Neue Züge, neue Probleme: Ärger um Nürnbergs S-Bahn

2.1.2021, 14:50 Uhr

Bis zum Fahrplanwechsel waren noch die alten Züge auf der Linie S2 unterwegs – nicht mehr die neuesten, aber auch mit einem Rollstuhl oder Rollator begehbar. Seit Mitte Dezember aber gleitet die neue Generation des Typs ET 442 zwischen Roth, Nürnberg und Altdorf hin und her.

Will ein Rollstuhlfahrer die S-Bahn nach Nürnberg nutzen, muss er sich am Anfang oder Ende des Bahnsteigs einfinden. Hat ihn der Zugführer bemerkt, steigt dieser aus, legt eine Rampe an die Bahnsteigkante und ermöglicht ihm den Zustieg. Ein Provisorium, an das sich Menschen mit körperlichen Einschränkungen gewöhnen müssen. Denn die Rampen braucht es so lange, bis alle Bahnsteige entlang der Strecke umgebaut sind.

76 Zentimeter ist der bundesweite Standard

Im Verbreitungsgebiet des Boten sind dies die Haltestellen in Altdorf, Ludersheim, Winkelhaid, Moosbach, Feucht und Fischbach. Sie alle verfügen derzeit über eine Bahnsteighöhe von 96 Zentimetern. Anders als etwa die Haltestellen entlang der S3, die über Ochenbruck und Burgthann Richtung Neumarkt führt. Die Bahnsteige dort entsprechen bereits alle dem Bahnsteighöhenkonzept, auf das sich Bahn und Bundesländer schon vor Jahren verständigt haben.


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Es hat zum Ziel, die Bahnsteige in ganz Deutschland auf eine Standardhöhe von 76 Zentimeter zu bringen und so barrierefreies Reisen durchgehend zu ermöglichen. Im Nürnberger S-Bahn-Netz erfüllen aktuell drei Viertel der knapp 130 Haltestellen die bundesweite Norm. Sind die Bauarbeiten im Großraum Nürnberg abgeschlossen, kann die Bahn ihre Fahrzeuge flexibel im gesamten S-Bahn-Netz einsetzen.

Die neuen Züge auf der S2 sieht der zuständige Sprecher der Deutschen Bahn daher als Impuls, die verbleibenden Bahnsteige anzupassen. Dabei gibt es drei Möglichkeiten, um auf die Höhendifferenz von 76 Zentimetern zu gelangen: die Gleise anheben, den Bahnsteig absenken und eine Kombination aus beidem. Diese Frage gilt es für jeden S-Bahn-Halt individuell zu prüfen und zu bewerten.

"Erschwernis für viele Jahre"

"Wir führen gerade die Vorplanung zu Ende", sagt der Bahnsprecher aus München. Auch stehe bereits die Finanzierung durch den Freistaat. Nun gebe es zwar noch ein paar Haken und Ösen, aber in ein bis zwei Jahren sollten die Arbeiten an den Stationen abgeschlossen sein. Ganz so optimistisch sieht Ulrich Reuter, der Behindertenbeauftragte der Stadt Altdorf, das Bauvorhaben nicht. Er spricht von einem "deutlichen Erschwernis für viele Jahre". Ihm gegenüber habe ein Bahnsprecher die Bauzeit nämlich auf drei bis vier Jahre geschätzt. Gar nicht wegdiskutieren kann und will er die Vorteile der neuen Züge.

Die Fahrgäste der S 2 reisen in voll klimatisierten Zügen, videoüberwacht und mit barrierefreien Toiletten. Ferner ist jeder Wagen mit einer Sprechverbindung zum Zugführer ausgestattet. Beispielsweise, um anzukündigen, dass man beim nächsten Halt aussteigen möchte und eine Rampe benötigt. Laut Bahn ist beziehungsweise wird "das Reisen für Menschen mit Behinderung, aber auch für Radfahrer deutlich komfortabler". Nur selbstständig, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, schaffen es Menschen mit Rollstuhl oder Rollator in den kommenden Jahren eben nicht in die modernen Züge.


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Immerhin kleine Verbesserungen an den Bahnsteigen kann Reuter bereits vermelden. In Altdorf hält die S-Bahn nun auf Gleis 1 statt auf Gleis 2, weil der Höhenunterschied zur Bahn dort nur zehn Zentimeter beträgt. Und wer von Nürnberg zurückfährt, steigt ab sofort auf Gleis 3 in die S2. An einem Bahnsteig, der bereits die 76-Zentimeter-Norm erfüllt.

Info: Hier gibt es weitere Informationen zum barrierefreien Ausbau entlang der S2.

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