In Ezelsdorf auf dem Weg zur Energie-Autarkie

29.7.2019, 11:58 Uhr
Sieht fast aus wie ein Zapfhahn, ist aber der Stecker der Schnellladestation, die ihren Strom von der Solaranlage auf Andreas Haehnels Dach bezieht. Vorne links die beiden konventionellen Ladestationen.

Sieht fast aus wie ein Zapfhahn, ist aber der Stecker der Schnellladestation, die ihren Strom von der Solaranlage auf Andreas Haehnels Dach bezieht. Vorne links die beiden konventionellen Ladestationen.

Sein großes Ziel ist die Energie-Autarkie. Er will eines Tages den gesamten Strom, den er verbraucht, selbst erzeugen. Dabei ist Haehnel auf einem guten Weg. Nach eigenen Angaben produziert er bereits 60 Prozent der im Haus benötigten Strommenge mit seinen eigenen Solaranlagen auf dem Dach und an der Hauswand. Speichern kann er den Sonnenstrom in großen Akkus im Keller, eine Pilotanlage, in die der Ezelsdorfer über 100.000 Euro investiert hat.

Der selbst erzeugte Strom speist bei Haehnel Computer und Waschmaschine, Bügeleisen und TV, Heizung, Backofen, kurzum: alle elektrischen Geräte und die Ladestationen für zwei Elektro-Autos. Eben diese Ladestationen und auch die elektrische Heizung bremsen derzeit noch den Fortschritt beim Erreichen der Energie-Autarkie. "Hierfür wird viel Strom verbraucht, da muss ich noch deutlich nachsteuern", sagt der Ezelsdorfer.

Bei den Ladestationen für seinen Tesla und den Hyundai seiner Frau soll das mit einer Smart-App funktionieren, die den Ladeprozess am Stand der Stromproduktion orientiert. Haehnel experimentiert noch, ist aber sicher, dass sich gute Ergebnisse erzielen lassen.

Drei Ladestationen am Haus

Am Haus hat er jetzt drei Ladestationen: zwei konventionelle Wechselstrom-Anschlüsse und eine Schnellladestation mit Gleichstrom, die es ihm ermöglicht, seinen Tesla in nur 30 Minuten aufzuladen. Ursprünglich hatte Haehnel vor seinem Haus einen Platz für eine öffentliche Schnellladestation der Gemeinde angeboten, die die Station hätte finanzieren sollen.

Doch der Burgthanner Gemeinderat konnte sich mit dem Gedanken nicht anfreunden, weil nach Meinung der meisten Bürgervertreter der Standort in Ezelsdorf zu weit an der Peripherie liegt. Jetzt hat der Ezelsdorfer selbst rund 8000 Euro in die Hand genommen und die Station am eigenen Haus allein für den Privatgebrauch installiert.

Aber nicht allein für sich selbst: Haehnel hat regelmäßig E-Auto-Fahrer zu Gast, die bei ihm auftanken. Und er testet in Zusammenarbeit mit Händlern elektrisch getriebene Fahrzeuge, die ebenfalls an seiner Stromtankstelle in Ezelsdorf geladen werden.

Über 30 verschiedene Modelle haben Haehnels Test zwischenzeitlich durchlaufen, normale Pkw, Sportwagen und Transporter. Von den Fahrten macht der Ezelsdorfer Youtube-Videos und freut sich über den großen Erfolg, den er damit hat, beispielsweise mit dem Video vom Vergleichstest zwischen einem Hyundai und dem Tesla Model 3 (wir berichteten).

Überhaupt Tesla: Haehnel ist ein großer Fan der amerikanischen Marke und hat sich vor einem halben Jahr einen Tesla Model S mit 400 PS gekauft. Gebraucht, wie er betont. Neu kostet der Wagen rund 120.000 Euro. Und wenn er unterwegs ist, und der Saft geht dem Auto aus? "Da hilft der Computer", sagt Haehnel, "wenn ich von hier nach Hamburg fahre, dann sagt der mir, wo die Ladestationen sind und wie schnell ich fahren kann, um eine bestimmte Strecke zurück zu legen."

100.000 Euro für Stromspeicher im Keller, zwei teure E-Autos, hohe Investitionen in Solaranlagen – alles also eher für den dicken als für den kleinen Geldbeutel? Da winkt der Ezelsdorfer ab. Bis zu 500 Euro habe er monatlich für den Treibstoff seines Wagens und des Autos seiner Frau bezahlt, weil beide berufsbedingt weit fahren müssen. Das Geld sparen die Haehnels ebenso wie die Ausgaben für Erdgas. Ihre Gasheizung haben sie ausbauen lassen und an ihrer Stelle Elektroheizungen installiert. Ersparnis jährlich: weit über 1000 Euro.

Aber wer kann schon mal so eben eine Schnellladestation für 8000 Euro vor das Haus bauen? Klingt zunächst mal nach viel Geld, räumt Haehnel ein. Wenn aber heutzutage eine Familie ganz neu baut und mit Gesamtkosten von über 300.000 Euro kalkuliert, dann wäre eine solche Ladestation in der Gesamtkalkulation nur ein kleinerer Posten.

Wie man ohnehin immer das große Ganze sehen sollte: Beim Neubau von Tiefgaragen etwa könnte man doch automatisch zwei oder drei Ladestationen einplanen, sagt der Ezelsdorfer. Ideen hat er jede Menge und Freude, wenn an Tagen wie in diesem Rekordsommer der Stromertrag seiner privaten Solarkraftwerke besonders hoch ist.

Weitere Informationen im Internet: www.mister-energiewende.de

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