Lust auf Wandern

17.3.2012, 00:00 Uhr
Lust auf Wandern

Der Leidinger mit dem wetterfesten Einband steckte schon vor über 40 Jahren im Rucksack, wenn die Familie am Sonntag mit der Straßenbahnlinie 21 nach Nürnberg-Ziegelstein fuhr, um von dort nach Kalchreuth zu wandern; und für den Wandertag suchte der Lehrer die passende Route natürlich im Leidinger.

Lust auf Wandern

Fast genau 50 Jahre ist es her, dass das praktische Büchlein erstmals im Verlag Nürnberger Presse erschienen ist. In acht Auflagen hat es Generationen von Wanderern bis zum heutigen Tag begleitet.

Für die nunmehr vorliegende neunte Auflage hat Helmut Bayer 54 Rundwanderungen durch den Reichswald, den Rangau und die Frankenalb aufbereitet und aktualisiert.

Wo Leidinger, eine der prägenden Persönlichkeiten des Fränkischen Albvereins, einst Wiese und Wald beschrieben hatte, sind heute mancherorts Siedlungen oder Straßen. Den aktualisierten Beschreibungen der Routen wurde allerlei nützliches Wissen hinzugefügt.

Schicksal eines Adeligen

Zum Beispiel auf dem acht Kilometer langen Rundkurs von Haimendorf über Rockenbrunn und Renzenhof zum Moritzberg. Da erfahren die Leser von den Adeligen im Haimendorfer Schloss und dem tragischen Ende des Karl von Fürer 1567; ein Gedenkstein zwischen Schwaig und Diepersdorf, am Tatort, erinnert an diesen nie aufgeklärten Mord.

Auf dem Moritzberg wird die Geologie mit Braunjura und Weißjura, den riesigen Lehmvorkommen und dem einstigen Schürfen von Erzen erklärt. Dazu ist die Geschichte der Mauritiuskapelle und des genau hundert Jahre alten Aussichtsturms erläutert.

Die neue Auflage mit 288 Seiten zwischen dem robusten Kunststoff-Einband zeichnet sich obendrein durch ein Ortsregister und wichtige Erläuterungen aus.

Was unterscheidet den Burgsandstein vom Blasensandstein? Wie sind Dolinen, die geheimnisvollen Vertiefungen in der Landschaft, entstanden? Aufschlussreich ist auch der Abschnitt über das Zeidelwesen: Die Bienenzucht hat weite Landstriche um Nürnberg über Jahrhunderte geprägt. Ergänzt werden die Informationen durch die Einkehrmöglichkeiten bei den jeweiligen Ausflügen.

Vom Reiz der Jahreszeiten

Erich Guttenberger, Fotograf und leidenschaftlicher Wanderer, hat zu dem neuen Leidinger zahlreiche Bilder beigesteuert. Es handelt sich um stimmungsvolle Landschaftsfotografie, inspiriert vom Reiz der Jahreszeiten. Wer sich für Fotografie interessiert, findet in Guttenbergers Bildern wichtige Anregungen, welche Blickwinkel und welche Farbkompositionen gelungene Bilder auszeichnen. Obendrein macht die Bebilderung neugierig auf die jeweiligen Rundwege.

Zu jeder Wandertour gibt es farbige Karten, die eine rasche Orientierung ermöglichen. Denn das Erbe Leidingers, die Markierungen, sind auf den Karten eingezeichnet.

Ob Rotpunkt, Gelbkreuz oder Blaustrich — tatsächlich ist es Anton Leidinger (1898– 1972) zu verdanken, dass sich Wanderer in den klassischen Ausflugsgebieten schon in den 1920er Jahren einfach orientieren konnten. Mit Pinsel und Farbeimer gingen einst die Wegemeister ins Grüne.

Leidinger, gelernter Schriftsetzer und Fachlehrer, war nicht nur ein Naturbursche, sondern auch ein begnadeter Tüftler. Er entwickelte die Klebemarkierung, die noch heute Standard ist. Weite Teile des 7000 Kilometer langen Wegenetzes des Fränkischen Albvereins gehen auf Leidinger zurück.

Als Ende 1961 die erste Auflage von „Fahren und Wandern“ erschien, hatte Leidinger den Wanderfreunden bereits mehr als zehn Jahre lang Ausflugsrouten in den Nürnberger Nachrichten präsentiert. Die Städte lagen teils noch in den Trümmern, als er wieder dazu aufrief, in der Natur Kraft zu tanken.

Klassische Ausflugsziele

Es waren die klassischen Ausflugsziele wie rund um Hersbruck und um Cadolzburg — auffälligerweise an den Bahnlinien gelegen. Lange vor der Öko-Bewegung warb der fränkische Wanderpapst für Busse und Bahnen.

Mit „Fahren und Wandern“ richtete sich Leidinger dann aber zu Beginn der 1960er Jahre an die damals rasch wachsende Gruppe der Autofahrer: „Um Ruhe, Erholung und Erbauung zu finden, sind keine weiten Fahrten nötig. Unsere engere Heimat ist reich an landschaftlichen Schönheiten, an kultur- und kunstgeschichtlichen Besonderheiten wie wenig andere Landstriche.“

Eineinhalb bis maximal vier Stunden lang sind die Rundwege — für den Langstreckler Leidinger waren das nur „kurze Wanderungen“, wie der Untertitel des Buches verrät.

„Fahren und Wandern 1“, 288 Seiten, 14,50 Euro, ist im Verlag Nürnberger Presse erschienen und im Buchhandel erhältlich.

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