Mit urkomischer Choreographie auf Platz eins

10.2.2020, 07:00 Uhr
Mit urkomischer Choreographie auf Platz eins

© Thomas Hahn

Wie sonst lässt es sich erklären, dass sich in der kleinen Turnhalle des TSV Aschbach gefühlt fast 1000 Zuschauer an Biertischen und in den Gängen drängen? Und dass dieses Event bei seiner zweiten Auflage doppelt so viele Gäste anlockte wie vor einem Jahr? Eher jung sind die Gäste, und es darf ruhig mal etwas derb und anzüglich zugehen, was nicht ausbleibt, wenn die Herren der Schöpfung auf der Bühne auch die Frauenrollen übernehmen müssen.

Es ist so etwas wie ein Franken-Gipfel, denn aus den drei Regierungsbezirken kommen die neun Gruppen, die in dem Örtchen, wo der berühmte Drei-Franken-Stein steht, um Pokale tanzen. Aber vor allem um Ruhm und Ehre – oder nur zum Spaß. Denn nicht jeder will ernsthaft um den Sieg konkurrieren. Die Jungs aus Geiselwind zum Beispiel hatten einfach Riesenpech: Das Los bescherte ihnen den letzten Auftritt, und dann hatten die Gastgeber sie ganz hinten im Saal platziert. Direkt neben der Bar. Das konnte nicht gut gehen.

Mit urkomischer Choreographie auf Platz eins

© Foto: Thomas Hahn

Zwar konnten die Geiselwinder ihre Choreographie von Michael Jacksons Thriller unfallfrei über die Bühne bringen, doch dann entriss einer der Tänzer dem verblüfften Moderator Julian Biberger das Mikrofon und erklärte mit leichtem Zungenschlag, dass seine Gruppe keine Zugabe mache, "weil wir keine drauf haben. Wir werden nie einen Pokal gewinnen, aber wir haben einfach Riesenspaß". Sagte es und stakste etwas unsicher vom Podium.

Aber ansonsten nehmen die Ballette ihre Auftritte schon ernst. Sie stellen sich den strengen Blicken der Jury, in der jede Gruppe einen Vertreter stellt. Thematik, Originalität, Kreativität, Schritt- und Bewegungsvielfalt, Kostüm, Ausführung, Musik und Choreographie sind die Kategorien, die benotet werden. "Das ist natürlich oft Geschmackssache", gibt Jurymitglied Tanja Günster vom heimischen Organisationsteam zu. Wobei die lokalen Ballettteams des TSV und der Feuerwehr außer Konkurrenz antreten – beide hätten sicherlich eine gute Rolle gespielt.

Das Siegerpodest deckt sich am Ende mit den Eindrücken des Berichterstatters. Platz drei geht an die originelle Westernparodie aus Sugenheim. Erst bekriegen sich Cowboys und Indianer, am Schluss aber rauchen sie zum Kiffer-Hit "Because I Got High" eine Friedenspfeife, in die offenbar ganz besondere Kräuter gestopft wurden.

Für die Sugenheimer kommt erschwerend hinzu, dass sie wegen eines technisches Problems ihr Programm ein zweites Mal tanzen müssen – da pumpen selbst die Rothäute ein wenig.

Konditionelle Probleme kennt hingegen der Titelverteidiger nicht. Die "Geilen Böck" aus Zeckern sind topfit, von Trainerin Christina Sörgel optimal vorbereitet auf eine fast perfekten Choreographie. Und der weibliche Teil des Publikums war sich einig: Die Männer in ihren Tarnanzügen, derer sie sich nach und nach entledigen, sind auch auch die Truppe mit dem meisten Sex-Appeal – und können auch wirklich gut tanzen.

Aber am Ende sind sie exakt gleichauf mit den Burschen vom Effeltricher Fosanochtsverein "Allamoschee". Die sind tänzerisch ebenfalls stark und punkten mit einer urkomischen und originellen Choreographie: Scheinbar sturzbetrunken erklimmen die im irischen Grün-Weiß gekleideten Männer mit Mühe die Bühne, feiern dort schwungvoll weiter, bis alle dringend ein dringendes Bedürfnis plagt. Doch das einzige Häuschen ist ewig belegt, und die Iren tanzen zur landestypischen Folklore mit gekreuzten Beinen und gespielt verkrampfter Haltung in langen weißen Unterhosen.

Die Effeltricher haben auch beim Interview nach dem Auftritt die Lacher auf ihrer Seite, als ihr Sprecher dem Moderator erklärt, dass man wegen des Corona-Virus überlegt habe, die Veranstaltung abzusagen, man solle ja Massenansammlungen meiden: "Aber da haben wir gedacht, nach Aschbach können wir schon – so ein Virus hat ja auch seinen Stolz!"

Kurz vor Mitternacht, als Julian Biberger die Ergebnisliste der Jury zieht, verkündet er nicht nur vier gemeinsame vierte Plätze, sondern auch einen geteilten ersten Platz. "Und weil wir nicht ohne Sieger nach Hause gehen können", zog eine (selbstverständlich männliche) Glücksfee das Los der Effeltricher.

"Mit so einer Niederlage durch Losentscheid kann ich leben, die Jungs haben es gut gemacht", befand dann auch Zeckerns Trainerin Christina Sörgel. Und stürzt sich anschließend mit Cowboys, Indianern, Matrosen, Schuljungs und fast durchgängig verkleideten Besuchern auf die Bühne zur After-Show-Party. Dann kann auch sie endlich das Tanzbein schwingen. Das Motto "Saturday Night Fever" passt bestens.

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