Wenn der Bauer bei „Bauer sucht Frau“ kein Bauer ist

13.1.2011, 16:56 Uhr
Wenn der Bauer bei „Bauer sucht Frau“ kein Bauer ist

© Pfrogner

Diese Frage stellte sich gestern die Klasse 9a von Klassenleiter Peter Popp im Liebfrauenhaus. Doku-Soaps, wahlweise auch Reality Shows oder Pseudo-Dokus genannt, brillieren mit einem einfachen Rezept: Es muss krachen, laut sein, lustig oder traurig. Und dabei den Eindruck vermitteln, dies sei das wahre Leben.

Dass das keineswegs so ist, erklärte die 22-jährige Damaris Stocklassa, Studentin der Medienwirtschaft in Stuttgart. Ihre Referate in mehreren Klassen zeigten deutlich, wie wichtig gerade in der Schule die Aufklärung über die Funktionsweise von Medien ist. Denn so ganz sicher waren sich die Schüler nicht immer, ob eine vorgespielte Doku-Soap-Szene echt war, verzerrt oder komplett erfunden. Das allerdings haben sie mit vielen Erwachsenen gemeinsam. Die Suche nach der Wahrheit - nie war sie so schwer wie im Medienzeitalter.

Es ist ja auch kaum zu glauben, was manche Privatsender alles unternehmen, um Zuschauerquoten und damit Werbeeinnahmen zu steigern. Das angeblich wahre Leben folgt dabei immer dem Diktat des Drehbuchs, in dem jeder feste Rollen hat: Es gibt immer den Perfekten, den Mittelmäßigen, den Lustigen, den vom Schicksal Getroffenen und den „totalen Loser“. Wer an solchen Shows teilnimmt, muss in der Regel Verträge unterschreiben, die dazu zwingen, nahezu jeden Einfall der Redakteure mitzumachen. Die Doku-Soap-Wahrheit wird so lange uminszeniert, bis sie eben nicht mehr Wahrheit ist. „Die wäre ja auch langweilig“, sagte Damaris Stocklassa.

Ein Schüler hatte da den naheliegenden Gedanken: „Wenn durch Aufklärung irgendwann alle wissen, dass das alles nicht wahr ist, dann schauen die Leute das doch nicht mehr.“

Schön wäre das. Doch es dürfte anders kommen. Aus Wahrheit wird durch die Zutaten des Filmteams spannende Abendunterhaltung, eigentlich ein Spielfilm. Und dann schaut man zu und weiß dabei: Es ist nicht wahr. Geradedie infamsten Erfindungen werden dann schon wieder interessant. Da ist es dann sogar ein schöner Gesprächsstoff nach der Sendung, ob ein Showteilnehmer wirklich ein „Vollidiot“ war oder sich nur „zum Affen hat machen lassen“.

Damaris Stocklassa war nicht gekommen, um den Schülern das Anschauen von Doku-Soaps auszureden. Aber einige werden die Sendungen nun mit anderen Augen sehen. Damit sind sie der Wahrheit im Fernsehen ein schönes Stückchen näher gekommen. mk