Wenn zwischen Mutter und Vater 400 Kilometer liegen

14.1.2019, 17:18 Uhr
Wenn zwischen Mutter und Vater 400 Kilometer liegen

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Ihr Leben als Mama hätte sich Lisa F. sicher anders vorgestellt. Leichter, harmonischer. Doch es kam eben nicht so für Lisa F., die ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, um nicht für noch mehr Konfliktpotenzial in der Beziehung zu ihrem Ex-Partner zu sorgen.

Lisa F., die ursprünglich aus dem westlichen Landkreis stammt, lebte bis vor einigen Monaten in Köln. Sie arbeitete dort, 2017 bekam sie eine kleine Tochter. Doch die Beziehung zum Kindsvater kriselte, im vergangenen August kam es zur Trennung. Aus ihrem ursprünglichen Plan, im Herbst wieder arbeiten zu gehen und dass er mit in die Kinderbetreuung einsteigt, wurde nichts.

Lisa F. und die kleine Tochter blieben noch einige Wochen in der früher gemeinsamen Wohnung, doch zum 1. Dezember wurde diese vom Ex-Partner gekündigt. "Er hat uns praktisch auf die Straße gesetzt", so die junge Frau.

Doch in Köln und Umgebung eine neue Wohnung zu finden, ist schwierig. Der Plan deshalb: Zurück zu den Eltern nach Franken. Die Idee, in deren Nähe zu ziehen, hatte auch das Paar schon entwickelt — als es noch gut lief zwischen den beiden und weil es eben beruhigend ist, bei der Betreuung eines Kindes Großeltern in der Nähe zu wissen. "Mein damaliger Partner hat Häuser herausgesucht, die wir uns hier anschauen wollten", erzählt Lisa F.. Ende November zog sie mit der Kleinen schließlich nach Erlangen-Höchstadt.

Lage hat sich geändert

Doch davon, dass es für eine junge Mutter hilfreich ist, in der Nähe ihrer Eltern zu wohnen, die bei der Betreuung des Kindes einspringen können, ist für den Ex-Partner heute nicht mehr die Rede. Denn entbrannt ist ein Streit um die kleine Tochter.

Die Auseinandersetzungen begannen schon, als Mutter und Kind noch in Köln lebten. Das Jugendamt war eingeschaltet, um zu regeln, wie die Besuche des Vaters gestaltet werden sollten. "Es war nie meine Absicht, ihm das Kind zu nehmen oder dem Kind den Vater", beteuert Lisa F.. Das sei es auch heute nicht, die beiden sollen sich sehen, doch habe sie immer auf feste Absprachen gedrungen.

Anfang Dezember fand eine gerichtliche Anhörung statt, bei der endgültig geregelt werden sollte, wer sich wann und wo um das Kind kümmern darf. Doch die Tatsache, dass Lisa F. mit dem Kind inzwischen nach Franken gezogen war, wurde ihr vor Gericht nicht gut ausgelegt. "Es hieß, dass ich das Kind damit dem Vater entziehen wolle", so Lisa F.. Um wenigstens zu vermeiden, dass der Vater bei der für Lisa F. schlecht laufenden Anhörung das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen wird, stimmte sie einem Vergleich zu.

Der sieht ein sogenanntes Wechsel-modell vor (siehe Kasten). Die Tochter soll abwechselnd bei Mutter und Vater leben, gewechselt wird wöchentlich an einem festgelegten Tag. "Die Richterin sagte, dass sie selten den Fall habe, dass sich Vater und Mutter um das Kind kümmern wollen", erzählt Lisa F. Der Wille des Vaters, sich ebenfalls für die Tochter zu engagieren, solle nicht gebremst werden. Ein Engagement als Vater allerdings, das Lisa F. aus der Zeit vor der Trennung so nicht kennt, wie sie sagt.

Teil des Vergleichs ist auch, dass die Mutter wieder ins Rheinland ziehen und dort eine Betreuungseinrichtung für das Kind gesucht werden solle. Lisa F. bemüht sich intensiv, dort eine geeignete Wohnung zu finden — auch wenn sie wegen der Nähe zu ihren Eltern, die nach ihrer Beschreibung eine innige Beziehung zur Enkelin haben, eigentlich hier bleiben möchte.

Jobmäßig hätte die junge Frau wohl hier wie dort kein Problem. In ihrem Beruf herrsche rege Nachfrage, "ich könnte mir aussuchen, wo ich arbeiten will", sagt Lisa F. Sie habe auch hier in der Gegend bereits Jobangebote — "doch die kann ich nicht annehmen, weil ich ja nicht hier leben darf".

Beim Vater hingegen, der mittlerweile ebenfalls in seinem Elternhaus in einer anderen Stadt lebt, sehe es arbeitsmäßig schlechter aus. Er arbeitete bislang immer in zeitlich befristeten Projekten, derzeit sei er arbeitslos. Im kommenden Sommer wolle er eine Umschulung beginnen. "Aber ob er dann noch so für das Wechselmodell zur Verfügung steht, ist die Frage", meint Lisa F, die sich ebenso wie ihr Ex-Partner rechtlichen Beistand an die Seite geholt hat.

Ihre Frage nun: Wo werde in der ganzen Sache an das Kind gedacht? Derzeit sehe es so aus, dass es jedes Wochenende in den Zug steige, um mit dem Elternteil, bei dem es die Tage davor verbracht habe, zum jeweils anderen zu fahren. Strapaziös sei das für die Kleine. Ganz einleuchtend finde sie auch nicht, warum es nicht möglich sei, dass die Tochter hier lebe und vom Vater besucht werde. Oder dieser auch hierher ziehe. "Örtlich gebunden ist er ja nicht", sagt die junge Mutter.

Vergleich ist bindend

Auch Beratungsstellen hat sie bereits aufgesucht, wirklich weiterhelfen konnte man ihr da aber nicht — denn der Vergleich vor Gericht, auch wenn sich Lisa F. zu diesem gedrängt fühlte, ist bindend.

An die Öffentlichkeit wendet sie sich nun in der Hoffnung, jemanden zu finden, der in einer ähnlichen Situation ist und Tipps hat, wie man mit dieser umgehen kann. Oder auch einfach jemanden, der eine geeignete Wohnung in Köln oder Düsseldorf vermitteln kann. Diese beiden Städte hat das Gericht als mögliche Wohnorte der Frau angegeben. Der Vater des Kindes, so das Gericht, solle dann ebenfalls in diese Stadt ziehen.

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Information:

BEIM WECHSELMODELL HAT DAS KIND MEHR ALS EIN ZUHAUSE

Beim Wechselmodell bieten beide Elternteile dem Kind ein Zuhause, in dem es sich abwechselnd aufhält. Voraussetzung dafür, so heißt es, sei eine sichere Bindung zu beiden Elternteilen. Die Voraussetzungen, unter denen das Modell sinnvoll ist, sind umstritten: Einige Experten sagen, es sei vor allem für Eltern geeignet, bei denen "die Fähigkeit zu Kommunikation und Kooperation besonders ausgeprägt" sei — andere führen an, dass auch konfliktbelastete Ex-Paare profitieren könnten, da die "Übergabe" der Kinder hier problemlos gestaltet werden könne: Das Kind wird zum Beispiel am Montag von der Mutter in den Kindergarten gebracht, nachmittags vom Vater vom Kindergarten abgeholt und verbringt dann die Zeit bis zum nächsten Montagmorgen beim Vater. Ab diesem Montagnachmittag lebt das Kind wieder für eine Woche bei der Mutter. Praktiziert wird das Modell meistens von Eltern, die in geringer räumlicher Entfernung wohnen.

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