Baracken-Schicksale

26.5.2010, 00:00 Uhr
Baracken-Schicksale

© Johnston

An der Einmündung der Karl-Speier-Straße in die Wolfsteinstraße, am so genannten »Friedenspark«, gibt es bereits das Friedenskreuz als Mahnmal. Im April 2005, 60 Jahre nach Kriegsende, war es auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Arnold Graf zur Erinnerung an die Zwangsarbeiter und Heimatvertriebenen errichtet worden. Als mahnendes Zeitzeugnis wurde es aus den Balken jener Baracke gezimmert, die in der Nachkriegszeit als Notkirche gedient hatte.

Zwei Texttafeln erläutern die Geschichte des Lagers, das eine Ausdehnung von 27 000 Quadratmetern hatte. Nun, wo nur noch eine einzige der alten Baracken steht, soll mit dem von Hubert Baumann geschaffenen Relief die frühere Ausdehnung verdeutlicht werden.

Ab Februar 1942 war auf dem Gebiet der damaligen Gemeinde Labersricht ein zentrales Durchgangslager errichtet worden, das bereits im Juni in Betrieb ging. Die ursprünglichen 33 Holzbaracken wurden noch 1942 im Osten durch sechs hölzerne Mannschaftsbaracken, 1943 im Süden durch fünf Baracken aus Stein ergänzt.

Zeitweise mussten dort bis zu 6000 Personen unter schlimmsten Bedingungen leben, mehrfach kam es zum Ausbruch epidemischer Krankheiten. So starben von 1942 bis 1945 im Lager Wolfstein 1548 Menschen, darunter 447 Frauen und 287 Kinder. Hier liegen auch die Anfänge der heutigen Kriegsgräberstätte am Föhrenweg.

Im Jahr des Stadtjubiläums, so OB Thomas Thumann bei der Vorstellung des Mahnmals, soll auch die jüngere Geschichte Neumarkts aufgearbeitet werden. So gibt es nicht nur die Ausstellung im Stadtmuseum, auch eine Dokumentation über Neumarkt in der Nazi-Zeit ist in Vorbereitung. Dazu zählt auch die Erinnerung an dieses Lager, das nach der Rückführung der Zwangsarbeiter in den Jahren 1949 und 1950 als Barackenlager für Heimatvertriebene diente.

Kontakte nach Slowenien

Seit Jahren hat Arnold Graf bereits Kontakte zu Emil Svara aus Komen in Slowenien, einem der Überlebenden des Lagers. Im Alter von 16 Monaten war er damals mit seiner Mutter nach Neumarkt gekommen.

Nach einem Partisanenüberfall 1944 waren rund 500 Menschen, meist Frauen und Kinder, aus Komen nach Neumarkt deportiert worden. »Und sie erinnern sich nicht nur an die schrecklichen Dinge, die ihnen widerfahren sind, sondern auch einen Funken Hoffnung auf ein besseres Leben, der ihnen in Neumarkt gegeben wurde«, so Graf.

Vor allem durch den von Pfarrer Ludwig Heigl aufgebauten Helferkreis, der immer wieder Lebensmittel oder Kleidung in das Lager geschmuggelt hatte. Deshalb war Heigl auch 1998 mit der Verdienstmedaille der Republik Slowenien ausgezeichnet worden.

Erstmals seit dieser Zeit werden nun Besucher aus Komen nach Neumarkt kommen, um Kontakte zu knüpfen. Zur Übergabe des Reliefs am 11. Juni, dem ersten Tag des Neumarkter »Jubiläums-Altstadtfestes«, wird nicht nur eine 30-köpfige Jugendblaskapelle aus Slowenien mit ihren Betreuern erwartet, über 15 Erwachsene Komener wollen die Gruppe begleiten. Eingeladen zu dem Festakt um 10 Uhr sind ausdrücklich alle, die eine Beziehung zu dem Barackenlager hatten, insbesondere auch die Heimatvertriebenen.

Siedlung gebaut

Anfang der 1950er Jahre wurde auf dem Gelände mit dem Bau von Wohnungen begonnen. Die Siedlungsgenossenschaft der Caritas ließ 1952 15 Doppelwohnhäuser mit etwa 60 Wohnungen errichten.

Der Einzug in ein neues Schulgebäude am 22. September 1956 und die Weihe der Heilig-Kreuz-Kirche am 16. Oktober 1960 markierten wichtige Schritte in der Entwicklung der heutigen Siedlung Wolfstein. JÜRGEN DENNERLOHR