Langer Atem: Job für Flüchtling Seifu als Feuerverzinker

22.3.2017, 15:50 Uhr
Langer Atem: Job für Flüchtling Seifu als Feuerverzinker

© Foto: privat

"Für die Flüchtlinge ist es ungeheuer wichtig, vor Ort arbeiten zu können", weiß Carolin Koch, die für die Diakonie Bamberg-Forchheim in der Höchstadter Gemeinschaftsunterkunft als Asylsozialberaterin tätig ist. "Erst durch einen Job können sich die Sprachkenntnisse wirklich festigen und neue Kontakte auch außerhalb der Unterkunft geknüpft werden." Die Beraterin sieht hierin einen sehr wichtigen Faktor einer gelingenden Integration. Das Angebot der Wiegel-Gruppe, im Höchstadter Werk Flüchtlingen die Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben, kam da wie gerufen.

Viel Bürokratie

"Wir bemühen uns schon länger, Geflüchteten die Möglichkeit zu geben, bei uns zu arbeiten", berichtet Reinhard Sperber, kaufmännischer Geschäftsführer der Wiegel-Gruppe. Dass das gar nicht so einfach ist, musste man bei Wiegel allerdings schnell feststellen. Asylgesetz und Bürokratie verhinderten immer wieder den Erfolg der ersten Versuche in dieser Richtung.

Ein Grund für die Wiegel-Gruppe, eine Werkstudentin halbtags einzustellen, die nur für dieses Projekt zuständig ist. Bettina Bruhn baute die Kontakte zur Arbeitsagentur aus, sprach mit den Asylsozialberatern vor Ort und hatte einen langen Atem, was den Schriftverkehr mit den Behörden anging.

So konnte dann vergangenen Herbst Carolin Koch mit interessierten Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt Bewerberbögen ausfüllen. Die Geflüchteten hatten auch die Möglichkeit, das Wiegel-Werk vor Ort zu besichtigen.

Seifu war mit dabei. Er besuchte über einen Zeitraum von zwei Monaten an zwei Tagen pro Woche den von der Wiegel-Gruppe finanzierten Sprachkurs in Nürnberg, den Bettina Bruhn speziell für diese Gruppe von neuen Mitarbeitenden organisiert hatte, lernte dort Fachbegriffe aus dem Bereich der Feuerverzinkung und das Notwendige über die Sicherheitsstandards im Werk.

An den anderen drei Tagen der Woche arbeitete er als Praktikant in der Feuerverzinkerei in Höchstadt und erlebte die Arbeitsabläufe in der Praxis.

Dann stand die von beiden Seiten gewollte Übernahme an, der jedoch behördliche Hindernisse im Wege standen. "Da mussten wir uns wirklich dahinterklemmen", berichtet Bettina Bruhn. Denn der Status von Seifus war noch nicht klar. Immer wieder fehlten Papiere, mussten Fragen beantwortet und bei den Behörden nachgehakt werden. Dank der Hartnäckigkeit des Unternehmens, der Zuarbeit von Carolin Koch, dem Engagement von Ehrenamtlichen des Helferkreises "Höchstadts helfende Hände" und das Signal des Flüchtlings, sich in Höchstadt integrieren und auch arbeiten zu wollen, kam Ende Februar endlich der Bescheid über die Duldung des Äthiopiers und grünes Licht für die Anstellung.

"Wir brauchen dringend Mitarbeitende in unseren Werken", so Reinhard Sperber, weshalb die Wiegel-Gruppe das Projekt zur Integration weiterführen wird. Das Unternehmen plant, den Flüchtlingen nach erfolgreicher Einarbeitung die Teilnahme an dem Lehrgang zur "Fachkraft Feuerverzinken IHK" zu ermöglichen. Dieser Fortbildungsweg wurde mit der IHK Koblenz eingerichtet, da es keinen speziellen Ausbildungsberuf für Feuerverzinker gibt.

Bezahlbarer Wohnraum

Ein großer Fallstrick bei der Mitarbeitergewinnung sei aber immer wieder die Frage nach bezahlbarem Wohnraum vor Ort, so der kaufmännische Geschäftsführer. Dass dieses Problem auch anerkannte Flüchtlinge trifft, erfährt auch Carolin Koch in ihrer Arbeit. Das Plädoyer für bezahlbaren Wohnraum geht deshalb als ein großes gemeinsames Anliegen von Wirtschaft und Asylsozialberatung an die Kommunen. Seifu steht dieses Problem noch bevor; als Geduldeter kann er aber noch einige Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft wohnen.

Mit der Stelle bei Wiegel hat sich für ihn auf jeden Fall erst einmal eine neue Perspektive eröffnet: "Jetzt ist Seifu dran und kann uns beweisen, dass er diese Chance auch wirklich will", meint Reinhold Taut, der das Werk in Höchstadt leitet.

Dass die Integration im Werk und vor Ort erst am Anfang ist, ist allen bewusst. "Aber wir stehen hinter unseren Mitarbeitenden – egal, welcher Herkunft", darin sind sich Taut und Sperber einig.

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