Rettungsaktion

Unwetter in Wachenroth: Kellerwohnung unter Wasser

24.6.2021, 05:45 Uhr
Unwetter in Wachenroth: Kellerwohnung unter Wasser

© Sandra Karp

Der Tag, an dem Christine und Ulrich Karp obdachlos wurden verlief bis in den Nachmittag hinein ziemlich normal. Die 58-Jährige kam gegen 16.30 Uhr von der Arbeit nach Hause. Sie ist Verkäuferin im örtlichen Bekleidungshaus. In der Kellerwohnung eines Mehrfamilienhauses wartete ihr Ehemann. Der 62-Jährige leidet an Multipler Sklerose und ist seit 2003 auf einen Rollstuhl angewiesen. Donner und erste Blitze kündigten ein Gewitter an. Für Ulrich Karp ist das oft ein faszinierendes Naturschauspiel. "Jetzt mach ich Blitzjäger", scherzte er noch.

Hilferuf per Handy

Dann ging alles sehr schnell. Es goss vom Himmel, wie es das Paar noch nie erlebt hatte. Nach einigen Minuten hörte Christine Karp einen Knall, "so als hätte jemand eine Schleuse aufgemacht". Die Terrassentür brach auf. Eine schlammige braune Brühe strömte in die Drei-Zimmer-Wohnung. "Riesengroße Wellen" haben die Karps gesehen, die das angeschwemmte Material von den Äckern auf Straßen, Gräben, in Gärten und schließlich auch in die Wohnung der Karps spülten. "Innerhalb von fünf Minuten war alles voll", berichtet die 1,60 Meter große Frau, der das Wasser plötzlich bis zur Brust stand. In der Küche schwamm ihr der Kühlschrank entgegen.

"Kein würdiger Abgang"

Noch schlimmer erging es ihrem Mann auf dem Rollstuhl. "Das war so unrealistisch", denkt er mit Schrecken zurück. Gedanklich war er dabei, mit dem Leben abzuschließen. "Das ist kein würdiger Abgang", hat er sich dann aber gedacht, sich tapfer an den Armlehnen festgeklammert und den Kopf über Wasser gehalten. Seine Frau schrie verzweifelt um Hilfe. Sie hatte kaum noch Hoffnung. "Das kannst du vergessen! Wir haben keine Chance mehr", rief sie. Dann kam ihr der rettende Einfall: Das Mobiltelefon. "Es war das Einzige was im Haus noch funktioniert hat", erinnert sie sich. Sie rief die Nummer ihrer Tochter, die nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt wohnt. "Sandra, wir ersaufen", brachte sie nur heraus.

Unwetter in Wachenroth: Kellerwohnung unter Wasser

© Sandra Karp

Nichts bleibt übrig

Eine dramatische Rettungsaktion startete. Mit einer Freundin setzte sich Sandra Karp ins Auto und kämpfte sich durch die Fluten. Gesehen hat sie inmitten des Unwetters kaum noch etwas. Aber sie schafften es gerade noch rechtzeitig. Auch eine Nachbarin war mittlerweile zu Hilfe gekommen. Mit vereinten Kräften holten sie den kämpfenden Ulrich Karp aus dem Rollstuhl und brachten ihn übers Treppenhaus hoch ins Erdgeschoss. Auch Christine Karp konnte sich nach oben retten. Nur das, was sie am Körper trugen, konnten die Karps mitnehmen. Zurück blieben Schlamm, Wasser, Zerstörung und Chaos. "Alles Schrott", hörte Christine Karp später einen Feuerwehrmann sagen. Für sie und ihren Mann gibt es kein Zurück in die Wohnung am nördlichen Ortsrand. "Der Schreck sitzt zu tief", sagt Ulrich Karp. Ihr Glück im Unglück: Sie konnten zunächst einmal bei ihrer Tochter unterkommen, in einer Wohnung, die sie mit ihrem siebenjährigen Sohn teilt. Auf Dauer ist es dort zu eng für vier Menschen, auch wenn die Geschädigten praktisch nichts mitgebracht haben. Mittelfristig gibt es Licht am Horizont: In einem Mehrfamilienhaus, mit dessen Bau aber erst in Kürze begonnen wird, können sie eine neue Bleibe mieten.

Unterstützung von allen Seiten

Unwetter in Wachenroth: Kellerwohnung unter Wasser

© Karl-Heinz Panzer

Neben dem Verlust ihres ganzen Hab und Gutes ist die Suche nach einer Wohnung für die Übergangszeit momentan die größte Sorge von Christine und Ulrich Karp. Barrierefrei müsste sie sein, mit dem Rollstuhl erreichbar und in Wachenroth. Die Senioren wollen in der Nähe von Tochter Sandra und Enkelkind Jamie bleiben. Was das Materielle angeht haben sie schon viel an Hilfe erfahren. Geld- wie auch Sachspenden. "Von Freunden, Bekannten, auch von Leuten, die wir gar nicht kennen. Wir danken ihnen allen von ganzem Herzen", lassen die tief gerührten Flutopfer ausrichten. Christine Karp erwähnt auch ihren Arbeitgeber, der sofort Unterstützung signalisiert habe. Die Gemeinde Wachenroth hat mittlerweile ein Spendenkonto eingerichtet und Bürgermeister Friedrich Gleitsmann appellierte an die Bevölkerung: "Bitte helfen Sie!".

Die Bankverbindung: Spendenkonto "Hilfe für Familie Karp"

IBAN: DE 38 77069091 0500 413763

BIC: GENODEF1SED

bei der Raiffeisenbank Ebrachgrund e.G.

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