Tiefe Einblicke in die Müll-Seele der Bürger

11.10.2008, 00:00 Uhr

Nach etwa drei Stunden Sammeln hat Rainer Sabrowski genug. Herzogenaurach stand heute auf dem Plan: Der Müll aus rund 75 Abfallbehältern ist in den Morgenstunden gesammelt worden, jetzt liegt etwa eine Tonne Restmüll in einer Halle der Firma Hofmann in Erlangen.

«Der Müll wird im Fahrzeug zusammengekippt, wir können also nicht sagen, wer genau was in seine Tonne schmeißt», beteuert Sabrowski, der als Geschäftsführer der Sabrowski-Hertrich-Consult GmbH aus Erlenbach/Main die Analyse durchführt. Das ist auch nicht Ziel der Untersuchung. Sondern: Der Landkreis will wissen, ob sein Sortiersystem funktioniert und ob die Bürger mitmachen.

Dass herauszufinden, ist buchstäblich Drecksarbeit. Marco Küchler holt sich vom großen Herzogenauracher Müllhaufen ein paar stinkende Beutel. «Das ist schon hart», sagt der Erlanger Student der Theaterwissenschaften, der sich hier ein wenig Geld hinzuverdient. Sein Kommilitone Gregor Glogowski ist sich ebenfalls nicht zu schade für den Job. «Es ist schon interessant, was da alles drin ist.»

Der Müll wird zunächst auf ein Sieb geschüttet. Küchler und Glogowski sortieren die großen Teile nun in 32 Abfalltonnen, die um das Sieb herum aufgestellt sind. Was die Bürger daheim einfach in einen Eimer geworfen haben, sortieren die Studenten wieder auseinander (siehe Kasten).

Durch das Sieb mit einer Maschenweite von 40 Millimetern fällt der so genannte Mittelmüll. Der wiederum wird noch einmal mit einem 10-Millimeter-Sieb getrennt.

Übrig bleibt dann Feinmüll, der lediglich gewogen wird. Vom Mittelmüll wird eine Stichprobe von 20 Liter genommen, die genau analysiert wird.

Untersucht wird bis zum kommenden Mittwoch nicht nur der Müll in Herzogenaurach, sondern auch in Adelsdorf/Gremsdorf/Buch sowie in Uttenreuth, Heroldsberg und Eckental. Der Aufwand ist gerechtfertigt. «Wir wollen etwas über das Trennverhalten der Bürger erfahren», erläutert Udo Gehrke, Abfallwirtschaftsberater im Landratsamt. Ende November wird ein Abschlussbericht vorgestellt, der auch die vergleichende Restmüllanalyse vom vergangenen Februar einschließen wird.

Zehn Jahre alt

Die letzte große Untersuchung dieser Art ist bereits zehn Jahre alt. Es gilt herauszufinden, wie sich das Sammelverhalten entwickelt hat und wo die Abfallpolitik des Landkreises noch verbessert werden kann.

Dabei ist die Analyse des Mülls die eine Seite, die Bewertung und die Schlussfolgerungen die andere. Wie weit die Abfallpolitik das Trennverhalten der Bürger steuern kann, ist nicht leicht abzuschätzen.

In den letzten Jahren immerhin ist eine klare Tendenz zu erkennen. Rainer Sabrowski, der seit 1982 in diesem Geschäft arbeitet, weiß: «Der Restmüll ist in den letzten Jahren sehr stark entfrachtet worden von Wertstoffen.» Ein positive Entwicklung.

Doch wo ist die Grenze? Rein theoretisch, so Sabrowski, könne der deutsche Haus-Restmüll pro Person auf sicherlich 60 Kilogramm pro Jahr gesenkt werden. Aber im Grunde sei das illusorisch. «Im Landkreis haben wir derzeit 99 Kilogramm pro Person und Jahr», berichtet Udo Gehrke, eine Zahl, die Rainer Sabrowski schon für sehr gut hält. Vom Landkreis ERH hat Sabrowski einen guten Eindruck gewonnen. So richtig schlimme Sachen sind noch nicht zum Vorschein gekommen.

Das ist nicht überall so. 95 Analysen hat der Abfallexperte bundesweit bereits durchgeführt, er weiß, wovon er spricht. «Einmal hatten wir eine echte Pistole im Biomüll», schmunzelt er. Die Polizei war damals dankbar für einen entsprechenden Hinweis.

Mit Schaudern denkt Ingrid Sabrowski an einen Vorfall zurück. Die Ehefrau des Geschäftsführers sortiert bei den Analysen mit, doch als sie eine tote Katze im Müll fand, «das war schon nicht schön».

Komplett unappetitlich war aber das seltsame Fett, dass Mitarbeiter einmal auf einer Gewerbemüllanalyse fischten. Es stellte sich heraus, dass es sich um abgesaugtes Fett von Schönheitsoperationen handelte. Verschiedenste Behörden mussten sich mit dem Zeug herumschlagen.

«Ich betone, das war nicht im Landkreis Erlangen-Höchstadt», sagte Rainer Sadowski.