem Sportlehrer im Freibad. Andere spielten Fußball oder vergnügten sich beim Tischtennis spielen und am Kicker.

Keinerlei „Hitzealarm“ meldete die Herzogenauracher Polizei, „Nur der Kollege schwitzt“, so ein Polizeisprecher. Auch der ASB-Rettungsdienst musste bisher „keine typischen Hitzeopfer“ ins Krankenhaus bringen, so Jens Kasberger aus der Rettungswache in Erlangen. Auffällig sei allerdings die Häufung von Fahrradunfällen in Herzogenaurach gewesen. „Eine Woche lang an jedem Tag ein Unfall“. Ob aber die Hitzequal die Konzentration von Fahrrad- oder Autofahrern verringert hatte, wusste der ASB-Geschäftsführer nicht. Sein Hitze-Tipp: leichte Kleidung, nur leicht Verdauliches essen und sich in kühlen Räumen aufhalten.

Bei der Elektrofirma Dirsch sind längst alle Klimaanlagen abverkauft. In der Landwirtschaft befürchtet BBV-Referent Christian Merz längst „massive Ernteausfälle“. Alleine durch die Frühjahrsüberschwemmungen sei die Grünlandernte um 30 Prozent zurückgegangen. Durch die aktuelle Hitze vertrockne nun das Gras beim Wachstum. Der im Frühjahr verpönte Regen lässt jetzt auf sich warten.

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