Pfarrer klagt: "Steckt sich einer an, haben wir den Schwarzen Peter"

24.3.2021, 06:00 Uhr
Pfarrer klagt:

© Foto: Hans von Draminski

Angesichts weiter steigender Corona-Infektionszahlen hat die Bundespolitik die Lockdown-Schraube noch einmal fester angezogen: Das öffentliche Leben in Deutschland wird vom 1. bis zum 5. April weitgehend heruntergefahren, der Gründonnerstag wie ein Feiertag behandelt, an dem auch Supermärkte und andere Geschäfte für Einkäufe des täglichen Bedarfs geschlossen bleiben. Am Karsamstag, so hat es Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Dienstagmittag verkündet, soll ebenfalls nur der Lebensmittel-Einzelhandel geöffnet haben, die Supermärkte und Discounter müssen ihr restliches Sortiment für Kunden unzugänglich machen.

"Es fehlt der Politik an Ideen"

Stefan Müller, Chef eines Fotografie-Fachgeschäft sowie Vorsitzender der Förder- und Werbegemeinschaft Herzogenaurach, wirft der Politik mangelnde Konsequenz vor: Zum einen stößt er sich an der seit Anfang März praktizierten Regelung, die beispielsweise Baumärkte und Buchhandlungen öffnen lässt, während der restliche Einzelhandel geschlossen halten muss. Andererseits gehen Müller die für Ostern angekündigten Lockdown-Verschärfungen nicht weit genug: "Wenn das wirklich etwas bringen sollte, dann müsste man die Menschen wie in anderen europäischen Ländern konsequent in ihrem Bewegungsradius einschränken", meint Müller, dem es auf politischer Seite "an Ideen fehlt". Für die Zukunft sieht er schwarz, wenn sich daran nichts ändert: "Dann pendeln wir permanent zwischen Öffnungen und Lockdowns hin und her."

Gefreut auf die warmen Tage

Gefreut haben sich manche auch auf die angekündigten, wärmeren Tage. Schon Ende der Woche sollen die Temperaturen frühlingshaft werden – was traditionell erste Biergartenbesucher auf den Plan ruft. "Wir", sagt allerdings Vincenz Schiller vom Entlas Keller in Erlangen, "wollten die Lage erst noch beobachten, um dann ab 1. April voll einzusteigen. Daraus – dafür muss man in der Pandemie kein Hellseher mehr sein – wird nun wohl nichts."

Auch die Gastronomie muss nämlich ihre Pläne von einem geregelten Öffnen ausschließlich im Freien vorerst wieder auf Eis legen. Mindestens über Ostern wird aus einem Restaurantbesuch weiterhin nichts, unklar ist, ob auch das Essen "to go", also das Ostermenü für zu Hause, aufgrund der gestiegenen Inzidenz und der Gefahr vor Corona-Mutanten abgesagt wird: "Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz haben für die Bundesländer den Charakter einer Empfehlung, entscheidend für die Regelungen vor Ort sind die gesetzlichen Vorgaben des Freistaats Bayern. Bislang liegt uns nur die Pressemitteilung der Staatsregierung vor, die aber zu den Regeln für die Gastronomie zu Ostern noch keine klaren Aussagen enthält", so Dr. Martin Holzinger, Leiter des Bürgeramts der Stadt Erlangen.

"Der Text für die Verordnung, die zu Ostern gilt, wird voraussichtlich erst wieder Ende dieser Woche vorliegen, vorher sind leider verbindliche Aussagen für uns als Ordnungsbehörde nicht möglich. Sobald die gesetzliche Grundlage vorliegt, steht die Ordnungsbehörde für Fragen von Händlern und Gastronomen gerne zur Verfügung."

"Klare Anweisungen fehlen"

Folgt man den Aussagen Markus Söders, dann soll über Ostern Gastronomie immerhin "to go" möglich sein. Gottesdienste zumindest wollte der bayerische Ministerpräsident am höchsten Hochfest der Christen nicht kategorisch verbieten.

Allerdings findet Herzogenaurachs katholischer Stadtpfarrer Helmut Hetzel die Aussagen der Politik derzeit zu unklar, als dass man sie in konkrete Pläne und Strategien überführen könnte: "Machen wir etwas und es steckt sich jemand im Gottesdienst an, dann haben wir den Schwarzen Peter", klagt Hetzel, der sich "unter Druck gesetzt" fühlt, weil klare Handlungsanweisungen fehlen.

Keine Empfehlungen

Auch vonseiten der katholischen Erzdiözese in Bamberg gebe es noch keine Empfehlungen, ob in den Kirchen zu Ostern Präsenzgottesdienste abgehalten werden sollen oder die Ostermessen doch nur (wie oft beim vergangenen Weihnachtsfest) in "virtueller Form" gehalten werden sollen. Als ein zentrales Problem hat Hetzel zudem eine gewisse Unvernunft in der Gesellschaft ausgemacht: "Im Gottesdienst halten die Leute noch brav Abstand, vor der Kirchentüre umarmen sie sich – da kann das nichts werden mit der Infektionsvermeidung."

Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker nennt die Lockdown-Regelungen "das typische Spiel": Was der Freistaat Bayern vorgibt, muss von den Landkreisen umgesetzt werden; die Städte haben da nicht wirklich ein Mitspracherecht. Weil Hacker angesichts in den letzten Wochen stetig steigender Inzidenzwerte "ahnte, was kommt", hat er sich für Ostern privat "auch nichts vorgenommen".

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