Sieben tolle Minuten sind zu wenig

10.1.2016, 19:43 Uhr
Sieben tolle Minuten sind zu wenig

© Foto: Roland Huber

Nach einem 23:41-Rückstand in der 17. Minute schien die Partie zugunsten der Niederbayern gelaufen zu sein, die bis dahin wie ein Uhrwerk spielten, während die Talente aus Nürnberg mitsamt ihrer Routiniers aus Herzogenaurach komplett überfordert schienen. Aber keine sieben Minuten später führte die TSH mit 49:47.

Der Gegner spielte eine sehr kompakte Zonenverteidigung, die eigentlich den Distanzwerfern viele Räume ließen. Doch gegen diese eher altbackene Abwehrmethode stellten sich die Longhorns besonders in der Anfangsphase fast unglaublich schlecht an. 23 Ballverluste gegen eine „Zone“ deuten auf enorme Konzentrationsschwächen hin.

Vor allem Nelson Weidemann, der als eines der größten deutschen Talente gilt, hatte einen gebrauchten Tag erwischt, was man einem 16-Jährigen auch einmal zugestehen muss. Aber wenn eines der Asse überhaupt nicht sticht, müsste der Rest des Teams über sich hinauswachsen.

Das tat es aber nicht – eher im Gegenteil. Braslav Turic startete wie die ganze Longhorns-Herde verheerend, wollte immer wieder mit dem Kopf durch die Wand, anstatt den Ball und den Gegner laufen zu lassen. Monty Rogers startete erstmals nicht auf dem Feld, sondern auf der Bank und ist derzeit vor allem in der Offensive ein Schatten seiner selbst. Wo er sich einst dynamisch zum Korb durchtankte, lässt er sich derzeit fast ständig abdrängen und nimmt dann schwierige Würfe. Dem lange verletzten Markus Person ist verständlicherweise anzusehen, dass die Spielpraxis fehlt; er kann defensiv wie offensiv noch keine Akzente setzen. Aber wer diesen Kämpfer kennt, weiß, dass er bald wieder da sein wird – wenn die Oberschenkelmuskulatur mitspielt.

Immer drei Mann spielten eine solide Partie: Mason Koulibaly, sonst eher Antreiber und Passgeber, sprang als Distanzwerfer in die Bresche. Mike Kaiser versuchte alles, gab sehenswerte Pässe und traf ordentlich, war aber oft auf sich allein gestellt. Willy Inkulu durfte von Anfang an mitmischen, pflückte sich die Rebounds und setzte drei spektakuläre Blocks – aber offensiv ist er technisch noch so unfertig, dass er gerade gegen eine Zone einfach kein Faktor ist.

Debüt mit 15 Jahren

Zu den anderen Youngsters: Patrick Teka mischte ganz munter mit, der schlaksige Tim Handt macht seinen Job, kann aber körperlich noch nicht dagegen halten, und mit Matthew Meredith kam ein 15-Jähriger (!) zu seinem Debüt in der 1. Regionalliga. Immerhin zwölf Minuten stand er auf dem Feld, hatte aber kein Glück mit seinen Würfen (selbst zwei Freiwürfe gingen daneben) zum einen und mit den Schiedsrichtern zum anderen, die ihm schnell vier Fouls verpassten.

Ohnehin war es – zum wiederholten Mal in dieser Saison – ein Gespann, das für Unmut bei allen Beteiligten sorgte. Nach der Schlusssirene war zu vernehmen, dass beide Vereine dem Duo die niedrigste Note geben wollten. TSH-Trainer Mario Dugandzic: „Die hatten überhaupt keine Linie. Es ist schade, dass in dieser Liga sportlich schon fast professionell gearbeitet wird, aber dann solch schwache Schiris am Start sind.“

Apropos professionell: Wenn schon die Hausherren ihre Fans nicht so beeindruckten, schnalzten die Kenner mit der Zunge, wenn der beste Spieler, der heuer in der Gymnasiumshalle aufgetreten ist, in Aktion war: John Thomas Boyer, nur 1,85 Meter groß, war der Dreh- und Angelpunkt der Vilsbiburger – und obwohl er eigentlich eher Passgeber ist (acht Assists), war er mit 22 Punkten auch der beste Werfer der Partie und mit zehn Rebounds auch da die Nummer eins der Gäste.

Die besaßen in Orlando Parker (21) und Dino Erceg (19/5 Dreier) noch zwei exzellente Vollstrecker, dazu ein rundum kompaktes Teams, bei dem man sich fragt, warum es in der Tabelle nicht noch weiter vorn steht.

Gründe dafür zeigten sich in der Phase, als die Niederbayern ihre klare Führung binnen Minuten herschenkten und mit 6:26 ausgepunktet wurden: Defensiv sind sie nicht unbedingt spitze, und außer Boyer haben sie keinen Spielmacher von Format.

In dieser Phase hatte die TSH endlich ein Mittel gegen die Zone gefunden. Baskets-Coach Holger Prote reagierte umgehend, stellte auf Manndeckung um – und der Lauf der Longhorns war so schnell beendet, wie er begonnen hatte.

Aus dem vielbejubelten 49:47, der ersten und einzigen Führung, wurde bis zur dritten Viertelpause wieder ein 53:61-Rückstand. Punkt für Punkt setzten sich Boyer und Co. nun ab, am Ende stand ein standesgemäßer Sieg für den Favoriten.

Dugandzic war natürlich nicht ganz zufrieden, sah aber immerhin Fortschritte in einigen Elementen des Spiels: „Im Rebound haben wir gut gearbeitet und mit 40:29 auch klar dominiert, ansonsten haben wir uns in den entscheidenden Phasen das Leben durch unsere unnötigen Fehler schwer gemacht.“

Longhorns: Koulibaly 13/3 Dreier, Weidemann 6/2, Teka 4/1, Person, Turic 10, Kaiser 17, Meredith, Kamdem, Inkulu 4, Handt 2, Rogers 10, Übbing nicht eingesetzt.

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