Weiher und die Welt

26.11.2010, 18:27 Uhr
Weiher und die Welt

© Spörlein

Dechsendorfer Geschichten haben zwangsläufig auch etwas mit dem gleichnamigen Weiher und natürlich auch mit dem Seebachgrund zu tun und handeln auch davon. Aber auch vom Stammtisch im Gasthaus Mayd mitten im Dorf, vom Graskarpfen, dem hiesigen Sportverein und der einst untersten aller deutschen Fußballklassen, der C-Klasse.

Eddi Willert musste auf der Suche nach einem Profifotografen, der seine Geschichten auch passend ins Licht setzt, nicht lange suchen und fand mit Herbert Liedel einem Berufsfotografen, der sich als einer der besten Sportfotografen beim Magazin „Kicker“ und mit einigen Landschafts-Bildbänden schon einen Namen gemacht hat.

Liedel gelang es, den Dechsendorfer Weiher in den frühen Morgenstunden quasi zu verzaubern. Eddi Willert verbrachte seine Kindheit bis zur Heirat 1975 in Dechsendorf und zog dann aus beruflichen Gründen nach Nürnberg. „Und freilich auch wegen meiner Sonja“, fügte er ganz stolz auf seine Ehefrau am Dienstagabend schnell noch hinzu, fast ein bisschen entschuldigend.

Auch seine schulische „Laufbahn“ begann in „Großdechsendorf“, obwohl er – nicht mehr ganz mit der Neuzeit hierzulande vertraut – sich nicht sicher war, ob es heutzutage überhaupt noch eine Grundschule in Dechsendorf gibt. Gibt es, beantwortete Willi Mayd hinter dem Tresen diese Frage. Nach der Grundschule besuchte Willert ein Gymnasium in Erlangen und machte dort auch Abitur, um hernach für das Lehramt zu studieren. Seit seiner Pensionierung zieht es den „Eddi“ noch öfter dorthin, wo er die jetzt verewigten Kindheitserlebnisse hatte.

Und dann, gleich auf Seite 9, die Hommage auf das „bildschön“ hergerichtete Gasthaus von Willi Mayd, in dem Balken dominieren, die das über drei Jahrhunderte alte Gemäuer mühelos getragen haben. Nicht nur wegen seines beeindruckenden Fachwerks und seiner vier Stockwerke das schönste Gebäude im Dorf, resümiert Eddi Willert und Liedel zaubert einen Hauch von Wärme in sein Bild im Inneren der guten Stube.

Kartler Dorn im Auge

„Leucht gscheit nei, heit kosts nix“, soll Willi Mayd zum Eddi gesagt haben, obwohl dieser doch schon lange nicht mehr zu den Stammgästen gehört. Kartelrunden, die dem armen Gastwirt früher oft ein Dorn im Auge waren, werden reflektiert. „Erscht zulln´s den ganzen Abend an einem Seidla Bier, und dann verprelln´s mer a nu mei Gäst“, soll der Wirt wohl oft gedacht haben. Der Krug seines Großvaters „selig“ stand auch hier, denn die Gründungsmitglieder (1924) des hiesigen „Liederkranz“ waren offenbar trunkfeste Sänger und Stammgäste in diesem Wirtshaus.

Ausrangierte Lkw-Reifen eines ortsansässigen Fuhrunternehmens dienten den Burschen seinerzeit als Feuerhilfe bei der Fischwache. Dann rücken die über die Grenzen Deutschlands bekannten Aischgründer Spiegelkarpfen in den Betrachtungswinkel zwischen einem „Fässla“ Bier und einem Bocksbeutel, während die da draußen beim Abfischen knietief im Schlamm steckten. Dem Wolfenbacher Schorsch wird in Punkto Karpfenweiher ein Denkmal gesetzt. Riesengroß erschien sie dem damals sechsjährigen Eddi, die Welt, in der er aufwuchs und in der man so viel tun konnte. Schlittenfahren auf den steilen Abhängen des „Giesbergs“, Schwimmen und Boot fahren auf dem Dechsendorfer Weiher. „Die Welt schien auch nach Heßdorf bis Neuenbürg hinüber unendlich“.

Die Erlanger Kerwa rückt ins Geschehen, der Erich Keller wird vom Fotografen eingefroren. Über den Oberlehrer Vitus wird sinniert, über den Nürnberger Club und gleichzeitig den geliebten FC Dechsendorf. Und nicht zuletzt von der vergebens gestellten Bitte, die Kirchweih im Dorf zu lassen. Fazit: Allemal lesenswert, wird man sich doch selbst bewusst darüber, wie die die Gegenwart an einem vorbei huscht.

Das Buch „Wenn der Karpfen reden könnt ...“ liegt seit dieser Woche in den Buchhandlungen in Erlangen und Nürnberg, ist im Selbstverlag (ISBN 978-3-00-032636-3) erschienen und kostet 14,80 Euro. nr