Middelhoff soll für mehr als drei Jahre ins Gefängnis

30.10.2014, 18:29 Uhr
Drei Jahre und drei Monate Haft fordert die Anklage für Thomas Middelhoff.

© Matthias Balk/Archiv (dpa) Drei Jahre und drei Monate Haft fordert die Anklage für Thomas Middelhoff.

Haft-Forderung gegen Thomas Middelhoff: Wegen schwerer Untreue will die Staatsanwaltschaft den Ex-Chef des Handelskonzerns Arcandor im Gefängnis sehen. In einem vierstündigen Plädoyer verlangten die Ankläger am Donnerstag vor dem Essener Landgericht eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten für den 61-Jährigen. In der kommenden Woche will Middelhoffs Verteidiger dagegen einen Freispruch fordern. Mit einem Urteil in dem Untreue-Prozess wird Mitte November gerechnet.

In 44 Fällen habe Middelhoff – einst einer der einflussreichsten Manager in Deutschland – dem Vermögen des inzwischen pleitegegangenen Konzerns Arcandor geschadet, erklärte die Staatsanwaltschaft. So habe er den früheren Karstadt-Quelle-Konzern „nach Gutdünken“ mit Kosten seiner zahlreichen externen Nebentätigkeiten belastet, sagte Staatsanwalt Helmut Fuhrmann in seinem Plädoyer. Middelhoff hatte die Vorwürfe bereits zuvor entschieden zurückgewiesen.

Zahlreiche Flüge mit Chartermaschinen, die von Arcandor bezahlt wurden, waren nach Auffassung der Ankläger ganz oder teilweise privater Natur. Wenn sich Middelhoff auf Termindruck und Zeitnot berufe, sei dies in vielen Fällen nicht Arcandor anzulasten, sondern seinen zahlreichen externen Mandaten oder seinen privaten Interessen, argumentierte die Staatsanwaltschaft.

Auch eine Festschrift und ein Symposium im österreichischen Kitzbühel für Ex-Bertelsmann-Chef Mark Wössner – einen früheren Mentoren – mit Kosten von mehr als 180.000 Euro hätten keinen Nutzen für das notleidende Unternehmen Arcandor gehabt. „Abgestrahlt auf Arcandor hat da gar nichts – und das war auch nicht die Absicht“, sagte Staatsanwältin Daniela Friese.

"Klassentreffen ehemaliger Bertelsmänner"

Es habe sich vielmehr „um ein Klassentreffen ehemaliger Bertelsmänner gehandelt“. Der Angeklagte habe damit persönliche Interessen verfolgt: „Es ging um ein Loblied für Mark Wössner und die Wössner-Boys, zu denen auch der Angeklagte zählt.“ Drei Wochen zuvor hätten die Karstadt-Verkäuferinnen auf 15 Prozent Gehalt verzichten müssen, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Mit einem einzigen New-York-Flug habe Middelhoff rechnerisch den Sanierungsbeitrag eines Jahres von 25 Karstadt-Verkäuferinnen „verpulvert“, sagte Friese.

Einmal habe er einen Charterflieger nur deswegen leer von Köln nach Boston (USA) fliegen lassen, um ein paar Stunden früher ins Wochenende starten zu können. Auch Flüge in sein Feriendomizil in Saint-Tropez in Südfrankreich habe er dienstlich abrechnen lassen - genauso wie Helikopterflüge von seinem Wohnort Bielefeld zum Konzernsitz nach Essen. Middelhoff habe seine Einlassungen mehrfach geändert, seine Angaben seien teils unschlüssig oder als reine Schutzbehauptungen zu werten, so Staatsanwalt Fuhrmann. So hätten dem Manager jederzeit ein Dienstwagen mit Fahrer und eine Dienstwohnung in Düsseldorf zur Verfügung gestanden. „Wohnt man zu weit weg, oder sind die Verkehrswege schlecht, dann muss man umziehen“, sagte der Staatsanwalt. Von seinem Finanzvorstand habe Middelhoff dies schließlich auch erwartet.

Middelhoff hatte die Vorwürfe stets abgewiesen und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn als „uferlos und unverhältnismäßig“ kritisiert. Ihm sei großer Schaden zugefügt worden. Sein Verteidiger kündigte an, in der kommenden Woche auf Freispruch zu plädieren. Die Forderung der Staatsanwaltschaft sei für ihn nicht überraschend. Er selbst verließ nach den Plädoyers eilig den Saal. In der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft dem Manager insgesamt 49 Fälle von Untreue mit einem Gesamtschaden von 1,1 Millionen Euro vorgeworfen. Am Donnerstag bezifferte sie die Vorwürfe auf einen Gesamtschaden von 808.000 Euro in 44 Fällen.

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