Landesausstellung in Regensburg: Das frühe Bayern ertasten

24.9.2019, 06:00 Uhr
Das mechanische Planetarium des Londoners Uhrmachers George Adams für den bayerischen Kurfürsten Karl Theodor aus dem 18. Jahrhundert steht in der Landesausstellung am Donauufer in Regensburg.

© Foto: Armin Weigel/dpa Das mechanische Planetarium des Londoners Uhrmachers George Adams für den bayerischen Kurfürsten Karl Theodor aus dem 18. Jahrhundert steht in der Landesausstellung am Donauufer in Regensburg.

"Hundert Schätze aus tausend Jahren" ist die Landesausstellung 2019 im Donausaal des Museums betitelt, die vom 27. September an zu sehen ist. Sie komplettiert nun die bayerische Geschichte ab dem frühen Mittelalter zumindest befristet. Museums-Direktor Richard Loibl hat sich viel mit der Geschichte seines eigenen Hauses befasst und muss schmunzeln. Zu Zeiten von Franz Josef Strauß gab es noch den Traum von einem bayerischen Nationalmuseum, mit dem Effekt, dass etliche Museen ihre wichtigsten Schätze verloren hätten.

Schmiedekunst und Schwedenkönig

Jetzt versammelt die Landesausstellung leihweise interessante Stücke. Sogar der schwedische König Carl Gustav hat persönlich zugestimmt, dass aus seiner Sammlung ein Zeugnis Nürnberger Goldschmidekunst von Christoph Jamnitzer gezeigt werden darf. Schwedenkönig Gustav Adolf hatte den Pokal mit Weltkugel 1632 als Ehrengeschenk in Nürnberg bekommen.

Aus der Staatsgalerie in München stammt das Porträt, das Albrecht Dürer um 1520 von Jakob Fugger gemalt hat, es gehört wohl zu den wertvollsten Exponaten. Und vom Museumsverein Polling bei Weilheim kommt das Schulterblatt eines Grönlandwals, das vermutlich im 17. Jahrhundert mit einer venezianischen Szene bemalt wurde. Immerhin einen Quadratmeter groß ist das Kunstwerk.

Stiefel einer Moorleiche, ein Schandmantel für Gauner auf dem Pranger oder ein mechanisches Planetarium, das um das Jahr 1750 von Kurfüst Karl Theodor in London gekauft wurde — was auf den ersten Blick wie ein buntes Kaleidoskop wirkt, ist von Ausstellungsmacher Rainhard Riepertinger und seinen Kollegen nach modernen museumspädagogischen Aspekten drapiert und erklärt worden.

Sozial- und Wirtschaftsgeschichte gilt hier mehr als die Erinnerung an Herrscherhäuser. Und Historiker Richard Loibl setzt als gebürtiger Niederbayer noch einen weiteren Akzent. München, so sagt er, spielt in der Epoche bis 1800 eine untergeordnete Rolle. Die bayerische Geschichte müsse auch von Regensburg, Augsburg, Passau oder Nürnberg betrachtet werden.

Geschichte für alle Sinne begreifbar machen

Und da sind es dann Zeitzeugen vom Tempelritter bis zum Dorfpfarrer, die aus ihren Epochen erzählen. Der Wunsch der Ausstellungsmacher, Geschichte für alle Sinne begreifbar zu machen, wird auch an dem Bamberger Ritterkopf aus dem 13. Jahrhundert deutlich. Der etwa 30 Zentimeter hohe Kopf mit genietetem Eisenhelm, aus Sandstein geschlagen, wurde eigens von einem Bildhauer nachgebaut, damit ihn die Besucher ertasten können. Riepertinger, Stellvertreter Loibls, sieht in dem "inklusiven Gedanken eine Bereicherung: Auch ich spüre gerne die Besonderheiten dieses Kunstwerks mit Händen".

Die genaue Herkunft des Bamberger Ritterkopfs ist ebenso unbekannt wie Geschichte des "Bamberger Götzen", der 1958 gefunden wurde. Die eineinhalb Meter hohe Figur ist aus Sandstein herausgearbeitet. Deutlich erkennbar ist der Spitzbart am Kinn. Ganz vorsichtig haben Wissenschaftler den Stein aufs 9. Jahrhundert datiert, vielleicht ein Grabstein? Noch immer gibt der Götze Rätsel auf.

Dagegen ist das Geheimnis der beiden Skelette aus dem frühen 6. Jahrhundert weitgehend gelüftet, die aus dem Landkreis Straubing-Bogen stammen. Anhand der Zähne wurde sogar festgestellt, dass sie weit über den dritten Geburtstag hinaus gestillt wurden.

Die Landesausstellung ist bis 8. März täglich, außer montags, geöffnet. Das Kombiticket mit dem Museum kostet 10 Euro, ermäßigt acht Euro.

Verwandte Themen


Keine Kommentare