Moderne Schweinehaltung ist kein Saustall

10.5.2015, 16:32 Uhr
Moderne Schweinehaltung ist kein Saustall

© Karl-Heinz Panzer

Die Kleiderordnung im Schweinestall hat sich geändert: Bei einer Besichtigung im Kleinweisacher Mastbetrieb der Familie Dietsch mussten die Teilnehmer in grüne Overalls schlüpfen. Nicht, um die ammoniakhaltigen Ausdünstungen von sich abzuhalten, sondern um umgekehrt die Borstenviecher vor Keimübertrag zu schützen. Auch Stefan Müller, Bundestagsabgeordneter und Staatsekretär im Forschungsministerium, hüllte sich von Kopf bis Fuß in Schutzkleidung.

Freilich hat der Bayerische Bauernverband (BBV) den CSU-Politiker und die Pressevertreter nicht nur in den Steigerwald gerufen, um die herbe Stallluft zu schnuppern. Vielmehr ging es um eine Art Imagekorrektur für Mastbetriebe. "Die Tierhaltung steht im Feuer“, beklagte BBV-Kreisobmann Robert Ort bei der Begrüßung. Ein beträchtlicher Teil der Medien, Natur- und Tierschutzverbände und auch politische Parteien wie die Grünen machten Front gegen "angebliche Missstände“ bei Geflügel-, Schweine- und Rindermästern. Berichte über vereinzelte Vorfälle, die Ort einräumte, fänden "ein riesiges mediales Echo“. Auf dem Mastbetrieb an der westlichen Landkreisecke wollte der Bauernverband demonstrieren, dass – anders als etwa vom Bund Naturschutz dargestellt – Schweine durchaus artgerecht gehalten würden.

Bevor Günter Dietsch durch seine Stallungen führte, rückte er die Verhältnisse zurecht: Mit seinen rund 800 Tieren sei er zwar in Mittelfranken einer der Großen, „aber in Norddeutschland fangen sie mit 2000 erst an“. Sein Betrieb sei Teil einer sehr regionalen Produktionskette, erläuterte der Kleinweisacher. Die Ferkel werden vornehmlich mit Getreide von den eigenen Feldern gefüttert. Zum Schlachten geht es auf kürzestem Weg ins nur wenige Kilometer entfernte Uehlfeld. Allerdings fürchtet der Landwirt, dass solch kurze Wege immer schwerer zu begehen sein würden. Wegen der anspruchsvoller gewordenen Auflagen durch die EU würden kleinere Metzgereien gezwungen, den Schlachtbetrieb einzustellen. Dietsch vermutet: "Die Großkonzerne wollen die kleinen Metzger vom Markt haben.“

Das gerne propagierte Ziel von mehr Regionalität in der Lebensmittelproduktion sieht Kreisbäuerin Evi Derrer so ins Gegenteil verkehrt. Auch Dietsch hat seine liebe Mühe mit den Verordnungen aus Brüssel und anderswo: Der Aufwand bei der Dokumentation von Fütterung und der Verabreichung von Medikamenten sei enorm. Ort glaubt, dass die große Mehrheit es akzeptiere, wie hierzulande Tiere gehalten, gemästet, geschlachtet werden. Eine Minderheit von Gegnern, die der Kreisobmann auf maximal fünf Prozent taxiert, finde aber Aufmerksamkeit in den Medien.

Stefan Müller, zu dessen Fachgebieten die Agrarpolitik nie gehört hat, ging in seinen Einlassungen nicht allzu tief ins Detail. Die Diskussion um eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung sei konfliktreich und mitunter widersprüchlich, was sich bis in den wissenschaftlichen Beirat des Landwirtschaftsministeriums hineinziehe. Die Rahmenbedingungen und Reglements, die erlassen würden müssten jedenfalls praxistauglich sein, forderte der CSU-Mann. Dazu müssten die Beteiligten, also die Landwirte „und besonders der Bauernverband“, mit einbezogen werden.

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