Rugby = Rennen + Ringen + Taktik

22.6.2009, 00:00 Uhr
Rugby = Rennen + Ringen + Taktik

Beim Rugby hingegen ist nur ein Mundschutz üblich, nur wenige schützen ihre Ohren mit einer Schaumgummikappe. Mut und Überwindung gehört also ein wenig dazu. Vor allem für die Handvoll Neulinge, die beim offiziellen Auftakttraining beim SC Nord erstmals dabei sind.

Der alte Hase Michl - mit 51 immer noch topfit - macht jede Übung vor. Und die jungen Burschen, alle zwischen 14 und 18 Jahre alt, hängen an seine Lippen. Michl kennt nicht nur alle Kniffe aus dem Eff-Eff, sondern setzt auch auf Psychologie.

Beispielsweise beim Einsatz der «Tackle-Shields», großer Polster, gegen die seine Jungs anrennen oder zwischen denen sie durchrennen sollen. Michl: «Das hört sich super an, wenn man darauf knallt, und es tut nicht weh. Die Übung macht allen Spaß - und sie hat den Nebeneffekt, dass man später auch gegen echte Gegner ähnlich zur Sache geht.»

Da kann‘s dann auch mal schmerzhaft werden, aber laut einer Statistik verletzen sich Rugbyspieler eher weniger als Fußballer, was Mario Krüger, der Vereinschef des SC Nord, kaum glauben kann. Doch der Grund liegt nahe: Tritte (außer gegen den Ball) sind beim Rugby verboten, die Akteure werden meist durch - allerdings durchaus heftige - Griffe zu Boden befördert.

Auch das wird eingeübt, ebenso wie die Grundformen des rugby-typischen Gedränges. Das Ringen eins-gegen-eins, zwei-gegen-zwei oder drei-gegen-drei sind Vorstufen. Im Spiel haken sich jeweils acht Mann pro Mannschaft ein und versuchen den Gegner durch Muskelkraft vom Spielgerät wegzuschieben und -drängen.

Einer, der da in der ersten Reihe stets voran geht, ist Mannschaftskapitän Konni Steidl - ein echtes Kraftpaket. Mit Valentin Merk ist er einer Gründer des Teams und von Rugby auch deshalb begeistert, «weil man da nicht nur Sprinter braucht, die die 100 Meter in Spikes auf Rasen unter elf Sekunden rennen, sondern auch kräftigere Typen». Solche wie ihn eben, der mit den anderen starken Jungs den gegnerischen Angriff wie eine Mauer aufhalten soll.

Noch keine Abteilung

Eine richtige Abteilung sind die Rugby-Cracks noch nicht, aber so engagiert, wie sich die Jugendlichen bislang zeigen, ist das nur eine Frage der Zeit. Schon Mitte Juli wollen sich die neuen «Nordsterne» dem heimischen Publikum auf dem eigenen Platz in einem Testspiel gegen Neustadt/Coburg präsentieren.

Klubvorsitzender Krüger ist begeistert von den neuen Mitglieder, hatte aber zunächst ein Bedenken gegen Spiele in Herzogenaurach: «Diese Malstangen kosten 2500 Euro aufwärts.» Als Michl ihm jedoch versichert, dass er das entsprechende Zubehör von seinem Heimverein TSV 1846 Nürnberg ausleihen kann, ist er beruhigt.

Über 20 Jungs und ein Mädchen - Nadja hat Michl aus Nürnberg mitgebracht - sind mit Feuereifer bei der Sache, auch wenn der Trainer anfangs verbal etwas nachhelfen muss: «Ey Leute, die Schule ist vorbei, jetzt müsst ihr euch konzentrieren.»

Seit etwa einem Jahr trainiert die Mannschaft die taktisch anspruchsvolle Sportart bereits - «nun endlich auf einem vernünftigen Platz», wie Michl betont. Partien um die bayerische Jugendmeisterschaft stehen in dieser Sommersaison noch auf dem Programm. Ein großer Spielbetrieb ist das nicht. Denn im Freistaat gibt es nur noch sechs weitere Teams.

Die Entstehung des Herzogenauracher Vereins aus einer Schularbeitsgemeinschaft ist äußerst ungewöhnlich, wie Michl sagt. Denn eigentlich ist Rugby ein Studentensport in den Großstädten - meist «importiert» von ausländischen Kommilitonen. Jugendarbeit ist da eher die Ausnahme. Auch der Rugby-Jargon ist daher international. Wird eine Übung wiederholt, heißt es nicht: «noch einmal», sondern «encore». Auf viele «Encores» in Sachen Rugby hofft neben Michl auch Henning Mäder, der Sportlehrer des Gymnasiums, der die Jungs mit dem Virus infiziert hat und das Auftakttraining verfolgt. Er selbst hat Rugby als Student in Frankreich kennen und lieben gelernt: «Ein toller Sport!»

Training ist immer freitags um 16.30 Uhr beim SC Nord.