Spätmittelalter-Werk eines mysteriösen Künstlers

Kunst-Sensation: Gestein von weltberühmtem Altar kommt aus Franken

Bastian Lauer

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12.2.2022, 05:55 Uhr
Der Rimini-Altar, so wie er im Liebieghaus in Frankfurt am Main noch bis nach Ostern ausgestellt ist.  

© Liebieghaus Skulpturensammlung Der Rimini-Altar, so wie er im Liebieghaus in Frankfurt am Main noch bis nach Ostern ausgestellt ist.  

Um den sogenannten Rimini-Altar ranken sich Geheimnisse. Zum Beispiel: Wer hat das Kunstwerk, das auf das Jahr 1430 datiert wird, geschaffen. Die weißen Gesteinsfiguren des Altars stellen die Kreuzigungsszene dar, flankiert von den zwölf Aposteln.

Das Kunstwerk wurde vier Jahre lang aufwendig restauriert und ist seit November im Liebieghaus unter dem Titel "Mission Rimini" in Frankfurt am Main ausgestellt. Den Restaurierungsprozess nutzte man, um mehr über dessen Herkunft herauszufinden.

Im Ickelheimer Wald bei Bad Windsheim gibt es auch einen "Alabasterweg" genannten Hohlweg.

Im Ickelheimer Wald bei Bad Windsheim gibt es auch einen "Alabasterweg" genannten Hohlweg. © Bastian Lauer

Wer den Altar geschaffen hat, ist nicht bekannt. Ein einzelner Künstler oder eine Werkstatt als Ursprung sind möglich. Das Werk ist von so hoher Qualität, dass der mysteriöse Künstler in der Fachwelt als "Meister des Rimini-Altars" bekannt ist. Ihm werden mehrere wertvolle Alabaster-Kunstwerke zugeschrieben, die in der ganzen Welt verteilt sind. Seinen Wirkungsort verortete man bisher in die Region Flandern, da die Ausgestaltung seiner Alabasterwerke an den Stil von Malern erinnert, die damals dort wirkten.

"Eines der bedeutendsten Kunstwerke"

Der Altar soll über Jahrhunderte in der Wallfahrtskirche Santa Maria delle Grazie in Rimini gestanden haben, daher auch sein Name. 1913 kaufte der Gründungsdirektor des Liebieghauses, Georg Swarzenski, den Altar für – auf heutige Kaufkraft umgerechnet – absurde zwei Millionen Euro. Der heutige Direktor Dr. Philipp Demandt nennt den Altar "eines der weltweit bedeutendsten und fragilsten Kunstwerke" seines Hauses.

Figuren aus der Ausstellung „Mission Rimini“: der Rimini-Altar mit Alabaster aus Ickelheim.

Figuren aus der Ausstellung „Mission Rimini“: der Rimini-Altar mit Alabaster aus Ickelheim. © Norbert Miguletz

Alabaster ist ein Gipsgestein und spielt schon seit Jahrtausenden eine Rolle in der Kunst. Optisch ähnelt er Marmor, es ist aber deutlich weicher und somit leichter zu bearbeiten. Das Material – wasserhaltiges Calciumsulfat – ist nicht wetterbeständig, Kunstwerke können somit nur für Innenbereiche geschaffen werden.

Abbau seit dem 14. Jahrhundert

Nördlich der Frankenhöhe bis nach Unterfranken sind die Böden sehr gipshaltig, was die Bildung von Alabaster fördert. Der Bereich zwischen Sulzheim im Landkreis Schweinfurt und Bad Windsheim spielt seit Jahrhunderten als Abbauregion eine wichtige Rolle in Europa. Speziell Ickelheim ist ebenfalls als Abbauort bekannt. Aus den Wäldern bei den Weinbergen wurde mindestens seit dem 14. Jahrhundert Alabaster herausgeschafft.

Die Restaurierung des Altars nahm das Geologie- und Bergbauforschungsamt in Orléans/Frankreich zum Anlass, insgesamt 15 Werke des Meisters mittels Isotopenmessungen zu untersuchen. Da der berühmte Würzburger Künstler Tilman Riemenschneider – rein optisch – das gleiche Material für seine sieben erhaltenen Alabasterwerke verwendet hat, untersuchte man diese mit. Man nahm dazu Vergleichsproben aus Castell, Seinsheim und Ickelheim.

Ickelheimer Gestein im Louvre

Das Ergebnis der Forschergruppe ist eindeutig, wie es in ihrem Bericht heißt: "Der Ickelheim-Alabaster ist die einzige untersuchte fränkische Lagerstätte, welche die eigentümlichen makroskopischen Eigenschaften der Rimini-Skulpturen aufweist." Von allen 15. Und von den sechs untersuchten Riemenschneider-Werken ebenfalls.

Das wirft nicht nur in der Fachwelt interessante neue Fragen zum Rimini-Meister auf. Auch in Ickelheim haben Hobbyforscher begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Noch bis 24. April läuft die "Mission Rimini" im Liebieghaus. Wer in Paris ist, kann auch mal im berühmten Louvre-Museum vorbeischauen. Dort ist Riemenschneiders "Die Jungfrau der Verkündigung" ausgestellt. Aus Gestein, das einst im Ickelheimer Wald ausgegraben wurde.

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