Lernen als Abwechslung und als Chance

20.1.2016, 14:00 Uhr
Lernen als Abwechslung und als Chance

© André De Geare

HERZOGENAURACH — Ein Paket für den Deutschunterricht hatte das Förderzentrum den ehrenamtlich tätigen Lehrern zunächst ausgeliehen – und als es sich bewährt hat, als Spende nun komplett überlassen. Das war möglich, weil die Schüler fleißig für den Weihnachtsbasar gebastelt hatten und ihre Werke dort verkauft hatten. Der Erlös kommt nun den Flüchtlingskindern zugute. Karola Anders: „Und wir haben noch ein wenig Geld übrig, wenn also noch etwas gebraucht wird, könnten wir also nachlegen.“

Unter den 500 Menschen aus aller Herren Länder, die derzeit in der Ohmstraße untergebracht sind, befinden sich etwa 70 Kinder im schulpflichtigen Alter. Solange sie in einem Erstaufnahmelager leben – „und das kann 14 Tage oder ein halbes Jahr lang dauern“, so Hans Meister –, haben sie noch kein Anrecht darauf, eine Schule zu besuchen.

Vier Lehrer im Ruhestand – Gudrun Bauer, Ursula Cremerius, Gerdi und Hans Meister – wollen nun gemeinsam mit einer Teilzeitkraft, die beim Arbeiter-Samariter-Bund beschäftigt ist, zumindest eine Basis für die Integration schaffen. Die Initiative ging wieder einmal von der rührigen Herzogenauracher Flüchtlingsbetreuung aus.

Am ersten „Schultag“ Mitte Dezember war der Andrang so groß, dass die Pädagogen beschlossen, die Kinder in zwei Gruppen aufzuteilen. Es waren 40 Kinder zwischen sechs und 15 Jahren gekommen, sowohl räumlich als auch personell wäre man da an Grenzen gestoßen. Aktuell werden die Kinder – altersmäßig aufgeteilt – nacheinander an vier Tagen der Woche unterrichtet. Jeder der pensionierten Lehrer übernimmt an einem Tag eine Gruppe, die ASB-Teilzeitkraft an allen Tagen die andere.

„Die Kinder machten alle einen sehr interessierten Eindruck“ berichtet Ursula Cremerius. Schließlich ist das Leben in dem alten Baumarkt inmitten des Gewerbegebiet nicht gerade aufregend, da ist der Unterricht eine willkommene Abwechslung – und die Chance, schneller in Deutschland „anzukommen“.

Doch die „Beschulung“ gestaltet sich im Detail doch schwierig. Schließlich haben die jungen Flüchtlinge höchst unterschiedliche Vorkenntnisse. Manche haben nie einen Kindergarten oder eine Schule besucht, andere zwar sehr wohl, aber sie beherrschen eben in den meisten Fällen nur die arabische Sprache und deren Schriftzeichen. Es gebe auch einige Ausnahmen, die sogar rudimentär Englisch sprechen.

„Aber Deutsch kann eigentlich bis auf die paar Brocken, die sie in den vergangenen Wochen gelernt haben, keiner“, so Hans Meister. Nun geht es vor allem darum, ihnen der Elementarwortschatz nahe zu bringen und idealerweise auch einfach grammatikalische Regeln.

Dafür eignet sich die Materialbox „Erzähl mir was!“ aus dem Finken-Verlag. Spielerisch wird mit Karten-, Würfel- und Brettspielen die neue Sprache erkundet. Die Kinder müssen Begriffe nicht nur zuordnen, sondern vor allem auch viel sprechen und ganze Sätze aus den abgebildeten Personen und Dingen bilden.

Ein wichtiges Ziel sei es, dass die Kinder möglichst gut auf den Moment vorbereitet werden, an dem sie nach dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung in eine echte Schule überwechseln. „Da ist es schon wertvoll, wenn sie wissen, wie es in einem deutschen Klassenzimmer aussieht und wie die ganzen Dinge heißen, die sich dort befinden“, erklärt Gerdi Meister.

Wenn dann noch Zeit bleibt, soll neben dem Sprechen auch das Schreiben geübt werden. Hans Meister nennt es „die Anbahnung der Grundkenntnisse der deutschen Schrift“. Manche Kinder müssten aber erst einmal lernen, wie man einen Stift richtig hält.

Keine Kommentare