Nachtverkauf an Bayerns Tankstellen soll einfacher werden

20.9.2012, 12:45 Uhr
Nachtverkauf an Bayerns Tankstellen soll einfacher werden

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Die einen ärgern sich, die anderen spotten: Seit Juni gilt in Bayern eine Regelung, die es Tankstellenbetreibern verbietet, nach 20 Uhr Waren an Fußgänger und Radfahrer zu verkaufen. Bier oder Schnaps beispielsweise gibt es dann nur noch für Autofahrer. Die CSU verteidigte dies bisher als wichtig für den Jugendschutz, Kritiker nennen das Verkaufsverbot paradox und absurd. Nun will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Streit entschärfen.

Seehofer sagte am Rande der Klausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz, zwar sei die Staatsregierung „rechtstreu“. Beim Vollzug des Gesetzes solle aber „vernünftig“ vorgegangen werden. Deshalb sei er für einen unbürokratischen Weg. Bislang hatten sich CSU-Politiker gegen die Forderung des Koalitionspartners FDP nach einer Lockerung der Regeln für Bayern gesträubt. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker lobte in einer Pressemitteilung: „Es ist gut, dass Ministerpräsident Seehofer nun einen Kurswechsel seiner CSU beim absurden abendlichen Verkaufsverbot an Tankstellen ankündigt.“ Es habe „sich gelohnt, dass die FDP den Druck auf ihren Koalitionspartner aufrechterhalten hat“. Mit der „Gängelei der Bürger“ müsse „endlich Schluss sein“.

Der Bundesverband der freien Tankstellen (bft) weist auf weitreichende Folgen des Verkaufsverbots hin. Das Verbot beeinträchtige nicht nur die gesamten Branche, sondern schade ebenso der Struktur in den ländlichen Gebieten, meint bft-Geschäftsführer Stephan Zieger. Dort habe die örtliche Tankstelle oft die Funktion der alten Tante-Emma-Läden. Die derzeitige Regelung sei «gröbster Unfug». Zu den Kritikern des Verkaufsverbots gehören neben FDP und Freien Wählern auch der Handelsverband Bayern - Der Einzelhandel (HBE) - sie alle fordern eine Reform des Ladenschlussgesetzes.

Ein eigener Lösungsvorschlag kam von der SPD. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Helga Schmitt-Bussinger, spricht sich für ein generelles Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen ab einer bestimmten Uhrzeit aus. So gäbe es zumindest eine Gleichbehandlung von Autofahrern und Fußgängern.

Und die Tankstellenbetreiber? Dietmar Possart ist einer von ihnen, ihm gehören 28 freie Tankstellen im südlichen Bayern - die Einbußen spürt er deutlich. Innerhalb von zwei bis drei Stunden nehmen seine Tankstellen jeweils bis zu 600 Euro weniger ein, sagt er. Vor allem in ländlichen Gebieten seien die Anwohner aufgeschmissen: «Da ist es besonders hart», betont Possart. «Da gibt es nichts anderes». Viele Pächter überlegten, ob sie nicht gleich früher schließen sollten. Das schade am Ende dann auch den Autofahrern.

Positive Reaktionen zum Verkaufsverbot gibt es dagegen bei Kommunen. In Regensburg habe man gute Erfahrungen mit dem Verbot gemacht, so eine Stadtsprecherin. «Es sei ein wichtiger Punkt, den Nachschub an Alkohol am späten Abend zu unterbinden.» Ob das Alkoholverbot an Tankstellen am Abend einen Rückgang von Straftaten unter Alkoholeinfluss zur Folge habe, wollte das Polizeipräsidium Oberpfalz nicht beurteilen. Dazu müsste die Situation erst über mehrere Jahre beobachtet und analysiert werden, sagte ein Sprecher. Auch die Polizei in München konnte diesbezüglich noch keine Angaben machen.

Ein weiteres Problem ist die Überwachung der Einhaltung des Verbots. In Bayreuth etwa werde diese «im üblichen Maße» durch die Polizei abgedeckt, sagte Sprecherin Angela Esterer. Nach Einschätzung von Tankstellen-Besitzer Possart ist die Intensität der bisherigen Kontrollen regional sehr unterschiedlich: In Zentren wie Augsburg, Nürnberg oder München werde sehr auf die Regelung geachtet, in schwächer besiedelten Gebieten werde oft nur nach Anzeige ermittelt.

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