Polit-Prominenz liefert sich Fernduell im Landkreis

2.10.2018, 18:33 Uhr
Andreas Scheuer in Höchstadt

© Andrea Lachmuth Andreas Scheuer in Höchstadt

Andreas Scheuer diskutiert in Höchstadt

 "Wir wollen heute über Zukunft in Deutschland sprechen. Und da sprechen wir über Mobilität und Digitalisierung", begrüßte Stefan Müller, Kreisvorsitzender der CSU Erlangen-Höchstadt und Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag, den pünktlich angereisten Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, sowie rund 100 Gäste in der Aischtalhalle. Stefan Müller skizzierte die starke Position des Landkreises bei Erfolgsfaktoren für die Zukunft. Dabei zählte er Arbeitslosenquote unter 2 Prozent, die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und die gute Infrastruktur in Bildung und Verkehr in der Region auf. Die neue ICE-Trasse München – Berlin sei nur ein Beispiel dafür. Daran knüpfte Bundesminister Scheuer in seiner Rede an: "Wirtschaft braucht Wege. 2019 ist der Start für das Megaprojekt Ausbau A3 in Richtung Norden. Alleine für das Teilstück Biebelried bis Kreuz Erlangen-Fürth steht rund eine Milliarde Euro für den sechspurigen Ausbau bereit", so der Minister. Er versprach den termingerechten Ausbau durch eine Vielzahl von 24-Stunden-Baustellen. "Wir arbeiten unter Hochdruck", so der Minister. Ebenso wolle man in die Gigabit-Gesellschaft durchstarten. Alle Mittel für Breitbandausbau und Mobilfunk seien durch Förderbescheide in der Umsetzung, so Scheuer. "Die Vernetzung von Mobilität und künstlicher Intelligenz heißt Zukunft gestalten", so Andreas Scheuer.

Es bot sich auch Gelegenheit für Fragen. Auf das Podium gesellten sich neben Scheuer und Müller noch Walter Nussel, Landtagsabgeordneter für Erlangen-Höchstadt und Ute Salzner, Bezirksrätin und Kandidatin für den Bezirk Mittelfranken für Erlangen-Höchstadt. Fragen zur Energiewende, Umwelt- und Baustellenbelastungen, Problemstelle B 470 bei Höchstadt, Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen beim Diesel für Handwerker und Lieferanten wurden beanwortet.

FW-Spitzenpolitiker Steffen Große tritt in Niederndorf auf

Steffen Große in Niederndorf.

Steffen Große in Niederndorf. © Margot Jansen

Was ist in Sachsen los? Diese Frage erörterten die Freien Wähler (FW) beim Gesprächsabend im Gasthaus Favorit in Niederndorf. Als Gesprächspartner hatte der Landtagskandidat der FW für den Landkreis Erlangen-Höchstadt, Christian Enz, den Landesvorsitzenden der FW Sachsen Steffen Große eingeladen.

Große, gelernter Journalist, ist Referatsleiter bei der Sächsischen Staatsregierung und kennt seine Sachsen. "Die Sachsen schlucken ihren Unmut lange, aber dann bricht es aus ihnen heraus wie bei einem Vulkan." Das war schon 1989 so, denn die Demonstrationen gegen die DDR-Führung begannen in Leipzig und nicht in Berlin. Die Vorfälle in Chemnitz führten nun dazu, dass eine ganze Region in Sippenhaft genommen werde. Dabei hätten die Journalistenkollegen von der "Freien Presse" in Chemnitz keine Hetzjagd festgestellt. Das aufgetauchte Video sei von der "Antifa Zeckenbiss". Bei der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration seien Rechtsradikale und Rechtsextreme aus ganz Deutschland angereist und die Polizei habe die Lage falsch eingeschätzt.

"In Sachsen brodelt es schon lange", meinte er, denn 4000 Polizeistellen wurden dort gestrichen, die Bundespolizei wurde abgezogen und insbesondere die Bewohner der Grenzregionen zu Polen und Tschechien fühlen sich allein gelassen. Das führt zu einer Landflucht, inzwischen ist diese Region nur noch ein "Wolfserwartungsland". Der Bürger will gehört werden und zwar auf Augenhöhe, "wir Freien Wähler wollen die politische Mitte wieder zurückgewinnen, wir setzen auf die Mittelschicht und das ist jeder der Steuern zahlt", lautete sein Statement.

Dies ist auch das erklärte Ziel von Enz, denn 20 Prozent der bayerischen Wähler wollen keine CSU mehr wählen und der Partei einen Denkzettel verpassen. Das gehe am besten, wenn man aus Protest die FW wählen würde, denn eine Stimme für die AfD sei eine verlorene Stimme, da sie nicht in Regierungsverantwortung käme und ohnehin nur ein Thema besetze. Der Bezirkstagskandidat für den Landkreis Erlangen-Höchstadt, Martin Oberle, ergänzte, dass man nur mit sachlich guter Politik das Vertrauen der Wähler wieder gewinnen könne.

Cem Özdemir teilt in Röttenbach aus

Cem Özdemir in Röttenbach.

Cem Özdemir in Röttenbach. © Kilian Trabert

Cem Özdemir ist froh, in Röttenbach zu sein. Das ist zwar wohl jeder (wahlkämpfende) Politiker, wenn er in einem Ort auftritt. Doch dem Grünen-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Parteivorsitzenden nimmt man die Freude ab, wenn man bedenkt, mit wem er die letzten Tage verbracht hat. "Sie sind ein angenehmer Anblick nachdem ich die vergangen Tagen, die ich mit einem gewissen Staatsgast verbracht habe". Dieser gewisse Staatsgast ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan – und Özdemir ist sein erklärter Gegner. Ein Urteil, dass auf Gegenseitigkeit beruht, wie der aus Baden-Württemberg stammende 52-Jährige bei einer Diskussionsrunde mehr als deutlich machte. Erdogan besuchte die Bundesrepublik am Wochenende, beim Staatsbankett des Bundespräsidenten am Freitagabend traf er auch auf Özdemir. Der Grünen-Politiker nutzte beim kurzen Händeschütteln die Gelegenheit für einige Worte, verriet er in Röttenbach. "Ich habe ihm gesagt, dass es jetzt viel zu besprechen gibt – etwas das er wohl schon lange nicht mehr gehört hat – und das vom früheren Erdogan nichts mehr übrig ist." Auch zur Einweihung einer Moschee des türkisch-islamischen Moscheeverbandes Ditib durch den türkischen Präsidenten am Samstag findet Özdemir klare Worte: "Ditib muss sich von Ankara lossagen. Der Verband kann kein Ansprechpartner für Deutschland sein, wenn er nur am Ende der Befehlskette Erdogans steht."

Özdemir ist für klare und kantige Aussagen bekannt. Nicht zuletzt deshalb konfrontierte er die Gastgeber und Landtagskandidaten für die Stimmkreise Erlangen-Stadt und Erlangen-Land mit Problemen, die bei Grünen-Veranstaltungen vor diesem bislang sehr erfolgreich verlaufenden Wahlkampf wohl eher unbekannt waren: Platzmangel. Der voll gefüllte Saal im Hotel Krebs verfolgte auch, wie Özdemir gegen die AfD austeilte. "Die AfD-Politiker sind für mich keine demokratischen Kollegen", stellte er klar. "Wer den Nationalsozialismus verharmlost, hat eine rote Linie überschritten." Er wirft der Partei Scheinheiligkeit vor: "Die hätten doch am liebsten, dass hier Putin regiert", wird er deutlich. "Die haben wenig mit unserer Grundordnung zu tun." Dabei dürfe man Wähler und Gewählte nicht in einen Topf werfen. Gespräche mit AfD-Sympatisanten würden zeigen, dass die Schuldzuweisung auf Ausländer und Geflüchtete nur vorgeschoben sei. "In Wahrheit haben diese Leute ganz andere Probleme", so Özdemir. "Östlich von Dresden gibt es keine elektrifizierte Eisenbahn, von Glasfaserkabel ganz zu schweigen." Die Schuld an solchen Problemen sieht er bei der CSU, die seit Jahren das Ministeramt für Verkehr und digitale Infrastruktur besetzt. "Ich bin dafür, dass Qualität künftig kein Hinderungsgrund sein darf, um Verkehrsminister zu werden", ruft er mit Blick auf Andreas Scheuer. "Man muss sich 2018 nicht mehr in der Diesel-Lok von der Kuh überholen lassen und Glasfaser-Ausbau ist auch in Deutschland nicht illegal."

Deutliche Kritik für einen Grünen-Politiker, dessen Partei in Bayern womöglich mit der CSU koalieren könnte. Özdemir antwortete bei dieser Frage nicht konkret, verwies auf das noch nicht feststehende Ergebnis und die politischen Differenzen – ließ aber viel Raum zum Zwischen-den-Zeilen-Lesen. "Man kann nicht immer sagen, dass man in der Politik nicht mit den anderen redet. Da gewinnt am Ende nur die AfD."

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