Mikroben als Freund und Helfer im Alltag

25.11.2018, 06:45 Uhr
Mikroben als Freund und Helfer im Alltag

Ein Schuss aus der braunen Flasche gehört immer dazu, wenn Isolde Hahn ihre Gießkanne mit Wasser füllt. Die 62-Jährige schwört auf "Effektive Mikroorganismen" (EM). In der braunen Flasche lebt eine Multimikroben-Mischung, die aus Milchsäurebakterien, Hefen, Pilzen und Photosynthese-Bakterien besteht. Die meisten der unsichtbaren Helfer in der Nährlösung werden traditionell auch zur Herstellung von Lebensmitteln verwendet wie Sauerkraut, Bier oder Joghurt.

Mikroben als Freund und Helfer im Alltag

Treffen die Mini-Organismen auf organisches Material, produzieren sie nützliche Substanzen wie Vitamine, organische Säuren oder Antioxidantien. "Sie maximieren die positiven natürlichen Kräfte." Das jedenfalls ist die Erfahrung von Isolde Hahn. Deshalb impft sie ihr Wasser mit EM – das soll dem Boden gut tun und den Pflanzen. Wissenschaftlich [3]haltbare Belege dafür fehlen. Das hat laut Wikipedia auch der Japaner Teruo Higa [/3]eingeräumt, der das kommerzielle EM-Konzept 1982 entwickelt hat.

Isolde und ihr Ehemann Alfons beobachten in ihrem Garten in Höchstadt aber überraschende Wirkungen, die sie auf die EM zurückführen. "Das Gemüse wächst deutlich besser — wir haben tollen Brokkoli, riesige Möhren und guten Rosenkohl." Auch für den Geschmack, meinen Hahns, leisten die Mikroben ganze Arbeit.

Vor sechs Jahren war Isolde Hahn in Etzelskirchen bei einem Vortrag über die Heilkunde der Hildegard von Bingen. Der Referent hat damals von seinen Erfahrungen mit EM berichtet und die 62-Jährige neugierig gemacht. "Besonders überzeugt hat mich der Ansatz, dass etwas Ökologisches den Einsatz von Chemie überflüssig macht," sagt die Mitarbeiterin einer Krankenkasse.

"Einfach ein Hobby"

Dabei geht es nicht nur um Kunstdünger im Garten oder in der Landwirtschaft. EM werden auch eingesetzt, um die Gesundheit zu verbessern – zum Beispiel die Darmflora. Auch Tiernahrung wird mit EM. Das Ehepaar Hahn schwört auf Mikroben an allen Ecken und Enden — im Putzwasser, in der Zahnpasta, im Duschgel. Alfons Hahn hat sich zum EM-Berater ausbilden lassen und verkauft die Mischungen auch. Leben kann er davon aber nicht – "das ist einfach ein Hobby", betont der 62-jährige Frührentner. Dem Ehepaar gehe es darum, die Wirkungsweise bekannter zu machen.

Deshalb organisieren Hahns einmal im Monat einen "Stammtisch Effektive Mikroorganismen". Ein kleiner Kreis Interessierter trifft sich dann im Restaurant Aischblick in Höchstadt. Die Themen reichen von Gartentipps bis hin zum Vortrag "Erderwärmung stoppen – was kann der Einzelne tun, was bewirken die EMs?" oder "EM in der Zahntechnik – Was entscheidet über Erfolg oder Misserfolg beim Zahnersatz?".

Die Stammtisch-Besucher, meint Alfons Hahn, seien oft ältere Semester. Jüngere hätten wenig Zeit, sich mit alternativen Dingen auseinanderzusetzen. Skeptiker kommen zu den Stammtischen nicht, aber im Bekanntenkreis und in der Verwandtschaft wird das Mikroben-Engagement der Hahns durchaus manchmal als "Spinnerei" angesehen.

Das Ehepaar nimmt es gelassen. Es sammelt weiter praktische Erfahrungen. Zum Beispiel im Frensdorfer Badesee. Der zweite Bürgermeister der oberfränkischen Gemeinde, Norbert Neudorfer, habe sich 2017 mit ihnen in Verbindung gesetzt, erzählen Hans.

Der Grund: Wegen massiver Probleme mit der Wasserqualität war der Weiher gesperrt. Er brauchte dringend eine Frischekur. Im Herbst brachten Hahns mehrere Hundert Liter EM-Lösung in den 4500 Quadratmeter großen Badesee ein. Die Idee: Bakterien erzeugen Sauerstoff und hemmen das Wachstum der Algen. Im Frühjahr 2018 wurde die Aktion wiederholt.

Als die Veralgung im August wegen der anhaltenden Hitze und Trockenheit wieder zunahm, stellten die Mitglieder des Fördervereins Naturseebad unter Anleitung von Alfons und Isolde Hahn 1500 sogenannte "Dangos" her, Klöße aus Lehm oder Tonerde, vermischt mit Urgesteinsmehl, Keramikmehl und EM. Sie sollten die natürliche Wasserbelebung voranbringen.

Das Gesundheitsamt, so Hahns, habe zehn Tage später die Wasserqualität überprüft und nichts beanstandet. Den ganzen Sommer herrschte Badefreude in Frensdorf. Die Kosten für die "Behandlung" lagen im vierstelligen Bereich. Zusätzlich hat die Gemeinde einen Frischwasserzulauf zum Weiher gelegt.

Der Stammtisch "Effektive Mikroorganismen" beschäftigt sich am 7. Februar 2019 mit dem Thema "Gesunder Darm – gesunder Mensch" und am14. März: "EM im Garten – Auswirkung auf Qualität und Inhaltsstoffe der Pflanzen". Beginn ist jeweils um 19 Uhr im Restaurant Aischblick, Große Bauerngasse 88a, Höchstadt.

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