"Kümmerer" für den Pflegebereich

13.11.2019, 18:18 Uhr

© Harald Munzinger

Vorgeschlagen hatten den "Kümmerer" die Klinikleitung und die Verwaltung angesichts der Aufgabenfülle und des bereits begonnenen neuen Schuljahres mit ausländischen Schülern an den Berufsfachschulen für Kranken- und Altenpflege/Altenpflegehilfe zur Unterstützung des Netzwerkes im Bereich der Pflegeberufe. Zuvor hatte die Geschäftsstelle der "Gesundheitsregion plus" eine Situationsanalyse durchgeführt, über deren Resultat Geschäftsführerin Stefanie Schindler den Ausschuss informierte.

Festgestellt wurde, dass aufgrund fehlender Fachkräfte in den Einrichtungen im Landkreis – eine ausgenommen, die bisher alle neuen Stellen besetzen konnte – nicht alle Betten belegt würden. Dies habe zur Folge, dass Bürgerinnen und Bürger einen Pflegeplatz außerhalb des Landkreises und auch ihres sozialen Gefüges suchen müssten. Dies könne sich negativ auf ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität auswirken.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müsse das mit einem schlechten Image behaftete Berufsbild "transparent kommuniziert", müssten und Schüler sowie Erwachsene für einen schönen und wertvollen Beruf begeistert werden. Landrat Weiß sah da den Landkreis auf einem guten Weg. Dass das Berufsbild positiv belegt, Arbeitsstrukturen optimiert, Berufstätige im Pflegeberuf gehalten werden müssten und die Arbeit mehr Wertschätzung erfahren müsse, nannte Schindler einige allgemeine Herausforderungen. Es gelte "die Pflegenden zu pflegen". Um gemeinsam eine größere Zielgruppe zu erreichen und zusätzliche Projekte umzusetzen, war das Netzwerk "Pflege in Frankens Mehrregion" gebildet sowie ein Arbeitskreis "Werbung" gegründet worden.

Mit der Integration des Netzwerkes in die Strukturen der "Gesundheitsregion plus" sollen "gemeinsam Aktivitäten geplant und umgesetzt werden, um potentielle Pflegeschüler für den Beruf zu begeistern und Berufstätige im Pflegebereich zu halten. Im Fokus stehe hierbei die Landkreisbevölkerung, wird betont und zugleich bei stetig steigendem Bedarf an Pflegepersonal auf die Option von Kräften aus dem Ausland verwiesen. So wäre eine Aufgabe des "Kümmerers" der Aufbau und die Installation eines professionellen Akquise-Prozesses mit dem Kontakt zum Ausländeramt, der Organisation von Sprachkursen sowie der sozialen Integration und Vermittlung der "kultursensiblen Kommunikation".

Anspruchsvolles Profil

Das Profil ist anspruchsvoll, wie es eine Liste von Anforderungen zeigt, auf die Stefanie Schindler verwies. So müssen sich Bewerber für die zunächst auf zwei Jahre befristete Projektstelle im Pflegesystem gut auskennen, über Kommunikationsfähigkeit und psychosoziale Beratungskompetenz verfügen, Kenntnisse und Erfahrungen im Projekt-sowie im "Selbst- und Zeitmanagement" mitbringen sowie unter anderem Verständnis für junge Leute, Kenntnisse im deutschen Rechtssystem sowie interkulturelle Kompetenz und Kontaktfähigkeit haben, bei alledem "belastbar und flexibel" sein.

Auf die Frage von stellvertretendem Landrat Bernd Schnizlein, ob es solche Kräfte überhaupt auf dem Arbeitsmarkt gebe, erklärte der Leiter der Haupt- und Personalverwaltung, Rainer Kahler: "Ausgeschlossen gibt es bei uns nicht", um anzufügen, dass es bisher immer gelungen sei, attraktive Angebote zu bekommen. Dass dies in diesem Fall schon im Ausschreibungsverfahren seine Zeit brauche, zerstreute er Sorgen um Folgen eines Schnellschusses, wenn der Kreistag den "Kümmerer" nicht bewillige. Der kritische Einwand von Kreisrat Werner Zurwesten, dass man ausländische Kräfte abwerben könne, die in ihren Heimatländern gebraucht würden, "nur weil wir mehr Geld haben", ging als Einzelmeinung ins Protokoll.

Einrichtungen aus dem Landkreis berichteten bei der Befragung von positiven Erfahrungen mit Pflegekräften aus Albanien, Indien, Kroatien, Rumänien und Vietnam, machten aber zugleich auch deutlich, dass mit ihrer Beschäftigung ein sehr "zeitintensiver Aufwand" bei der Integration und für Behördengänge verbunden sei, es Sprachbarrieren und Schwierigkeiten bei der Fachsprache gebe.

"Noch viele Fragen offen"

Noch nicht entscheidungsreif waren aus der Sicht von Landrat Helmut Weiß und Kämmerin Silvia Ripka die Anträge des Freiwilligenzentrums zur Förderung seiner Arbeit allgemein sowie zur Kofinanzierung des Freiwilligen Sozialen Schuljahres. Der Landrat will nach dessen Dienstantritt Anfang nächsten Jahres mit dem neuen Geschäftsführer "Gespräche hinsichtlich personeller Ausstattung und Finanzierung" des FSSJ führen, da "noch viele Fragen offen sind".

Der Landrat wird ersucht, den 50-prozentigen Finanzierungsanteil des Fördervereins der Caritas für das FSSJ zu übernehmen, der diesen aufgekündigt hat. Der Betrag wird auf maximal 30.000 Euro beziffert. Da er erst zum Schuljahr 2020/21 fällig würde, sah Weiß den Landkreis nicht unter Zeitdruck und begegnete Befürchtungen der Ausschussmitglieder Heike Gareis und Gabi Schmidt, dass mit der aufgeschobenen Entscheidung das mehrfach ausgezeichnete bundesdeutsche Modellprojekt akut gefährdet sein könne. Man lehne den Antrag nicht ab, erklärte der Landrat und Kämmerin Ripka hielt es ebenso, wie er, nicht für verantwortbar, ohne die Klärung offener Fragen – etwa wie sich die Kosten zusammensetzen - eine finanzielle Entscheidung zu treffen. Bei der Antragsfrist im Mai nächsten Jahrs habe man dazu reichlich Zeit. In der ließe sich nach Meinung von Kreisrätin Ursula Pfäfflin Nefian auch prüfen, ob andere Partner – wie etwa die Diakonie – einsteigen könnten.

Das Gleiche galt für den Antrag des Freiwilligenzentrums zur "Förderung der Freiwilligenarbeit im Landkreis". Auch hier geht man bei der Caritas von einem jährlichen Kreiszuschuss von 30.000 Euro aus, da man bemüht sei, die jährliche Finanzierungslücke von 67.000 Euro über Stiftungen und Sponsoren sowie durch eine dauerhafte Unterstützung durch die kreisangehörigen Gemeinden zu verringern. Deutlich gemacht wird, dass nur mit einer gesicherten Finanzierung die Arbeit des FWZ fortgeführt werden könne, die auf mehreren Säulen ruhe und mit den verschiedenen Angeboten viele Menschen erreiche. Mit diesen werde das soziale Leben und die Regionalentwicklung im Landkreis nachhaltig mitgestaltet.

Dem Einwand von Landratsvertreterin Gisela Keller, dass davon nur die Städte profitierten, auf dem flachen Land nichts ankäme, folglich "diese Kommunen als Nutznießer ins Boot zu holen" seien, wurde das immer dichter werdende Netz der Nachbarschaftshilfen entgegengehalten. Dass 80 Prozent der Freiwilligenzentren in Bayern von Kommunen (Kreisen) betrieben würden, stellte Kreisrätin Gabi Schmidt fest und sah die ganze Last auf den Landkreis als Träger zukommen, wenn sich die Caritas zurückziehe.

Staat drückt Kommunen Lasten auf

Landrat Helmut Weiß riet ihr, sich mit gleichem Eifer beim Staat für die gesicherte Finanzierung einzusetzen, der auch hier mal wieder "schnell etwas auf die Kommunen abschiebt". Diese würden damit doppelt belastet. Da es sich um freiwillige Leistungen handle, müsse der Landkreis verantwortlich alle noch offenen Fragen klären, betonte Kreiskämmerin Silvia Ripka. Die auch von Kreisrätin Heike Gareis dargestellte wertvolle Arbeit, die vom Freiwilligenzentrum unter anderem mit der Koordination breitgefächerten ehrenamtlichen Wirkens stand in der Debatte nicht in Frage. Ebenso wenig der schmerzliche Verlust, wenn es das FWZ nicht mehr geben sollte. Dass sich bei ungesicherter Finanzierung deren hauptamtlichen Kräfte anderweitig umsehen könnten, mochte "die Politiker nicht entbinden, alle Modalitäten zu prüfen", wie es der stellvertretende Landrat Hans Herold deutlich machte.

Pflegestützpunkt ausdrücklich begrüßt

Da der Rahmenvertrag noch fehlt, konnte auch über die Einrichtung eines "Pflegstützpunktes" nicht entschieden werden. Diese sollen eine umfassende und neutrale Beratung zu den Themen Pflege und Versorgung im Alter gewährleisten, mit den Kranken- und Pflegekassen kooperieren und alle für eine wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden Maßnahmen koordinieren. Zu ihren Aufgaben zählen ferner die Hilfe bei der Inanspruchnahme von Leistungen und die Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote. Die neutrale Beratung wurde bei Rolle der Kassen als Verhinderer aus den Ausschussreihen ausdrücklich begrüßt und als enorm wichtig bezeichnet (Werner Zurwesten). Der Landrat setzte auf eine gründliche Prüfung unter anderem von Doppelstrukturen sowie des Angestellten- beziehungsweise Kooperationsmodells mit unterschiedlichen Belastungen des Kreisetats zwischen 40.000 bis 50.000 oder 70.000 bis 80.000 Euro.

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