"So viele schöne Klangbilder"

3.7.2019, 14:00 Uhr

"Musik hat so eine bereichernde Wirkung – für die Sänger und für die Zuhörer", findet Grau. Dankbar blickt der 74-Jährige auf die lange Zeit zurück. "So viele schöne Erlebnisse, so viele schöne Klangbilder." Dabei hat seine Laufbahn als Chorleiter durchaus nicht ganz freiwillig begonnen, wie er schmunzelnd erzählt.

"Der Lehrer macht das"

Als junger Referendar kam er 1969 nach dem Pädagogikstudium in Nürnberg an die Grund- und Hauptschule nach Vestenbergsgreuth. Weil er eine Wohnung brauchte, wandte er sich an Bürgermeister Martin Bauer. Der verschaffte ihm einen Ort zu wohnen und bedrängte ihn später immer wieder, den verwaisten Männerchor im Dorf wieder zu beleben. "Dass der Lehrer das übernimmt, war damals so üblich", weiß er heute. Irgendwann gab er nach.

"Das war für mich ein Sprung ins kalte Wasser." Denn Friedemann Graf hatte weder Chorausbildung noch Musikstudium. "Ich habe früher im Schulchor gesungen, hatte zu Hause nur Klavier- und im Studium noch Orgelunterricht." Das musste genügen.

Ab 1971 probte er im Gasthof mit dem Männerchor. "Das war durchaus gewöhnungsbedürftig. Die Sänger saßen am Tisch, davor das Bier." Weil er keine Ahnung von Männerchorliteratur hatte, stand ihm zunächst der Notenwart zur Seite. Dann machte Graf etliche Lehrgänge beim Singschulwerk in Bamberg und wurde so in Dirigieren, Stimmbildung und Chorliteratur unterwiesen. "Das war mein chorisches Rüstzeug."

1978 wollten immer weniger Männer singen und so wurde, weil sich genügend Damenstimmen fanden, ein gemischter Chor gegründet. Lange ging das gut. Es wurde einmal pro Woche geprobt und bei Jubiläen, Geburtstagen und ähnlichen Anlässen im Dorf sang der Chor, auf den der Bürgermeister, selbst aktiver Sänger, sehr stolz war.

"Die Auftritte waren für den Chor immer eine Bereicherung", weiß Graf. Auch an die zahlreichen Tagesausflüge erinnert er sich gerne. Meist habe man dabei in Kirchen und Orten, wo es möglich war, spontan Lieder gesungen und dabei so manch schöne Begegnungen gehabt.

Vor zehn Jahren gab es erneut einen Tiefpunkt. Es waren nur noch drei Männerstimmen im Chor. Zu wenige, um ordentlich zu klingen. Graf wollte sein Amt niederlegen. Da ging ein Rundruf durchs Dorf. "Und plötzlich waren wir wieder singfähig. Auch in den Bässen und Tenören hatten wir eine gute Besetzung." Zurzeit aber plagt den Chor ein anderes Problem. "Die Damen sind so in Anspruch genommen durch Beruf, Pflege von Angehörigen, Krankheit, Todesfälle oder Engagement im Hospizverein, dass bei den Proben immer etliche fehlen", erläutert Graf. "Die Probenarbeit war daher immer weniger effektiv." So ein kleiner Chor könne es nicht auffangen, wenn die Stimmführer fehlen. Weil er es vor sich und auch "im Sinne des Chores" nicht verantworten könne, zog Graf die Konsequenzen. "Ich kündigte in der Jahreshauptversammlung meinen Abschied an." Es sei schon "eine traurige Situation", findet er, doch das Problem sei einfach nicht lösbar.

Daher wird die Sommerserenade am Sonntag, 7. Juli, um 15 Uhr auf der Seebühne in Vestenbergsgreuth zum Abschiedskonzert – für Chorleiter Friedemann Graf und wohl auch vorerst für den gemischten Chor, denn ein neuer Chorleiter ist bisher nicht in Sicht.

Dennoch, so Graf, erfülle es ihn mit Dankbarkeit auch gegenüber den Chormitgliedern. "Wenn die Sängerinnen und Sänger mir nicht so viel Vertrauen und Wohlwollen entgegengebracht hätten, wäre es ja gar nicht so lange gutgegangen", glaubt er. Nun habe er mehr Zeit für andere Dinge wie Klavier- oder Viola da gamba spielen, Tennisspielen, Schwimmen, Bergwandern. Außerdem kümmert er sich um den Nachlass seines ehemaligen Klavierlehrer, der einst drei Symphonien komponierte, von denen nun eine mit dem Orchester in Barcelona aufgeführt wird. "Meine Woche ist gut gefüllt. Langeweile kommt da nicht auf."

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