Podcast mit Roland Englisch

Landtagswahl: Zwischen Durchkommen und Todesspirale

Matthias Oberth

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12.10.2023, 15:00 Uhr
Roland Englisch war zu Gast im Podcast "Horch amol".

© Grafik: Redaktionsservice Roland Englisch war zu Gast im Podcast "Horch amol".

Ein "stabiles Ergebnis" für die CSU und ein Hubert Aiwanger, "der vor Kraft kaum Laufen kann", so charakterisiert Landtagskorrespondent Roland Englisch die Lage der beiden Parteien, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Freistaat in den nächsten fünf Jahren regieren werden.

Im Gegensatz zu manchen Kommentatoren, die die 37 Prozent Stimmanteil für die CSU als "Debakel" bezeichnen, verweist Englisch auf die stabile Zweidrittelmehrheit der Wähler, die dem konservativen Lager zugerechnet werden können. "Zählt man CSU, FWG und AfD zusammen, sind es knapp über 67 Prozent", so der NN-Redakteur im Podcast "Horch amol". Eine Verschiebung finde also zwischen diesen Parteien statt. Ein grundsätzlicher Stimmungswandel in Bayern ist für ihn nicht erkennbar.

Aiwangers Ambitionen

Die CSU habe "mit Schlimmerem gerechnet", sagt Englisch, der die politische Landschaft in Bayern seit mehr als drei Jahrzehnten beobachtet. Für Markus Söder sei, angesichts des Aufschwungs, den die Freien Wähler nach Flugblatt-Affäre erlebten, schon das "Durchkommen" ein Erfolg.

Mehr Sorgen dürften der CSU jedoch die bundesweiten Ambitionen von Aiwanger bereiten. Hier agiert der FW-Chef ganz im Stile der holländischen Bauern-Bürger-Partei, die im Nachbarland innerhalb kürzester Zeit einen atemberaubenden Aufstieg hinlegte. "Der Bogen, den die CSU früher zwischen Stadt und Land gespannt hat, funktioniert nicht mehr", sagt Englisch. Aiwanger dagegen, hat sich klar auf die Seite der Landwirte geschlagen und lässt die "Städter" links liegen.

Wenn die Wahlrechtsreform der Ampelregierung durchkommt, droht die CSU als Regionalpartei an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern, während die Freien Wähler bundesweit die Marke überspringen könnten. Eine Horrorvorstellung für die Christsozialen, die über die Staatsregierung bereits vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Reform geklagt haben.

Grüne auf dem Land schwach

Dass die Grünen in Bayern Federn lassen mussten, wundert Roland Englisch nicht. "Daran ist nicht nur die Politik der Ampel Schuld, sondern die Grünen haben in Bayern auch selbst Fehler gemacht", konstatiert Englisch. Die Partei könne sich auf dem Land "nicht verkaufen" und erreiche die "Seele der Menschen nicht", obwohl viele Landwirte beispielsweise einer ökologischen Landwirtschaft gar nicht abgeneigt seien.

Noch schwieriger beschreibt der Landtagskorrespondent die Lage der SPD. "Die Partei ist auf Landesebene ausgeblutet und die guten Kräfte sind in die Kommunalpolitik abgewandert", so seine Analyse. Alles in allem befinde sich die SPD in einer "Todesspirale", aus der es kaum ein Entrinnen gibt. Dabei habe die SPD durchaus richtige Themen, wie die Wohnungsnot, aufgegriffen. "Es fehlt der Partei aber an Glaubwürdigkeit", sagt Englisch. Ein Ende des Siechtums sei daher auch nicht in Sicht.

Wiedergänger FDP?

Überraschenderweise gesteht der NN-Redakteur dagegen der FDP durchaus Comeback-Qualitäten zu. "Die FDP ist ein echter Wiedergänger", meint Englisch. Immerhin habe er in seinem Arbeitsleben schon drei Mal das Ausscheiden und den Wiedereinzug der FDP in den Landtag erlebt.

Sorge bereitet nicht nur Roland Englisch der Aufstieg der AfD. Der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Partei die Stirn zu bieten, werde zunehmend schwierig. "Die spielen eine ganz andere Platte", so seine Einschätzung. Es gehe nicht mehr um Argumente, sondern es reiche der Rückzug auf das simple "Wir da unten gegen euch da oben". Die Abgrenzung vom politische Establishment genüge, um Menschen an sich zu binden, die sich von der gesellschaftlichen Entwicklung abgehängt fühlen oder den Regierenden schon immer misstraut haben.

Bleibt noch der Blick auf die künftige Riege der Minister und Staatssekretäre der künftigen Regierung. Für Roland Englisch sind bei der CSU drei Posten gesetzt: Joachim Herrmann (Innenministerium), Albert Füracker (Finanzen) und Michaela Kaniber (Landwirtschaft). Dem Anspruch Aiwangers auf das Landwirtschaftsministerium werde die CSU "nie und nimmer" nachgeben, ist sich Englisch sicher.

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