Mahnung an die Landwirtschaft

19.2.2020, 11:57 Uhr
Mahnung an die Landwirtschaft

© Foto: Roland Huber

Der Rundfunkjournalist, früher Vatikan-Korrespondent des BR, war am Montag Referent beim Landfrauentag in der Mehrzweckhalle. Und er reicherte die Diskussion um die Rolle der Landwirtschaft in der Gesellschaft um eine in derartigen Fachkreisen nicht zu häufig zu hörende Stimme an, die der Verbraucher.

Und zwar nicht jener Verbraucher, die grundsätzlich eine ganze Branche verteufeln, wenn, wie jüngst im Allgäu, skandalöse Zustände in einem Betrieb aufgedeckt werden, sondern um die Sicht der Verbraucher, deren Grundvertrauen man (wieder) gewinnen könnte. Denn die meisten hätten ja ein Wohlwollen gegenüber den Bauern und Respekt vor der wichtigen Arbeit, gesunde Lebensmittel zu produzieren.

Vergleich mit der Kirche

Forchheimers Vergleich mit der Kirche: Aberhunderte leisten in kirchlichen Diensten für das Gemeinwesen segensreiche soziale Arbeit. Einige begehen Missbrauchsverbrechen, die zu Recht enthüllt werden. Anstatt aber die Schuldigen zu benennen, auszugrenzen, habe die Kirche die Anklagen als Angriff auf die Institution begriffen und sich gegen die Ankläger gestellt, nicht gegen die Schuldigen.

Vor dem gleichen Missverständnis warnt Forchheimer die Landwirtschaft. Die Bauern, die ihren Beruf fachmännisch und ehrlich ausüben, also die allermeisten, müssten sich klar distanzieren von den schwarzen Schafen – auch und vor allem auf Verbandsebene. Sonst würden sie von den Verbrauchern mit jenen in einen Topf geworfen und – wirtschaftlich – gemieden. Es könnte also auch an der Reaktion der Bauernschaft liegen, wenn sie in Bausch und Bogen verurteilt werden.

Maximale Transparenz, Einblick geben in ihre Betriebe und in ihre Produktionsweise, direkten Kontakt zu den Verbrauchern suchen, das waren Ratschläge des Verbrauchers Forchheimer, als Journalist Fachmann für öffentliche Reaktionen: "In dem Maße, in dem Sie sich nicht verstanden fühlen, haben Sie wahrscheinlich die anderen nicht richtig verstanden."

Manchmal, merkte Forchheimer an, muss man sinnlose Kämpfe auch einfach aufgeben. Beispiel Glyphosat: Es habe keinen Sinn, an dem Stoff festzuhalten, der ohnehin bald von der EU verboten werde und den Verbrauchern einfach nicht vermittelbar ist. Und überhaupt: Er und viele Verbraucher verstünden nicht, dass sich so viele Landwirte von einigen Firmen der chemischen Industrie vorschreiben ließen, wie sie ihren Beruf ausüben sollen.

Frust schieben bringe nichts. Er sei sicher: Wenn die Landwirtschaft ehrlich mit sich selbst sei und auf die Rufe aus der Gesellschaft höre, dann, so Forchheimer, "können Sie viele gute neue Freunde bekommen".

Doch gerade vom Frust hatte gleich zu Beginn die Kreisbäuerin Evi Derrer in der vollen Halle gesprochen – vor Landrat Alexander Tritthart, dem Landtagsabgeordneten Walter Nussel, Bernhard Seeberger, dem Gastgeber, einigen seiner Bürgermeisterkollegen und einer Königin: der bayerischen Meerrettich-Majestät Theresia Reichhold.

Lebensmittel werden als Ramschware verhökert mit zynischen Slogans wie "Essen hat einen Preis verdient: den billigsten".

Die Deutschen hätten genug Geld für Urlaube, Autos, Handys und Kleidung, nur nicht für gute Lebensmittel. Die Städter, klagte Evi Derrer, "werden praxisfremd aufgeklärt" über Landwirtschaft, Landwirte würden nur noch gebraucht, um an billiges Bauland zu kommen oder an billige Landschaftspflege. Derrer: "Wir fordern mehr Wertschätzung unserer Arbeit".

Ganz andere Gedanken als die des Referenten. Deshalb fand auch gleich nach dem Vortrag das statt, was Tassilo Forchheimer als unabdingbar bezeichnet hatte: offener Austausch.

Ebenfalls guter Ton in unterschiedlichen Stimmlagen kam, wie es Tradition ist, vom Landfrauenchor. Es dirigierte Sandra Haagen.

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