Leistungsschau der Kunsterziehung

1.2.2010, 00:00 Uhr
Leistungsschau der Kunsterziehung

© Roland Huber

Berechtigtes Bedauern. Was die zwölf Schüler - zehn weiblich und zwei männlich - in einem Jahr geschaffen haben, hätte eine längere Ausstellung verdient als diesen einen Abend in Aula, Fluren und Zimmern des Schulhauses. Die jungen Künstler präsentierten Werke unterschiedlichster Genres, unterschiedlichster Materialien und/oder Medien - aber immer aus originellen Ideen geboren und oft mit Witz umgesetzt.

Medienkunst etwa. Alexandra Deistler zeigte ihre Computer-Animation «Stop Motion - ein lebendes Tattoo». Eine gezeichnete Raupe wandert - dekorativ - über den Körper eines Mädchens, wandelt sich zum Insekt. Als ein Junge ins Bild tritt, bringt er ein gezeichnetes Chamäleon mit, das das Insekt schluckt - schön anzusehen, witzig und mit «zweiter Deutungsebene».

Stefanie Neubing benutzte verschiedene Medien, vor allem Fotografie und Video, Ballett zu «abstrahieren», wie sie es nennt. Den Effekt besorgt im Video vor allem die nicht gerade ballettöse Umgebung einer Lagerhalle, deren Dreck und Gerümpel die Künstlerin in weißem Dress durchtanzt und sich aus der Gewalt finsterer Gestalten befreit. Streng stilisierte Bilder mit einem Hauch Erotik.

Einer der Favoriten beim Publikum aus Eltern und Verwandten, Freunden des Gymnasiums und Freunden der Kunst, vereinsorganisiert oder nicht, war die Arbeit von Isabel Claus. Sie stellte alte Fotos aus dem Familienalbum mit den gereiften Protagonisten nach - und erzielt mehr als den Wiedererkennungs-Schmunzeleffekt. Lebenslinien zeichnen die Bilder, Veränderungen am Äußeren und Konstanten im Ausdruck der Persönlichkeit. Und dass auf einem neuen Bild der Mann vom alten nicht mehr drauf ist - das ist das Leben.

Verwandt in der Idee: Linda Hellmold zeichnete ihre eigenen Kinderzeichnungen mit ihrem heutigen Wissen und Können nach. Und der Betrachter kann darüber nachdenken, ob und wenn ja, wie besseres zeichnerisches und malerisches Handwerk tatsächlich auch bessere Bilder produziert. Sagte Leistungskurs-Kunstlehrer Michael Rix doch: «Kinderbilder kann ich nicht kritisieren. Sie sind perfekt.»

Ebenfalls viel Anklang bei den Betrachtern fand die etwas andere Food-Fotografie von Frederick Hoffmann. Er verfremdet Blasen auf der Limonade oder die porige Schale einer Zitrone zu Grafiken oder eine faltige rohe Rindsroulade zum Mausgesicht. Titel «Essen und Trinken: ein photografisches Stillleben». Eine fotografische Aufarbeitung «eines Lebenswandels», so der Titel, ist der Stoff für Andreas Willwohls Fotoroman, dessen Bilder einzeln ausgestellt waren. Eine Facharbeit über einen Mann und zwei Frauen. . .

Kathrin Konturek hat dagegen richtig klassisch gezeichnet - und das im Stil eines großen Meisters: «Verfremdung mit Dürer» fand Anklang.

Mit Abfall befassen sich zwei Arbeiten. Einmal die dekorativen Gefäße, die Tanja Gimberlein aus weggeworfenen Gefäßen neu zusammengefügt hat: aus Plastik- und Glasflaschen, verschiedenfarbigen Konservengläsern.

Mirjam Nix hatte sich von Klassikern des «Trash Design» zu Möbelstücken aus Altreifen, Fahrradschläuchen, einer Waschmaschinentrommel oder einem Mini-Trampolin inspirieren lassen - extravagant und Loft tauglich, freilich nicht gerade Behaglichkeit ausstrahlend.

Angewandte Kunst auch die Sache von Lena Schusters Arbeit. Sie entwarf Kleider, aufbauend auf Form und Farbe von Blumen: Mairose, Calla-Lilie oder rote Rosen. Und sie bot den Besuchern eine Modenschau, die zeigte, dass ihre Idee zu durchaus tragbaren Kleidern geführt hat. Alle Achtung vor der Schneiderkunst.

Erstaunlich auch die witzige Verwendung braver Handarbeit bei Lucia Hornfischers bestickten Bildern. Grundlage: Fotos von nackten Körpern, auf die vor der Aufnahme Dias mit grafischen Mustern projiziert worden waren. Diese «Ornamente» verfremdete, verstärkte, karikierte Lucia Hornfischer mit Nadel und Faden und verhalf mit der Stickerei den Fotos zu neuen Oberflächen einer dritten Dimension und ganz neuem Reiz. Eine garantiert analoge Bildbearbeitung ganz eigener Art. RAINER GROH