Wenn sich der „Balançado“ ins Ohr und die Seele schmeichelt

19.10.2014, 13:58 Uhr
Wenn sich der „Balançado“ ins Ohr und die Seele schmeichelt

© Foto: Rainer Groh

Es hat sich halt herumgesprochen, dass Jazz 3! das Schlossgewölbe in einen Club mit Großstadtniveau verwandelt, der die Anfahrt auch aus Bamberg, Nürnberg und Erlangen allemal lohnt. So konnte sich die Veranstalterin bei den Fans für deren Zuspruch bedanken und bekennen, sie sei glücklich.

Ein wenig glücklicher verließ den Saal nach zwei Zugaben auch jeder Zuhörer, jedenfalls wenn er ein Ohr hatte für die Delikatesse des Einfachen und diesen schwebenden brasilianischen Swing, der nicht auf Triolisation beruht, sondern, ja worauf wohl? — und den sie im Ursprungsland „Balançado“ nennen. Eine heiße Kiste war das Konzert nicht, das war allenfalls die tropisch arbeitende Heizung im Gewölbe.

Dafür aber erzählte die Band in 14 Songs 14 Geschichten vom Leben. Wie es ist, wenn man auf der Straße des Glücks („Naqueiu Avenida“) unterwegs ist, wenn einen die Sehnsucht plagt („Sou Marinheira“) oder man vor lauter Liebe einen rechten Schwulst daherredet („Rosa“).

Yara Linss ist eine Sängerin, die das alles nicht nur mit brasilianisch schlanker, aber gefühlvoller Intonation musikalisch vermittelt. Sie erklärt die portugiesischen Songtexte auch unterhaltsam in ihrer Moderation.

Die Band sorgt dafür, dass sich das alles vielleicht noch authentischer bzw. „akustischer“ ins Ohr und in die Seele schmeichelt als andere Besetzungen, mit denen Yara Linss schon in der hiesigen Gegend zu hören war.

Natürlicher Klang

Kein Piano, die – akustische — Gitarre als Harmonieinstrument, die Joao Luis Nogueira nicht einmal mit Tonabnehmern, sondern des natürlichen Klangs wegen über ein Mikrofon verstärkt. Sie hält die Musik zusammen, und Nogueira entlockt ihr elegante Solos, die die Geschichten der Songs unterstreichen.

Der Bass, gespielt von André Cayres, gibt der Musik, wenn nötig, Druck, denn der in Köln ansässige Musiker greift herzhaft in die Saiten. Vor allem aber liefert Cayres die Grundlage für diesen faszinierenden rhythmischen Schwebezustand „Balançado“. Denn Percussionist Marcio Tubino hat natürlich das richtige Klanggefühl und hängt mit seinem Spiel immer einen Tick hinter dem Metrum, das der Bass vorgibt.

Tubino spielt von der Snare Drum bis zum Kürbis viele Rhythmusinstrumente, aber darauf keine einzige Note zu viel. Und um aus einem Lied wie „Um absurdo“ ein kleines Kunstwerk zu machen, genügt ihm das Pandeiro, das brasilianische Tamburin. Als Solist spielt der Wahl-Münchener inspiriert Sopransaxophon – etwa in dem bekannten Linss-Stück „Impar“, einer Samba im Siebenvierteltakt. Dann klopfen schon mal Gitarrist und Bassmann den Rhythmus auf dem Instrumentenkorpus, und das Publikum merkt vollends, was bei aller Bescheidenheit des Auftritts für großartige Musiker am Werk sind.

In der zweiten Zugabe haben sie sogar Charlie Chaplins Film-Schmachtfetzen „Smile“ Latin-Leben eingehaucht – mit Marcio Tubino nur am Tamborim. Mit Verlaub: Der Abend war bestimmt brasilianischer als die Spix-Hommage ein paar Häuser weiter. Und wir Fans freuen uns schon auf die nächste Jazz 3!-Saison.

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